Peter Harzheim ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister. Die hohen Zahlen alarmieren den Mann, der selbst Jahrzehnte lang als Schwimmmeister am Beckenrand stand. „Mir treibt es die Sorgenfalten auf die Stirn, wenn jetzt viele an die Seen gehen, die nicht gut genug schwimmen können. Vor allem an Badeseen und Flüssen ist die Gefahr größer, dass etwas passiert, wenn man kein guter Schwimmer ist“, sagt er.
Appell an Mütter und Väter beim Schwimmenlernen
Harzheim beklagt, dass es um die Schwimmfähigkeiten junger Menschen schlecht steht. „In der vierten Klasse kann heutzutage circa die Hälfte der Kinder nicht sicher oder gar nicht schwimmen. Das ist unzureichend.“ Nachholbedarf sei „auf jeden Fall da“, sagt Harzheim. Ein Grund aus seiner Sicht: die Corona- und Energiekrise. In dieser Zeit „hatten wir etwa drei Jahrgänge, die kaum in die Bäder gekommen sind. Die Kinder waren die Leidtragenden davon und hinken jetzt hinterher“.
Deutschlands oberster Schwimmmeister fordert, dass das „dringend aufgeholt werden“ müsse – und nimmt auch Mütter und Väter in die Pflicht. „Wichtig ist, dass Eltern mit ihren Kindern in die Bäder gehen und ihnen dort unter Aufsicht richtig schwimmen beibringen“, so Harzheim. Denn: „Die Kommunen schaffen es allein nicht mehr, die Zahl an Schwimmkursen anzubieten, die es jetzt bräuchte.“
Regierung will Schwimmfähigkeit der Bürger verbessern
Die Regierung in Berlin scheint erkannt zu haben, dass Handlungsbedarf besteht. „Wir wollen die Schwimmfähigkeit der Menschen in unserem Land verbessern“, heißt es im Koalitionsvertrag. Zur Modernisierung und Sanierung von Sportstätten sollen deshalb „mindestens eine Milliarde Euro zur Verfügung“ gestellt werden. Diese Summe ist aber nicht nur für Schwimmstätten, sondern auch für Sporthallen vorgesehen.
Aus Sicht der Linkspartei ist das jedoch viel zu wenig. „Gebraucht würden mindestens eine Milliarde Euro jährlich allein für die Schwimmbäder bis Mitte der 2030er-Jahre, um den Sanierungsstau zu beseitigen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Janine Wissler unserer Redaktion. Die von der Regierung in Aussicht gestellte Summe werde „die Lücken in der Schwimmbildung nicht schließen“. Auch Wissler zeigt sich alarmiert: „Dass immer mehr Kinder gar nicht oder nicht sicher schwimmen können, ist ein riesiges Problem und lebensgefährlich. Kinder ertrinken, weil sie in der Schule nicht ausreichend Schwimmen lernen konnten, weil Schwimmbäder geschlossen und Kursangebote reduziert werden.“
Bundesweit fehlen mindestens 3000 Schwimmmeister
Doch nicht nur das Geld ist knapp, auch Bademeister werden händeringend gesucht. „Bundesweit fehlen mindestens 3000 Schwimmmeister“, sagt Harzheim. Das sind mehr als vor einigen Jahren. „Dass wir zu wenig Fachkräfte haben, hängt auch mit der Energie- und Coronakrise zusammen und den Babyboomern, die jetzt in Rente gehen. Die Folge davon sind schon jetzt verkürzte Öffnungszeiten in den Bädern“, so Harzheim weiter. Es gebe viele offene Stellen, auf die sich niemand bewerbe. „Auch unter negativen Schlagzeilen hat der Ruf des Schwimmmeisters leider gelitten“, bedauert er. „Dabei ist der Beruf des Bademeisters einer der schönsten der Welt und unheimlich vielfältig.“
Angesprochen auf Gewalttaten in Freibädern fordert Harzheim einen harten Kurs. „Die Schwimm- und Freibäder sind Orte der sozialen Kompetenz und das muss wieder mehr in den Vordergrund rücken. Dazu gehört, dass wir in vielen Bereichen viel schärfer durchgreifen müssen – auch bei Krawallen im Freibad“, sagt er. Aus seiner Sicht habe „Gewalt in Freibädern in den letzten Jahrzehnten zugenommen“. Harzheim fordert: „Dagegen muss was getan werden.“