Die EU-Vorgaben zum Aufbau eines europaweiten Wasserstoff-Tankstellennetzes für den Schwerlastverkehr stoßen auf deutliche Kritik von Wissenschaftlern der britischen Chalmers-Universität. Laut einer aktuellen Studie halten die Forscher die Planungen in mehreren Punkten für unzureichend. Besonders kritisiert wird die geografische Verteilung der geplanten Infrastruktur. Während in Deutschland und Frankreich viel zu wenige H2-Tankstellen vorgesehen seien, sei das Netz in Teilen Südosteuropas überdimensioniert.

„Viele Modelle verwenden einen durchschnittlichen Energiebedarf pro Kilometer für Lkw. Das Bedarfsprofil ändert sich jedoch erheblich, wenn Parameter wie Steigung und Geschwindigkeit berücksichtigt werden“, erklärt Studienleiter Joel Löfving vom Institut für Mechanik und Maritime Wissenschaften der Chalmers-Universität. Die Folge seien Fehlplanungen mit möglichen hohen finanziellen Verlusten.

Die Studienautoren kritisieren, dass das AFIR-Planungsgerüst (Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe) vor allem auf pauschalen Entfernungsangaben basiert. Die Regelung sieht vor, dass ab 2030 Wasserstofftankstellen entlang des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) in maximal 200 Kilometern Abstand zueinander verfügbar sein müssen. Das Verkehrsaufkommen und der tatsächliche Bedarf würden dabei jedoch kaum berücksichtigt.

Ein Beispiel ist Frankreich: Nach Berechnungen der Forschenden müsste die dortige H2-Tankstellenkapazität bis 2050 siebenmal größer sein als von der EU bis 2030 vorgeschrieben. In Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Griechenland hingegen werde deutlich weniger Transportaufkommen erwartet, als die aktuelle Planung unterstellt. Ohne Anpassungen drohten „mehrere zehn Millionen Euro pro Jahr an Investitions- und Betriebskosten für ungenutzte Kapazitäten“.

Die EU verfolgt ambitionierte Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen im Schwerlastverkehr. Bis 2030 sollen die Emissionen neuer Lkw im Vergleich zu 2019 um durchschnittlich 45 Prozent sinken, bis 2040 um 90 Prozent. Neben batterieelektrischen Fahrzeugen sollen dabei auch mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Lkw eine zentrale Rolle spielen, insbesondere auf langen Strecken ab 360 Kilometern.

Die Studie mahnt zur realistischen Einschätzung des Potenzials von Wasserstoff. Die Hoffnung auf einen breiten Einsatz von Brennstoffzellen-Lkw ist aus Sicht der Wissenschaftler überzogen. „Ein Großteil der aktuellen Forschung zeigt, dass Batterien für kürzere Strecken ausreichen werden, während Alternativen wie Wasserstoff als Ergänzung für längere Strecken erforderlich sein könnten“, so Studienleiter Löfving.