Laurent Mosar ist CSV-Abgeordneter und Finanzschöffe von Luxemburg-Stadt.

Gastbeiträge spiegeln die jeweilige Meinung ihrer Autoren wider, nicht die der Redaktion. Sie sind kein Teil der regulären Berichterstattung und Themenplanung des „Luxemburger Wort“. 

Im Roman „Der Leopard“ des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa kommt der Prinz von Salina vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen des Risorgimento zum Schluss, dass Veränderungen akzeptiert werden müssen, um den Status quo aufrechtzuerhalten.

Das gilt auch für Luxemburg. Wenn wir unseren Wohlstand langfristig absichern wollen, brauchen wir eine starke Wirtschaft und ein gesundes Wachstum. Damit dies trotz der veränderten politischen Großwetterlage auch so bleibt, müssen wir verschiedene Weichen neu stellen und verschiedenen Kurskorrekturen vornehmen. Daran führt kein Weg vorbei.

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Investition in den Frieden

Die wohl augenfälligste Umwälzung betrifft aktuell die Verteidigung. Spätestens nach dem russischen Überfall auf die Ukraine steht fest, dass Europa mehr in seine Verteidigung investieren muss.

Es ist daher nur folgerichtig, dass Luxemburg seinen Verteidigungshaushalt bereits in diesem Jahr auf zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens anheben wird, und nicht wie zunächst geplant erst 2030. Es ist ein wichtiges Signal an die Europäische Union und an die NATO.

Luxemburg ist NATO-Gründungsmitglied, hatte aber insbesondere seit den späten 1960er Jahren seine Armee konsequent auf Sparflamme gefahren. Foto: Montage: LW

Es geht nicht allein um den Frieden in der Ukraine, der Verteidigungsetat ist eine Investition in den Frieden in der gesamten EU. Für den Frieden ist kein Preis zu hoch.

Die neue Lage erfordert ein Umdenken. Wir brauchen eine andere, eine neue Kultur in der Verteidigungspolitik. Nach dem Ende des Kalten Krieges haftete der Militärindustrie ein negatives Image an. Sie war das Schmuddelkind der europäischen Industriepolitik, ja der Wirtschaft insgesamt.

 Für den Frieden ist kein Preis zu hoch.

Wir müssen deshalb zu einer Strategie zurückfinden, die Verteidigungsausgaben als wertvollen Teil unserer industriellen Produktion begreift. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die 1,4 Milliarden Euro pro Jahr, die wir in Zukunft in unsere Verteidigung investieren werden, auch einen ökonomischen Niederschlag haben müssen.

Es geht nicht darum, wahllos in militärische Projekte zu investieren. Wir brauchen ein klares Konzept, das einen positiven Impakt auf unsere heimische Wirtschaft hat. Und damit auf die Arbeitsplätze und auf die Steuereinnahmen.

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Eine digitale „Defence Marketplace“-Plattform

Erste vielversprechende Ideen liegen auf dem Tisch: Die SES verfügt beispielsweise über das Know-how, um in der militärischen Kommunikation und Aufklärung mitzumischen. Auch der Freeport am Flughafen Findel könnte für Verteidigungsaktivitäten genutzt werden, die Infrastruktur ist sicherheitstechnisch absolut geeignet.

Angedacht ist des Weiteren ein Verteidigungs-Hub samt Testinfrastruktur, in dem Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen gemeinsam an Verteidigungs- und Dual-Use-Technologien arbeiten und experimentelle Tests durchführen können.

Wir müssen im Rahmen der neuen Verteidigungspolitik all unsere Trümpfe ausspielen.

Eine digitale „Defence Marketplace“-Plattform, die sämtliche Produkte, Dienstleistungen und Kompetenzen luxemburgischer Verteidigungsunternehmen sichtbar macht und als strategische „Vitrine“ für nationale und internationale Kunden dienen könnte, würde ebenfalls hervorragend in das neue Konzept passen.

Wir müssen im Rahmen der neuen Verteidigungspolitik all unsere Trümpfe ausspielen. Der Finanzplatz mit seiner starken Fonds-Industrie ist ein solcher Trumpf.

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Finanzplatz soll zum Hub für Verteidigung und Cybersicherheit werden

Wir müssen daher die Fonds, die in die Verteidigung, aber auch in die Cyber-Sicherheit investieren, unterstützen, immer unter der Voraussetzung, dass sie über die traditionelle finanzielle Leistung hinaus die Umwelt-, Sozial- und Gouvernance-Kriterien (ESG) erfüllen. Diese Fonds müssen für internationale Investoren interessant werden.

Ganz generell müssen wir die Weichen so stellen, dass sich unser Finanzplatz zu einem Hub für Fonds im Bereich Verteidigung und Cyber-Sicherheit entwickeln kann.

Wenn Luxemburg in Zukunft vorne mitmischen will, müssen wir den neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen sein.

Aufgeschlossen und experimentierfreudig gegenüber neuen Technologien

Wenn Luxemburg in Zukunft vorne mitmischen will, müssen wir den neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen sein, wir müssen ausprobieren und die besten Anwendungsbereiche ausfindig machen. Das gilt in erster Linie für die künstliche Intelligenz. Der verantwortungsbewusste Einsatz von KI wird den Finanzplatz revolutionieren. Auch Investitionen in die Datenspeicherung, -verarbeitung und -verwaltung haben ein riesiges Potenzial.

Start-ups, die sich im Bereich der neuen Technologien engagieren, sollten in den Genuss von steuerlichen Anreizen kommen. Gezielte steuerliche Initiativen könnten zudem privates Kapital für nachhaltige und innovative Unternehmen, aber auch für die erforderlichen Verteidigungsprojekte mobilisieren.

Ausdauer der Regierung hat sich ausgezahlt

Förderung allein reicht aber nicht, es müssen auch Hürden abgebaut werden. Beispielsweise muss die restriktive Haltung der Banken bei der Eröffnung von Konten ein Ende haben. Start-ups, aber auch gemeinnützige Organisationen, werden durch diese Praxis beeinträchtigt und ausgebremst, zum großen Nachteil für unsere Wirtschaft.

Es ist schon viel passiert. Das Engagement und die Ausdauer der Regierung zahlen sich aus. In den beiden vergangenen Jahren ist die Wirtschaft zum ersten Mal seit 2020 wieder gewachsen. Luxemburg ist auf der globalen Fintech-Bühne angekommen. Mit Mistral AI, Coinbase und Blue Origine wollen sich gleich drei große Player bei uns niederlassen.

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Das zweitägige Technologie- und Innovationssymposium Nexus Luxembourg, das sich auf Künstliche Intelligenz, Technologie, FinTech und Business fokussiert, war ein voller Erfolg.

Das hochkarätig besetzte Event trägt ganz generell entscheidend dazu bei, Luxemburg als Schlüsselakteur im europäischen Tech- und Innovationsökosystem zu etablieren. Es ist eine Bühne für Wissenstransfer, Marktdurchdringung und gesellschaftliche Transformation durch Technologie.

Alte Muster überdenken

Wenn wir unseren Wohlstand langfristig absichern wollen, reicht es nicht aus, die Weichen neu zu stellen. Wir müssen alte Verhaltensmuster überdenken und falls nötig neu ausrichten: Die bürokratischen Hürden müssen abgebaut werden, damit der Wirtschaft nicht unnötig Steine in den Weg gelegt werden.

Die Ankündigungen von Premier Luc Frieden in seiner Rede zur Lage der Nation in diesem Bereich sind vielversprechend! Die Firmenleiter und ihre Mitarbeiter gehören in den Betrieb und nicht hinter den Schreibtisch, sonst kann kein Mehrwert geschaffen werden.

Wir müssen alte Verhaltensmuster überdenken, und falls nötig neu ausrichten.

Wir müssen darüber hinaus auch verhindern, dass durch neue Gesetze zusätzliche administrative Hürden aufgebaut werden! Was nicht entsteht, braucht auch nicht abgeschafft zu werden.

Die äußere Sicherheit muss Hand in Hand mit der inneren Sicherheit gehen. Deshalb muss man die Initiativen, die Innenminister Léon Gloden lanciert hat, ausdrücklich begrüßen, etwa die personelle Aufstockung des Polizeikorps, die Einrichtung neuer Kommissariate und die Einführung von Technologien wie Visupol, oder, ganz rezent, die Bereitstellung von Bodycams.

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Der Aspekt der öffentlichen Sicherheit wird immer wichtiger für die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität unseres Landes.

Wenn man das Land für die Zukunft fit machen will, muss man manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen und sie konsequent umsetzen. In der Politik geht es nicht darum, „Everybody’s Darling“ zu sein, sondern Verantwortung für die Zukunft und die Menschen dieses Landes zu übernehmen. Das tut diese Regierung und verdient dafür unsere ganze Unterstützung.