Stand: 23.07.2025 10:25 Uhr

Kulturstaatsminister Weimer lädt heute Vertreter der großen Streamingdienste zum Gespräch ins Kanzleramt. Dabei geht es auch um eine mögliche Investitionspflicht, um deutsche Produktionen zu stärken.


Bo Hyun Kim

Ein leeres Set. Die Kameras stehen still. Was hier fehlt, ist nicht das Drehbuch – sondern das Geld. In Deutschland ist das kein Einzelfall. Die Serienproduktion stagniert. Denn die Film- und Fernsehbranche kämpft mit steigenden Kosten, komplizierten Fördersystemen und einem wachsenden Fachkräftemangel.

Während internationale Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime oder Disney+ weltweit Milliarden verdienen und in Ländern wie Südkorea oder Frankreich kräftig investieren, bleibt Deutschland oft außen vor. Der Frust in der Branche wächst – nicht nur bei Produzenten und Schauspielern.

Auftragseinbrüche und steigende Kosten

“Die Lage und die Stimmung der deutschen Film- und Serienbranche kann man tatsächlich nur als düster bezeichnen”, sagt Andreas Bareiss, Direktor der Filmakademie Baden-Württemberg. “Die Aufträge gehen zurück, die Kosten steigen – und es herrscht ein Marktumfeld, in dem deutsche Produzentinnen und Produzenten kaum noch mit dem Ausland konkurrieren können.”

Gründe dafür sind unter anderem die Inflation, höhere Energiekosten, gestiegene Gagen sowie technische Anforderungen, die moderne Serienproduktionen heute erfüllen müssen. Ein weiteres Problem: Internationale Plattformen verdienen zwar viel Geld in Deutschland, investieren hierzulande aber oft deutlich weniger. Tatsächlich berichteten laut einer Umfrage des Branchenverbands Produktionsallianz im vergangenen Herbst fast 80 Prozent der befragten Produktionsfirmen von sinkenden Auftragen durch internationale Streamingdienste.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer warnt deshalb vor einem schleichenden Medienmonopol durch US-Konzerne. Vor allem Frankreich, Spanien oder Südkorea profitieren dagegen vom globalen Streamingboom. In diesen Ländern gibt es klare gesetzliche Regeln, die Anbieter wie Netflix dazu verpflichten, einen Teil ihrer Einnahmen vor Ort wieder zu investieren.

Wer hier verdient, soll auch hier investieren

Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, lädt Weimer heute Vertreter von Netflix, Amazon, Disney+ und weiteren Anbietern ins Kanzleramt ein – zu einem “Streamer-Gipfel”. Ziel des Treffens: eine stärkere Partnerschaft mit den Plattformen und eine konkrete Investitionsverpflichtung für den deutschen Markt. “Wer in Deutschland erfolgreich Geschäfte macht, vom deutschen Markt und steuerfinanzierter Förderung profitiert, soll auch vermehrt in deutsche Filmproduktionen investieren”, sagte Weimer gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Es brauche mehr Investitionen im deutschen Filmmarkt, so der Beauftragte für Kultur und Medien. “Wir haben hier großartige Produktionsstandorte, talentierte Drehbuchautoren und Schauspielerinnen und Schauspieler, hinzu kommt die umfangreiche Filmförderung durch Bund und Bundesländer. Es gibt viele gute Gründe, hierzulande aktiver zu werden.”

Der Kulturstaatsminister erinnerte daran, dass der Koalitionsvertrag im Zuge der Filmförderung auch eine Investitionsverpflichtung vorsehe. “Es gibt auch immer die Möglichkeiten, direkt in Produktionsstätten einzusteigen – wie bei den Bavaria Filmstudios”, fügte Weimer hinzu. Bei den Studios gebe es eine Umstrukturierung. Wenn sich die Besitzer weiter für private Investoren öffneten, sei das gut “für Filmhits made in Germany”.

Hoffnung auf Wettbewerbsfähigkeit

In Frankreich ist das Prozedere längst Realität: Dort müssen Streamingdienste 20 Prozent ihres Umsatzes in lokale Produktionen stecken. Auch in Deutschland ist nun eine gesetzliche Regelung im Gespräch – ergänzt durch einen sogenannten Plattform-Soli, der einen Teil der globalen Streaminggewinne in die heimische Kulturförderung umleiten soll.

Für Andreas Bareiss wäre das ein überfälliger Schritt: “Eine Investitionsverpflichtung würde dazu führen, dass Deutschland überhaupt erst wieder wettbewerbsfähig ist. Es geht nicht darum, gleich an der Weltspitze zu stehen – sondern überhaupt wieder konkurrenzfähig zu werden.”

Neben Gesprächen mit der Branche hat auch der Staat eigene Maßnahmen angekündigt: Eine neue Anreizförderung soll Serien- und Filmproduktionen in Deutschland attraktiver machen. Mit bis zu 30 Prozent Förderung und einem Budget von 100 Millionen Euro pro Jahr will man Drehs am Standort Deutschland stärker anziehen. Ähnlich wie es Länder wie Tschechien oder Ungarn bereits tun.

Südkorea als Vorbild

Wie gezielte Förderung wirken kann, zeigt auch das Beispiel Südkorea. Das Land hat sich in den vergangenen Jahren zu einem globalen Hotspot für Serienproduktionen entwickelt – mit strategischer Unterstützung der Regierung und gezielten Kooperationen mit Plattformen. Das Ergebnis: Serienhits wie Squid Game oder der Animationsfilm K-Pop: Demon Hunters. Sie werden lokal produziert, aber weltweit gefeiert.