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In Weeze startet die Produktion zentraler F-35-Teile. Das Werk zeigt: Deutschland baut seine Position in der Nato aus – und macht Tempo.

Weeze – Der gigantische Betonklotz lässt den Flughafen nebenan noch provinzieller wirken, als er ohnehin schon ist: Direkt neben dem Airport Weeze im Nirgendwo am Niederrhein in NRW steht jetzt eine 30.000 Quadratmeter große Fertigungshalle. Platz genug für vier Fußballfelder. Die Rheinmetall-Tochter Aviation Services baut hier bald die Herzstücke des F-35A zusammen – des aktuell leistungsfähigsten Kampfjets überhaupt.

Verteidigung gegen Putin: Rheinmetall-Tochter baut F-35-Kampfjets in Weeze

In nur knapp anderthalb Jahren hat Rheinmetall die Anlage hochgezogen, im ersten Schritt fertigen Hunderte Mechaniker, Techniker und Ingenieure 400 Rumpfmittelteile im Auftrag des US-Rüstungsriesen Northrop Grumman. Mit der Produktion soll es noch in dieser Woche losgehen. Tief im Westen der Bundesrepublik steht damit eines von weltweit nur zwei Werken, die die Flugzeugteile für den Jet, der bei der Verteidigung der Nato gegen Putins Russland eine zentrale Rolle spielt, bauen können.

Armin Papperger und Hendrik Wüst

Der „liebe Armin“ und der „liebe Hendrik“: Ministerpräsident Wüst (re.) bekommt von Rheinmetall-Chef Papperger eine Uhr überreicht – Sinnbild für die Zeitenwende und das „neue Deutschlandtempo“. © Peter Sieben

Kurz vor Produktionsstart stattet NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dem Werk einen Besuch ab, samt symbolischer Hallenführung mit Rheinmetall-Chef Armin Papperger und Northrop-Vizechef Stephen O‘Bryan. Die Sicherheitsstufe ist hoch, fotografiert werden darf fast nichts. Noch unter weißer Folie verpackt schlummern tonnenschwere Roboterarme und riesige Hochleistungsbohrer, die bald von gelben AGVs – mobilen Hebeplattformen – an Ort und Stelle gebracht werden.

Stärkung der Nato: Hypermoderne Maschinen aus den USA

„This is where the magic happens“, verkündet Mike Schmidt, Geschäftsführer von Rheinmetall Aviation Services, der internationalen Gruppe. Man nickt beeindruckt, stellt interessierte Fragen. Und erfährt, dass fast alle der hypermodernen Maschinen aus den USA über Hamburg per Schwertransport nach Weeze geliefert werden – auch künftig noch, wenn die Produktion schon gestartet ist.

Stephen O‘Bryan, Hendrik Wüst und Armin Papperger.

Transatlantische Zusammenarbeit in Weeze: Stephen O‘Bryan, Corporate Vice President von Northrop-Grumman, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Rheinmetall-Chef Armin Papperger (v.l.). © Peter Sieben

Die Zeiten, in denen die Rüstungsindustrie das etwas ungeliebte Stiefkind der Politik war, sind offenkundig vorbei. Der Umgang zwischen Rheinmetall-Chef Papperger und Ministerpräsident Wüst: betont freundschaftlich. Papperger ist „der liebe Armin“, Wüst „der liebe Hendrik“. Als Schmankerl drehen beide noch eine Runde in einem martialisch anmutenden Militärjeep ums Gelände. Mit den F-35 hat das wenig zu tun, gibt aber gute Bilder. „Leckerwarm, was?“, kommentiert der Landeschef, als er ein paar Minuten später an diesem Hitzewellen-Dienstag wieder aus dem tiefschwarzen Stahlungetüm aussteigt.

Kampfjet F-35A

Der Kampfjet F-35 gilt als modernster und leistungsfähigster Kampfjet der Welt. Er bildet das Rückgrat der Nato-Luftverteidigung.

Das Modell F-35A gehört zu den drei Hauptvarianten und steht für die konventionell startende und landende Variante. Das Modell F-35B hat eine Kurzstart- und Senkrechtlandefähigkeit, die Maschine F-35C hat größere Tragflächen und Fanghaken, sie wird auf Flugzeugträgern eingesetzt.

Das Rumpfmittelteil, das in Weeze produziert werden, ist das Herzstück – mit hohen Produktionsanforderungen. Es muss hohen physikalischen Belastungen standhalten, trägt zahlreiche Hightechkomponenten und moderne Verbundwerkstoffe, die es tarnkappenfähig machen.

F-35-Fertigungshalle

Fertigungshalle in den USA: Ähnlich sieht es in Weeze aus. © NORTHROP GRUMMAN

Damit die Botschaft wirklich jeder versteht, bekommt Wüst als Geschenk noch eine Uhr aus Stahl überreicht: Das Werk in Weeze ist ein Symbol der Zeitenwende. In der Tat ist bemerkenswert, dass Rheinmetall die Halle in einem Land, das lange Genehmigungsverfahren liebt, in so kurzer Zeit bauen konnte. „Es ist möglich in diesen Zeiten, das ist das neue Deutschland-Tempo“, so Papperger.

Hendrik Wüst und Armin Papperger im Militärjeep.

Hendrik Wüst und Armin Papperger im Militärjeep. © Peter Sieben

Man muss konstatieren: Die Bedeutung Deutschlands innerhalb der Nato ist mit dem neuen Werk gewachsen. 14 Nato-Nationen beschaffen den F-35-Kampfjet, weltweit werden nur noch im nahezu baugleichen Werk von Northrop Grumman im kalifornischen Palmdale die wichtigen Rumpfmittelteile gebaut. Weeze hat nun eine der europaweit modernsten Fabriken im militärischen Flugzeugbau. Das hat auch Symbolwert fürs transatlantische Bündnis, das nach diversen Trump-Eskapaden etwas angeschlagen schien. „Es war zuletzt nicht immer einfach“, so Hendrik Wüst. „Aber diese Zusammenarbeit zeigt, dass die Verbindung in die USA immer noch eng ist und funktioniert.“

„Abschreckungspotenzial gegen Putin“: Nato-Kampfjets „gemeinsam bauen“

Ein solches Flugzeug, das elementar sei, um „Abschreckungspotenzial vor allem gegen Aggressoren wie Putin“ bilden zu können, könnte auch eine Industrienation wie Deutschland kaum allein bauen, so Wüst. „Sowas geht nur gemeinsam.“ Das sieht man wohl auch in den USA so: Die Rüstungszusammenarbeit soll keine Eintagsfliege sein, man wolle eine „long term Partnership“, betonte Northrop-Grumman-Vize Stephen O‘Bryan mehrfach.