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Im Ringen um eine Lösung im Handelskrieg verschärft die EU Töne gegenüber den USA. Deutschland und Frankreich drängen offenbar zu einer wirtschaftlichen Nuklear-Maßnahme.

Washington D.C. – Um den Druck auf Donald Trump zu erhöhen, wollen EU-Mitgliedstaaten Pläne für Vergeltungsmaßnahmen schmieden. Im Fokus steht ein Instrument, welches bisher noch nie eingesetzt wurde. Die Aktivierung des sogenannten Anti-Coercion Instrument (ACI) könnte den Handelskrieg auf die nächste Eskalationsstufe befördern. Vor allem Deutschland und Frankreich stellen sich offenbar hinter die Pläne.

Merz und Macron verlangen Antwort von Trump: EU könnte „Ökonomische Bazooka“ planen

Der Zeitpunkt drängt mehr, denn je: Am Mittwoch (23. Juli 2025) wollen sich Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Präsident Emmanuel Macron treffen. Denkbar ist die Diskussion möglicher Maßnahmen, um die USA zu einem Kompromiss im Zollchaos zu bewegen. Ab dem ersten August 2025 sollen Zölle in Höhe von 30 Prozent auf Waren aus der EU gelten, da die neu gesetzte Frist abläuft. Bislang konnten sich EU und die USA nicht auf eine Lösung im Handelsstreit einigen.

US-Präsident Donald Trump geht beim Familienfoto beim Nato-Gipfel an Alexander Stubb (l-r), Präsident von Finnland,, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)

Im Ringen um eine Lösung im Handelskrieg verschärft die EU Töne gegenüber den USA. Deutschland und Frankreich drängen offenbar zu einer wirtschaftlichen Nuklear-Maßnahme. © Kay Nietfeld/dpa

„Wir müssen unsere Verhandlungsmethode ändern. Wir müssen in der Lage sein, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen und alle Optionen auf den Tisch zu legen, die das Verhandlungsgleichgewicht verändern könnten“, sagte der französische Industrieminister Marc Ferracci laut der Financial Times am Montag in Berlin vor einem Treffen mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU).

Machtinstrument der EU gegen Trumps Zölle – Frankreich und Deutschland machen Druck

Zur Diskussion steht laut Medienberichten das Anti-Coercion-Instrument. Es dient als Maßnahme, um gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen von Drittstaaten, wie China und Russland, aber auch die Vereinigten Staaten vorzugehen. Laut der Financial Times befürworten Deutschland und Frankreich dessen Einsatz und haben eine „schweigende Mehrheit“ auf ihrer Seite.

Der Einsatz des ACI könnte sich auf verschiedene Ebenen auswirken. Es gibt der EU die Möglichkeit, den Zugang zu ihrem Markt zu beschränken, wie beispielsweise durch den Ausschluss amerikanischer Unternehmen von öffentlichen Ausschreibungen. Angebote, etwa im Bau- oder Rüstungsbereich, könnten ausgeschlossen werden, wenn US-Waren oder -Dienstleistungen mehr als 50 Prozent des potenziellen Auftrags ausmachen.

Alternativ könnten US-Angebote mit einer Strafpunktzahl versehen werden. Das ACI könnte auch zu Maßnahmen führen, die sich auf Dienstleistungen auswirken, bei denen die USA einen Handelsüberschuss mit der EU haben, darunter die digitalen Dienstleister Amazon, Microsoft, Netflix oder Uber. Die Maßnahmen könnten auch ausländische Direktinvestitionen aus den USA einschränken, dem weltweit größten Investor in der EU.

Bleibt nur noch „nukleare Option“ gegen Trump? Einige EU-Mitglieder offenbar skeptisch

Das ACI kam bislang nicht zum Einsatz und wird von vielen als „nukleare Option“ oder Handels-Bazooka angesehen. Deshalb sind noch einige Mitglieder skeptisch. Ein weiterer Diplomat warnte laut der FT, ein Einsatz „wäre nuklear. Die Lage ist zu ungewiss, um mit Sicherheit sagen zu können, ob die Mitgliedstaaten es befürworten.“

Das ACI wurde 2021 als Reaktion auf die Kritik von EU-Mitgliedern vorgeschlagen, die erste Trump-Regierung und China hätten den Handel als politisches Instrument eingesetzt. Litauischen Beamten zufolge hatte China Litauen ins Visier genommen, nachdem es Taiwan erlaubt hatte, eine De-facto-Botschaft in Vilnius einzurichten.

Das Gesetz gibt der Europäischen Kommission bis zu vier Monate Zeit, mögliche Fälle von Zwangsmaßnahmen zu prüfen. Stellt sie fest, dass die Maßnahmen eines anderen Landes Zwangsmaßnahmen darstellen, legt sie dies den EU-Mitgliedern vor, die weitere acht bis zehn Wochen Zeit haben, die Feststellung zu bestätigen. Zur Bestätigung ist eine qualifizierte Mehrheit der EU-Mitglieder erforderlich – eine höhere Hürde als für die Verhängung von Vergeltungszöllen.

EU bereitet neben der Bazooka auch Gegenzölle vor

Die EU bereitet nach den neuen Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump zusätzliche Gegenzölle auf Importe aus den USA im Wert von 72 Milliarden Euro vor. Bei einem Handelsministertreffen in Brüssel habe es Einigkeit darüber gegeben, dass man für den Fall der Fälle gewappnet sein sollte, erklärte der zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic in einer Pressekonferenz Mitte Juli 2025. 

Gleichzeitig machte er deutlich, dass sich die EU bis Anfang August weiter um eine Verhandlungslösung bemühen wird. Ab dann will Trump nach seiner Ankündigung vom vergangenen Samstag Zölle in Höhe von 30 Prozent auf Einfuhren aus der EU erheben. (bohy mit Material von Reuters)