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Sanktionen beschränken russische Banken im Finanzgeschäft. Doch das führende Institut in Russland hat wohl eine Methode entdeckt.
Moskau – Durch Tricks können Kunden der russischen Sberbank Geld in Millionenhöhe ins Ausland überweisen. Seit dem Ukraine-Krieg hatte der Westen zahlreiche Kreditinstitute aus Russland sanktioniert und den Zahlungsverkehr stark eingeschränkt. Durch den Ausschluss vom SWIFT-Finanzsystem wurden Abwicklungen sowie Geschäfte mit anderen Ländern erschwert. Schlupflöcher gibt es offenbar dennoch.
Größte russische Bank umgeht Sanktionen – Überweisungen ins Ausland für Kunden möglich
Die russische Sberbank ermöglicht offenbar den Kunden, über westliche, nicht sanktionierte Banken, Geld nach Europa zu schicken. Laut Recherchen des Mediums The Bell haben Sberbank-Kunden über Umwege an mindestens zwei europäische Neobanken Beträge (in Rubel) überwiesen, die auf den europäischen Konten in Euro umgewandelt wurden. Das Medium fand heraus, dass die Überweisungen offenbar an die britische Bank Revolut und die deutsche N26-Bank gingen.

Sanktionen erschweren russischen Banken das Finanzgeschäft. Doch das größte Finanzinstitut in Russland hat offenbar einen Weg gefunden. © Alexander Kazakov/dpaJens Büttner/dpa (montage)
Gegenüber The Bell bestätigte ein Mitarbeiter der Sberbank, dass Überweisungen pro Kartennummer von bis zu 500.000 Rubel täglich und bis zu drei Millionen Rubel pro Monat möglich sind. Bei den Transaktionen ist es wohl schwierig, nachzuverfolgen, wer die Überweisung tätigte.
Putins Banken suchen sich Schlupflöcher bei Sanktionen – Überweisungen über Drittländer
Nach eigenen Angaben können Sberbank-Kunden an folgende Länder Geld via App überweisen:
AbchasienAserbaidschanArmenienBelarusKasachstanChinaKirgisistanVereinigte Arabische EmirateSerbienTadschikistanThailandTürkei
Allerdings ist kein einziges EU-Land aufgelistet. Wie also sind die Überweisungen nach Deutschland möglich? Indem die russische Sberbank aus dem SWIFT-System ausgeschlossen wurde, wurde sie auch vom globalen Finanzsystem abgeschnitten. Über das SWIFT-System können sich Banken weltweit vernetzen und Informationen zu Finanztransaktionen austauschen. Banken, die nicht mehr Teil des SWIFT-Netzwerks sind (SWIFT steht für Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications), können nur noch eingeschränkt Abwicklungen durchführen. Auch die Nutzung alternativer Zahlungsarten durch Zahlungsdienstleister sowie die Kreditkartenabwicklung funktioniert außerhalb Russlands nicht mehr.
Laut der IHK sind russische und deutsche Unternehmen auf andere Banken ausgewichen, unter anderem zu Banken in China, Kasachstan und der Türkei. Allerdings gelten die EU-Sanktionen auch für Zahlungen in ein nicht sanktioniertes Drittland. Aus Sorge vor Folgen dieser Sanktionen hatten chinesische Banken den Zahlungsverkehr mit russischen Banken gestoppt.
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Sberbank-Kunden gehen laut The Bell-Recherchen folgender Methode nach: Die Bank überweise Geld in Rubel an einen Vermittler im Ausland. Dort kann diese Rubelüberweisung in Kryptowährung umgewandelt werden. Die Krypto-Zahlung wird an einer der Partneranbieter vor Ort gesendet. Anschließend überweist der Partneranbieter den Betrag an den Endempfänger, angegeben als persönliche Überweisung oder als Bezahlung für bestimmte Dienstleistungen.
Revolut erklärte gegenüber The Bell, dass es sich an die Sanktionsgesetze und -vorschriften der UN, der EU, Großbritanniens, der USA halte. Die beschriebene Methode stelle einen klaren Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen dar, so das Unternehmen: „Solche Transaktionen sind von Zahlungsabwicklern verboten, und Fragen zu ihrer Weiterleitung sollten direkt an die jeweiligen Zahlungsabwickler gerichtet werden.“
Die N26-Bank nahm gegenüber unserer Redaktion Stellung. „Bei N26 nehmen wir unsere Verantwortung als reguliertes europäisches Finanzinstitut sehr ernst. Wir verfügen über solide Prozesse und Verfahren zur Einhaltung von Sanktionsvorschriften, um sicherzustellen, dass wir im Einklang mit internationalen Sanktionen handeln“, heißt es auf IPPEN.MEDIA-Anfrage. „Bei N26 überwachen wir kontinuierlich mögliche Muster, die zur Umgehung bestehender Sanktionskontrollen missbraucht werden könnten. In diesem Zusammenhang arbeiten wir eng mit unseren Karten- und weiteren Partnern zusammen, die ebenfalls strenge Standards im Einklang mit den geltenden Vorschriften anwenden.“
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Die Bank nehme Hinweise auf etwaige verdächtige Aktivitäten sehr ernst und gehen ihnen sorgfältig nach. „Sollten wir im Rahmen routinemäßiger oder gezielter Überprüfungen Aktivitäten feststellen, die gegen internationale Sanktionen verstoßen, ergreifen wir geeignete Maßnahmen, um sie zu unterbinden. Dies kann beinhalten, dass wir Transaktionen einfrieren, betroffene Konten sperren oder schließen sowie die zuständigen Behörden informieren.“
Die Bank bestätigt, dass sanktionierte Akteure kontinuierlich versuchen, bestehende Kontrollen zu umgehen – häufig durch den Einsatz komplexer Transaktionsstrukturen. Diese würden oftmals verschachtelte Netzwerke von Intermediären beinhalten, die gezielt darauf ausgelegt sind, die wahre Herkunft von Geldern zu verschleiern. Für alle Finanzinstitute ergebe sich ein erhebliches Risiko, trotz strenger Compliance-Maßnahmen ins Visier solcher Aktivitäten zu geraten. (bohy)