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In vielen Restaurants gehört das ständige Starren auf das Smartphone zum Alltag. Ein Wirt war davon so genervt, dass er jetzt den Stecker zog.

München – In einer Welt, in der Smartphones allgegenwärtig sind, scheint es für viele fast unmöglich, sich am Tisch ohne digitale Ablenkung zu unterhalten. Viele Gäste starren auf ihre Bildschirme, Kleinkinder versuchen schon wischend das Handy der Eltern zu bedienen, andere fragen noch bevor sie etwas bestellen nach dem WLAN-Zugang. Ein Zustand, den ein Österreich-Wirt nun nicht länger tolerieren will: In seinem Restaurant, dem Johanneskeller im Priesterhaus in Salzburg, gibt es ab sofort keine Internetverbindung mehr.

Im Traditions-Restaurant Johanneskeller in Salzburg gibt es ab sofort kein WLAN mehr.

Salzburger Wirt Peter Lammer zieht den Stecker: Schluss mit digitaler Ablenkung am Esstisch © Screenshot/ Facebook @ Johanneskeller PriesterhausWirt in Österreich zieht den Stecker: Schluss mit Handy und WLAN

Die Gastronomie hat sich in den letzten Jahren stark digitalisiert: WLAN-Zugang, Gratis-Streaming auf großen Bildschirmen und digitale Bestellsysteme gehören inzwischen zum Standard. Doch viele Gäste verbringen mehr Zeit mit ihren Geräten als mit Gesprächen.

Für Altstadtwirt Peter Lammer ist dieses Verhalten nicht länger akzeptabel. In Absprache mit seiner Geschäftspartnerin habe er das WLAN in seinem Traditionsrestaurant abgeschaltet – „nicht aus Geiz, sondern aus Überzeugung“, wie er der Tageszeitung Salzburger Nachrichten erklärte. Auf Facebook machte er seinem Ärger Luft: „Schnauze voll von der digitalen Welt.“

Doch das war noch nicht alles. Im Lokal hängt nun ein Schild mit klarer Botschaft, wie auf Facebook zu sehen ist: „We do not have Wi-Fi. Talk to each other“ (“Wir haben kein Wifi. Sprecht miteinander“). Die Reaktionen auf diese Entscheidung fallen unterschiedlich aus. „Bravo“ kommentiert ein User den Facebook-Beitrag. „Sehr gute Idee das WLAN abzudrehen“, lobt ein anderer die Initiative. „Schnauze voll von Ewiggestrigen“, schimpft hingegen ein weiterer Nutzer. Eine Restaurant-Masche in Österreich lässt indes Gäste toben.

Fünf Gerichte, die Sie Küchenchefs zufolge nie im Restaurant bestellen sollten

Meeresfrüchte Garnelen Spießchen Teller.

Fotostrecke ansehenKein WLAN: Wirt macht Restaurant zum Schutzort vor „digitalen Dauerberieselung“

Das Traditions-Restaurant existiere bereits seit über 400 Jahren in einem Schutzraum. Dieser diente einst als Zufluchtsort für die Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg. Auch heute sei der Johanneskeller ein Schutzort – „vor der digitalen Dauerberieselung da draußen“, so Lammer.

Was ihn besonders nervt: ständige Fragen nach dem WLAN-Passwort und Beschwerden über die „mangelhafte Verbindungsqualität“. Manche Gäste, so der Wirt, interessierten sich kaum noch für die Speisekarte, sondern nur für „WLAN-Kennwörter und andere digitale Vernetzungen zur Außenwelt und Netzwerke“. Auf TripAdvisor kassierte das Lokal sogar eine 1-Stern-Bewertung, weil nur Barzahlung möglich ist. Nach etlichen geplatzten Reservierungen führt ein Österreich-Gastwirt indes eine Strafgebühr ein. Für eine Strafe hat sich kürzlich auch eine Gastronomin aus Landshut entschieden.

Zurück zum Tischgespräch: Restaurants verbannen digitale Ablenkung am Esstisch

Die moderne Welt ist digital und so auch der Alltag vieler Menschen. Fast jeder hat sein Smartphone immer griffbereit, ob zu Hause, im Büro oder eben im Restaurant. Während früher ein gemeinsames Gespräch beim Essen die Hauptaktivität war, wird heute oft mehr Zeit mit Nachrichten schreiben, Social Media scrollen oder Online-Shopping verbracht.

Aus Sicht von Knigge-Expertin Linda Kaiser taugt das Handy für den Alltag allein – sei aber kein Gesprächspartner. Gegenüber dem WDR erklärte die Expertin: „Ein respektvoller Umgang miteinander setzt voraus, dass wir uns dem realen Gegenüber zuwenden und uns nicht von virtuellen Dritten ablenken lassen.“

In Frankreich hat ein Restaurant in Elsass ein Handyverbot eingeführt, um die Kommunikation unter den Gästen zu fördern. Laut Ouest-france.fr habe sich die Atmosphäre dadurch erheblich verbessert, mit mehr Gesprächen. Wie The Guardian wiederum berichtet, bietet ein Restaurant in Verona seinen Gästen sogar eine kostenlose Flasche Wein an, wenn sie ihre Handys während des Essens abgeben. Diese Initiative wurde gut angenommen – mit 90 Prozent der Gäste, die daran teilnahmen. Die Maßnahme führte zu mehr sozialer Interaktion unter den Gästen, heißt es. Das Einschlafen mit TV oder Handy birgt gesundheitliche Konsequenzen, warnt eine Studie. (vw)