USA: Der dunkle Traum vom MAGA-Staat | Vermummte Agenten auf Menschenjagd und “Alligator Alcatraz”: In den USA formt sich gerade ein autoritärer MAGA-Staat, den konservative Vordenker schon lange herbeisehnen.

by Lurchi1

12 comments
  1. > # USA: Der dunkle Traum vom MAGA-Staat
    > *Thomas Assheuer*
    >
    > **Vermummte Agenten auf Menschenjagd und “Alligator Alcatraz”: In den USA formt sich gerade ein autoritärer MAGA-Staat, den konservative Vordenker schon lange herbeisehnen.**
    >
    > Für kaum einen Satz haben Linke mehr Prügel bezogen als für diesen: “Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt darauf an, sie zu verändern.” Die Aufforderung stammt von Karl Marx und war für konservative Geister stets ein Ärgernis. Anstatt die fragile Welt zu verändern, solle man sie besser artig bestaunen: das Wunder ihres Funktionierens, den Zauber ihrer Komplexität, die Schönheit ihrer Systeme.
    >
    > Marx ist tot, doch sein Imperativ lebt und hat die Seiten gewechselt. Es sind heute die US-amerikanischen Konservativen, die ihn in die Tat umsetzen und in rasender Geschwindigkeit ihr Land verändern. Noch nie, so bilanziert die Financial Times, hat ein Präsident in so kurzer Zeit gegen so viele Verfassungsnormen verstoßen, so viele Gesetze ignoriert und Rechtsansprüche mit Füßen getreten.
    >
    > Gnadenlos jagt die Einwanderungs- und Zollbehörde ICE undokumentierte Einwanderer, Geflüchtete und Asylbewerber. Familien werden auseinandergerissen, und Schulkinder wissen oft nicht, ob sie ihre Eltern noch antreffen, wenn sie nach Hause kommen. Schätzungsweise zwölf Millionen US-Bewohner leben nun in ständiger Angst; zwar zahlen sie in der Regel Steuern, besitzen aber weder ein Visum noch eine Greencard, geschweige denn die Staatsbürgerschaft. Für die Regierung in Washington, D. C. sind Migranten Teil einer Invasionsarmee; sie “überschwemmen” die USA und “vergiften das Blut unseres Landes”. So ist es nur konsequent, wenn das Heimatschutzministerium zunehmend einem Kriegsministerium ähnelt. In der Optik eines Propagandaflyers aus dem Zweiten Weltkrieg forderte dieses kürzlich dazu auf, den Behörden “ausländische Eindringlinge” zu melden: “Help your country and yourself – Report all foreign invaders. ICE.”
    >
    > In Wirklichkeit ist die Denunziation von Mitbürgern gar nicht erforderlich. Die Fangkommandos von ICE sind wie loitering weapons, wie Waffen, die herumlungern und zuschlagen, sobald ihnen ein Zielobjekt ins Visier gerät. Doch obwohl sie pausenlos Tankstellen, Gärtnereien, Farmen, Restaurantküchen, Discounter oder Krankenhäuser durchkämmen, verfehlt ICE die intern offenbar vorgegebene Quote von 3.000 Migranten am Tag. Trump gefällt das nicht, und so will er mit dem gerade verabschiedeten Haushalts- und Steuergesetz (“One Big Beautiful Bill”) seinen Menschenjägern mit irrwitzigen 150 Milliarden Dollar unter die Arme greifen. Doch schon jetzt werden überall neue Gefängnisse gebaut, zum Beispiel in den Everglades, im Süden Floridas. Hier entsteht das “Alligator Alcatraz”, gelegen im No Man’s Land einer subtropischen Sumpflandschaft mit Würgeschlangen und Krokodilen. Trump ist zufrieden mit den Käfigen, es sei genau der richtige Ort für die “bösartigsten Menschen auf dem Planeten”.
    >
    > ## Der tiefe Hass aufs Liberale
    >
    > “Das ist unser neuer Polizeistaat”, sagt eine Geschäftsfrau auf einem Handyvideo, als sie in Great Barrington, Massachusetts, einer Gruppe Vermummter gegenübersteht, von denen sie nicht weiß, ob es sich um ICE-Agenten oder um eine ordinäre Schlägertruppe handelt. Sie klingt keineswegs überrascht, ganz so, als habe sie die Entwicklung seit Langem kommen sehen. Tatsächlich sind die Massenausweisungen Teil eines groß angelegten, schon vor Jahren entworfenen Plans zur Errichtung eines MAGA-Staates, eines “wahren”, von Migranten gesäuberten und kulturell einheitlichen Amerikas. Unzählige Stiftungen und Intellektuelle haben am Drehbuch für den “Make America Great Again”-Staat mitgeschrieben, und oft genug haben sie ihre Vorschläge mithilfe von Büchern nachgeschärft, die man nur noch im Antiquariat erhält, wenn überhaupt. Die Parole lautet: Das echte Amerika ist nicht verloren, es wird nur von unechten Amerikanern unterdrückt. Doch deren Herrschaft endet jetzt. Die Wiedergeburt der Nation hat begonnen.
    >
    > “Mehr als die Hälfte der US-Bürger”, schrieb der Politikwissenschaftler Glenn Ellmers vor Trumps Wiederwahl, seien gar keine echten Amerikaner, jedenfalls keine Herzensamerikaner. Zu den “Unechten” gehören für ihn nicht nur Einwanderer, die “sich wahrscheinlich nie an unsere Sprache und Kultur anpassen werden”. Auch weiße Familien, die seit den Zeiten der Mayflower im Lande lebten, seien oft nur “formal gesehen Bürger der USA”. Anstatt an amerikanische Traditionen und Ideale zu glauben, hätten sie sich der linken Tyrannei unterworfen, zuletzt einem Joe Biden, der “das Volk in eine Nation von Sklaven verwandeln wollte”. Inzwischen, so meint Ellmers, seien die Kirchen, die Universitäten und sogar die Unternehmen korrupt und verrottet. Da die Vereinigten Staaten aufgehört hätten, ein einheitliches Volk zu sein, bedürfe es einer Revolution. Konservative haben die Welt nur verschieden interpretiert. Nun kommt es darauf an, sie zu verändern.
    >
    > Glenn Ellmers gehört zu jenen rechtsintellektuellen Einpeitschern, die sich um das kalifornische Claremont-Institut geschart und die “Trump-Revolution” vorangetrieben haben. Ihr Hass auf die liberals und die Demokratische Partei ist abgrundtief, und wenn überhaupt, können sie sich nur über eine Beobachtung einig werden: Die USA sind genau so, wie sie Sean Baker in seinem 2021 erschienenen Film Red Rocket in Szene setzt: Sie sind wie ein Donut, in der Mitte klafft eine grandiose Leere, und damit das gigantische Nichts keinem auffällt, wird es am Rand bunt koloriert.
    >
    > ## Römischer Härtegrad
    >
    > Für linke Politiker ist die Diagnose glasklar. Zerbrochen ist Amerikas “Great Society” an einem verwilderten Kapitalismus, an obszöner Ungerechtigkeit ebenso wie am Hyperreichtum in den Händen einiger weniger. Die Propagandisten des MAGA-Staates leugnen die soziale Ungleichheit zwar nicht, aber ihre Erklärung lautet ganz anders: Es war die Sabotage am christlichen Geist Amerikas, die das Land gespalten hat. Eine giftige Mischung aus marxistischer Theorie, Antirassismus, Postkolonialismus, Identitätspolitik, Kapitalismuskritik, kurz: der ganze “woke Totalitarismus” öffnete die Höllenpforte zum kulturellen Relativismus, oder schlimmer noch, zum drohenden Bürgerkrieg. Jeder kämpft gegen jeden, jeder betet nur zu seinem eigenen Gott, die meisten beten zu gar keinen.
    >
    > Früher, in Amerikas Gründerzeit, so behauptet beispielsweise Ryan P. Williams, der Präsident des Claremont-Instituts, war alles besser. Ein breiter kultureller Konsens hielt das Land zusammen, “nur in der Frage der Sklaverei gab es Streit”. Zudem seien sich die founding fathers, vorneweg George Washington, “darin einig gewesen, dass die Verfassung nur für ein christliches Volk geeignet ist”. Doch weil diese tiefe Einsicht angeblich vergessen wurde, endete das historische “Wunder Amerikas”; ein gottloser Geist infizierte die heilige christliche Mehrheitskultur und ließ sie sittlich zerfallen. Mit dem Messer der subjektiven Freiheit zerteilten atheistische Mächte den Körper des Staates, und statt einer verbindlichen kulturellen Wahrheit gab es nur noch wechselnde Narrative. “Wenn Sie nicht glauben, dass Ihre Rechte von einem Schöpfer kommen, sind Sie auf halbem Weg zu unserer modernen Verwirrung.” Zurück blieb aus der Sicht Williams eine dröhnende Kakofonie, die die Menschen in den Wahnsinn treibt – oder in die Hände von Trump. Deshalb benötigten die USA eine neue Mehrheitskultur, einen Konsens über die Ordnung der Dinge. Über Gut und Böse. Mannsein und Frausein. Über die Natur des Menschen und seine Rechte.
    >
    > Trump-Fans wie Williams sind keine libertären Nihilisten wie Elon Musk. Sie kämpfen nicht gegen die Moral an sich, sie kämpfen für die Moral des künftigen MAGA-Staates. Ideal nennt er “die Übernahme der Kontrolle über alle drei Zweige der Regierung”, und zwar für die Dauer von ein oder zwei Generationen. Williams sagt das ganz ungerührt, was einmal mehr beweist, dass man sich von rechten Weltgenesungswörten wie “christlicher Moral” nicht täuschen lassen darf. Hinter solch semantischen Kulissen ragen die dorischen Säulen hervor, auf denen der MAGA-Staat errichtet werden soll, ein Gebilde in antiker Klarheit, hart: gnadenlos und brutal. Das erinnert allerdings nicht an die Bibel, sondern an jene blutige Geschichte, die die Republikanerin Kristi Noem glaubte, preisgeben zu müssen. In ihrem 2024 erschienenen Buch No Going Back schildert die heutige Heimatschutzministerin, wie sie mit zwei Haustieren, einem “untrainierbaren” Jagdhund und einer “bösen Ziege”, kurzen Prozess machte. Sie schleppte sie in eine Kiesgrube und schoss sie tot.
    >
    > Heute weiß man, warum Noem ihre Killer-Story unbedingt veröffentlichen wollte. Es war ein Befähigungsnachweis, sie wollte zeigen, dass sie das römische Wesen des künftigen MAGA-Staates verstanden hat, seinen Härtegrad, seine exekutive Grausamkeit und den Herrschaftsanspruch über Leben und Tod. Dazu muss man wissen, dass Amerikas Konservative seit Langem unter dem Gefühl leiden, ihr Staat sei historisch zweimal gedemütigt und zum Scheinriesen degradiert worden. Zum ersten Mal hätten sich New-Deal-Politiker an der Exekutive vergriffen. Um die Folgen der Großen Depression 1929 zu bekämpfen, hätten sie einen mit ungewählten Experten besetzten Verwaltungsstaat aus dem Boden gestampft und den Präsidenten an die Kette gelegt. Auch die erweiterten Kontrollbefugnisse, die dem Kongress nach Nixons Watergate-Skandal 1974 gewährt wurden, hätten den Präsidenten an der souveränen Ausübung der Staatskunst gehindert. Kein Wunder also, dass die MAGA-Glaubensgemeinschaft an vorderster Front kämpft, wenn es darum geht, die Exekutivgewalt des Präsidenten auszuweiten und dafür zu sorgen, dass Richterinnen und Richter ihm nicht das Handwerk legen.
    >
    > […]

  2. Hört auf dem ganzen einen neuen Namen geben zu wollen. Es ist ein Nazi Staat, sagt es doch einfach. Ein fremdenfeindliches gewaltverherrlichendes autokratisches faschistisches Regime, dass sich ganz offensichtlich und unverhohlen das dritte Reich zum Vorbild nimmt. Gestapo Schergen und die ersten Konzentrationslager, dass ist was wir sehen.

  3. hm, formt sich eigentlich aus MAGA langsam ein politikwissenschaftlicher Begriff zur Einordnung der Form? So wie Stalinismus, Merkelismus(der vermutlich nicht), etc?

  4. Und Unionspolitiker wie Masken Jens haben bei dem Anblick schon einen feuchten Fleck in der Unterhose.

    Die nächsten 10 Jahre werden “lustig”.

  5. Dieser Tage liest sich für mich sehr viel von dem was dort ab geht nach:
    “Einmal 3. Reich mit Pommes zum mitnehmen”

  6. > “Mehr als die Hälfte der US-Bürger”, schrieb der Politikwissenschaftler Glenn Ellmers vor Trumps Wiederwahl, seien gar keine echten Amerikaner, jedenfalls keine Herzensamerikaner.

    Ja, nur so in etwa 1% der Bevölkerung ist Native American. Alles andere sind Nachfahren illegaler Einwanderer, inklusive President Trump.

    So ein Affenverein.

  7. Wenn unsere Politik so weiter macht, ist das lediglich die Vorschau für uns in ein paar Jahren

  8. Man sollte in dem Kontext sich auch daran erinnern, dass die CDU Kontakte zu der Heritage Foundation pflegt, die sie scheinbar nicht kommentieren will.

    Ich will mir nicht direkt den Aluhut aufsetzen und Dinge behaupten, aber fänds schon geil, wenn Demokraten hier wachsam bleiben würden, vor allem wenn man bedenkt, dass die CxU hier aktuell ja nicht minder populistisch agiert (böser Linksruck, böse Grüne) und auch hier die Partei wichtiger als der Eid zu sein scheint, den man geschworen hat (siehe Masken-Spahn).

    Steckt hier vermutlich alles noch in den “Kinderschuhen”.

    Die Zukunft wird wild…und das nicht auf die angenehme Art und Weise.

    2 clicks zu Correctiv.

    1.[Die Heritage Foundation hat mit „Project 2025“ einen Masterplan für den Umbau Amerikas vorgelegt. Nun will sie auch in Europa Einfluss geltend machen. Kürzlich traf sich eine Delegation unter Führung der Stiftung mit CDU-Politikern im Bundestag. Die Deutschen sind offenbar auf der Suche nach Kontakten ins Trump-Lager. ](https://correctiv.org/aktuelles/lobbyismus/2025/03/19/heritage-foundation-trumps-verbuendete-im-bundestag/). 19.03.25

    2.[Führende CDUler fürchten eine schleichende Trumpisierung der CDU. CORRECTIV-Recherchen zeigen die Strategien von millionenschweren Stiftungen, um in Europa Einfluss zu nehmen. Spuren der Geldflüsse führen in die amerikanische Großindustrie, ins MAGA-Lager und zu Ölkonzernen.](https://correctiv.org/aktuelles/trump-und-europa/2025/03/12/geld-macht-kampagnen-der-lange-arm-von-team-trump-2/). 12.03.25

  9. Warum eigentlich Alligator Alcatraz? Das ist doch kein vergleichbares Gefängnis, sondern es wird ganz klassisch als Konzentrationslager genutzt.

    Das ist keine Abenteuer Insel im Disneyland, klingt aber sehr danach.

  10. Da “formt” sich nichts, das ist der Staat. Die haben es geschafft und sind an der Macht, die müssen nichts mehr formen.

Comments are closed.