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Zerstörte Technik, beschädigte Netze, kein Diebstahl. Behörden in einem Nato-Land schlagen Alarm. Das Verteidigungsbündnis sieht sich mit Bedrohungen konfrontiert.
Stockholm – Schweden untersucht eine Reihe mutmaßlicher Sabotageakte an mehr als 30 Telekommunikationsmasten. Angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen in Europa haben diese Vorkommnisse Befürchtungen hinsichtlich der Anfälligkeit von kritischer Infrastruktur in den Nato-Staaten ausgelöst.
Dem schwedischen TV-Sender SVT zufolge, untersucht die örtliche Polizei derzeit rund 30 ungeklärte Sabotageakten gegen Telekommunikationsmasten. Ein Großteil der Fälle wurde demnach über das Osterwochenende entlang der Autobahn E22 an der schwedischen Ostküste registriert. Sie seien Teil einer Zunahme mutmaßlicher Sabotageakte gegen den schwedischen Telekommunikationssektor. „Wir nehmen dies sehr ernst und haben daher beschlossen, Maßnahmen zu ergreifen“, habe der Kriminalkommissar Håkan Wessung erklärt.
Sabotageverdacht in Schweden: Nato-Staat untersucht Angriffe auf Dutzende Mobilfunkmasten
Laut dem Bericht sind stehlen die Angreifer nichts, sondern zerschneiden Kabel und zerstören Sicherungen. „An mehreren Orten wurde technische Ausrüstung beschädigt, und das Besondere daran ist, dass uns Meldungen aus einem geografisch begrenzten Gebiet vorliegen“, so Roger Gustafsson, Sicherheitschef der schwedischen Post- und Telekommunikationsbehörde PTS gegenüber dem Sender. In einigen Fällen sei das Mobilfunknetz nicht nutzbar gewesen, zu größeren Störungen sei es jedoch nicht gekommen. Zeitweise habe PTS einen Krisenstab eingerichtet, um die Situation zu bewältigen. „Dies ist ein außergewöhnlicher Vorfall, der über das Übliche hinausgeht“, zeigte sich Gustafsson überzeugt.
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Die schwedische Polizei gehe davon aus, dass hinter den meisten Angriffen derselbe Täter steckt. „Es gibt Umstände, die darauf hindeuten, dass alles miteinander in Verbindung steht, aber das muss die Untersuchung zeigen“, habe Staatsanwältin Michelle Stein, die die polizeilichen Ermittlungen leitet, zu bedenken gegeben. Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft hätten sich zu möglichen Motiven äußern wollen, so der Bericht.
Ukraine-Krieg verändert Sicherheitslage: Schweden rüstet Nato-Infrastruktur gegen Angriffe auf
Schweden, das im März 2024 der Nato beigetreten ist, gehört zu den Mitgliedstaaten, die sich verstärkt um den Schutz kritischer Infrastrukturen bemühen – insbesondere vor dem Hintergrund der durch den Ukraine-Krieg veränderten Sicherheitslage im Baltikum. Doch auch vorher gab es schon ähnliche Zwischenfälle – beispielsweise im Jahr 2016, als ein 300 Meter hoher Mast absichtlich umgestürzt wurde, wodurch Zehntausende Haushalte von Ausfällen betroffen waren.
Unterdessen haben sich die Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Infrastruktur auch auf Unterseekabel ausgeweitet. Im Februar wurde ein Glasfaserkabel zwischen Finnland und Deutschland in schwedischen Gewässern in der Nähe von Gotland beschädigt. Die schwedischen Behörden leiteten eine Sabotageuntersuchung ein, obwohl der finnische Betreiber keine Dienstunterbrechungen meldete. „Diese Vorfälle müssen im Kontext der bestehenden ernsten Sicherheitslage betrachtet werden“, schrieb der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson damals auf X.
Telekomfirmen warnen Nato und EU: Hybride Bedrohungen erfordern stärkere Infrastruktur-Verteidigung
Die veränderte Bedrohungslage ist auch den europäischen Telekommunikationsunternehmen bewusst. Im April wandten sich mehrere von ihnen in einem offenen Brief an die Nato. Darin fordern sie „in dieser für die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit Europas entscheidenden Zeit“ jegliche „Ihre Bemühungen zur Stärkung der kollektiven Verteidigung und zum Schutz kritischer Infrastrukturen“. Es sei ratsam, dass die Behörden zusammenarbeiten, um der Situation angemessen zu begegnen, so das Schreiben. Und weiter: „Angesichts der Zunahme hybrider Bedrohungen, darunter Vorfälle mit Unterwasserkabeln in der Ost- und Nordsee, betonen wir die Bedeutung verstärkter, koordinierter Maßnahmen zum Schutz der grenzüberschreitenden Netze Europas.“

Schweden sieht sich mit einer Reihe von mutmaßlichen Sabotageakten an Mobilfunkmasten konfrontiert. © IMAGO/Zoonar.com/Dagmar Richardt
In Schweden setzten die Behörden derweil ihre Ermittlungen zu den Vorfällen an den Masten mit Unterstützung von Sicherheitsdiensten und technischen Experten fort, wie das US-Portal Newsweek berichtet. Bisher hätten sie weder Festnahmen bekannt gegeben noch Ergebnisse veröffentlicht, die den Verdacht der Sabotage bestätigen. Eine Intensivierung der nationalen und regionalen Koordinierung zum Schutz kritischer Infrastrukturen sei zu erwarten, so der Bericht. Immerhin hätten die Entwicklungen die Telekommunikations- und Energiesicherheit auf der nationalen Agenda Schwedens weiter nach oben gerückt. (tpn)