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Stand: 24.07.2025 13:55 Uhr

Bei einer mutmaßlichen Auto-Attacke bei Tel Aviv sollen mindestens acht Menschen verletzt worden sein. Im Bundesaußenministerium formiert sich offenbar eine Gruppe von Diplomaten, die eine härtere Linie gegen Israel fordert.

Angesichts der Zurückhaltung der Bundesregierung beim von 28 Staaten unterzeichneten Gaza-Appell hat die Linkspartei eine Sondersitzung des Bundestags gefordert. Diese sei nötig, “wenn die Regierung weiter die Augen vor dem Leid in Palästina verschließt und nicht bereit ist, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und zu handeln”, erklärten die Fraktionschefs Heidi Reichinnek und Sören Pellmann.

Darüber hinaus verlangten die Fraktionschefs, “dass der Auswärtige Ausschuss jetzt eine Sondersitzung anberaumt”. Die Mitglieder müssten “über alle Erkenntnisse zur aktuellen Lage” informiert werden. Die Links-Fraktion erneuerte auch ihre grundsätzliche Kritik an der Bundesregierung, die die Erklärung der 28 Staaten nicht unterzeichnet hatte. Dies sei “ein absoluter Offenbarungseid”, erklärten die Fraktionschefs. “Auch Deutschland muss sich dem öffentlichen Druck anschließen und vor allem endlich Taten folgen lassen.”

Israelische Einsätze im Gazastreifen haben laut Klinikangaben mindestens fünf Menschen das Leben gekostet. Das Leichenschauhaus des Al-Aksa-Krankenhauses teilte in Deir al-Balah mit, die Toten seien am Mittwochabend gebracht worden.

Zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, wurden den Angaben zufolge östlich von Deir al-Balah durch israelischen Panzerbeschuss getötet. Eine weitere Person kam bei Schüssen israelischer Soldaten im Flüchtlingslager Bureidsch ums Leben. Zwei weitere Getötete waren Teil einer Gruppe von Menschen, die in Sawaida von einem israelischen Angriff getroffen wurden.

Das israelische Militär, das in den vergangenen Tagen seine Einsätze ausweitete, reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat die Kriegsführung seines Nachfolgers Benjamin Netanjahu im Gazastreifen scharf verurteilt und ein sofortiges Ende der Kämpfe gefordert. “Es reicht, wir haben genug getötet, wir haben genug zerstört”, sagte Olmert gegenüber dem “Spiegel”. Israel habe seine militärischen Ziele “spätestens mit der Tötung von Yahya Sinwar” erreicht. Der Hamas-Anführer in Gaza wurde im Oktober 2024 getötet.

Der anhaltende Krieg sei aus seiner Sicht nicht nur strategisch sinnlos, sondern “ein illegitimer Krieg, der aus den persönlichen politischen Interessen des Premierministers geführt wird”. Olmert warf Netanjahu vor, “Verbrechen gegen den Staat Israel und das israelische Volk” zu begehen. Er forderte, ihn deshalb vor Gericht zu stellen – jedoch nicht in Den Haag, sondern in Israel.

Olmert warnte zudem vor Plänen der israelischen Regierung, im Süden Gazas eine sogenannte “humanitäre Stadt” zur späteren Emigration Hunderttausender Palästinenser zu errichten. Es handele sich dabei um einen “widerwärtigen Plan”, der an ein Konzentrationslager erinnere, so Olmert. Ein solcher Vorstoß sei “ein Verbrechen – oder mindestens die Anstiftung zu einem Verbrechen”.

12:33 Uhr


Auch Journalisten im Gazastreifen leiden unter Nahrungsmittelmangel

Führende Nachrichtenagenturen und die BBC beklagen zunehmende Probleme bei der Lebensmittelversorgung ihrer Reporter im Gazastreifen. “Wir machen uns große Sorgen um unsere Journalisten in Gaza, die zunehmend nicht mehr in der Lage sind, sich und ihre Familien zu ernähren”, erklärten die Nachrichtenagenturen AP, AFP und Reuters sowie die britische BBC. “Seit vielen Monaten sind diese unabhängigen Journalisten die Augen und Ohren der Welt vor Ort in Gaza. Jetzt sind sie mit denselben schrecklichen Umständen konfrontiert wie die Menschen, über die sie berichten.”

Die Welthungerhilfe zeigt sich irritiert, dass die Bundesregierung einen internationalen Appell zum Stopp des Krieges in Gaza nicht unterzeichnet. Das sei schwer nachvollziehen, “bei allem Verständnis für die Haltung mit Blick auf die Gräuel der Hamas”, erklärte Welthungerhilfe-Präsidentin Marlehn Thieme in Berlin. Zugleich betonte sie aber, die Bundesregierung habe sich auch nicht von dem Appell distanziert. Sie müsse jetzt zeigen, dass bilaterale Gespräche mit der israelischen Regierung einen dringend nötigen Zugang für humanitäre Hilfe ermöglichen könnten.

Bei einer mutmaßlichen Auto-Attacke sind im Zentrum Israels nach Angaben von Rettungskräften mindestens acht Menschen verletzt worden. Der mutmaßliche Attentäter steuerte sein Fahrzeug in eine Bushaltestelle nahe Kfar Jona, 35 Kilometer nördlich von Tel Aviv, wie israelische Medien unter Berufung auf Polizeiangaben berichteten. Dabei habe er dort wartende Passanten gerammt. Fünf von ihnen hätten moderate, drei weitere leichte Verletzungen erlitten, hieß es unter Berufung auf die Rettungskräfte. 

Der mutmaßliche Attentäter habe daraufhin seine Fahrt fortgesetzt. Wenig später habe die Polizei das von ihm zurückgelassene Fahrzeug gefunden. Die Sicherheitskräfte leiteten eine intensive Suche nach ihm ein. In Israel und im besetzten Westjordanland kommt es immer wieder zu Terroranschlägen, bei denen Palästinenser mit ihren Fahrzeugen absichtlich in Menschenansammlungen fahren.

Im Westjordanland sind laut palästinensischen Angaben zwei Jugendliche durch israelisches Feuer getötet worden. Die örtlichen Gesundheitsbehörden teilten mit, die Jungen im Alter von 15 und 17 Jahren seien am Abend von Kugeln getroffen worden. Das israelische Militär teilte mit, Soldaten hätten auf Palästinenser geschossen, die Molotow-Cocktails auf eine Schnellstraße geworfen hätten. Dabei seien zwei Jugendliche in der Nähe der Ortschaft Al-Chader im Westjordanland getötet worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Wie die US-Nachrichtenseite Axios nach der Übermittlung der Hamas-Antwort berichtet, will der US-Sondergesandte Steve Witkoff heute in Rom mit Israels Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und einem Vertreter Katars zusammentreffen. Sollten ausreichende Fortschritte erzielt werden, werde Witkoff gegen Ende der Woche von Rom in Katars Hauptstadt Doha reisen, um zu versuchen, das Waffenruhe-Abkommen zu besiegeln, hieß es unter Berufung auf eine US- und eine israelische Quelle. Die USA fungieren gemeinsam mit Katar und Ägypten als Vermittler zwischen Israel und Hamas.

Israel prüft eigenen Angaben nach die Reaktion der Hamas auf einen Waffenstillstandsvorschlag für Gaza. Das teilte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu mit. Laut eigenen Angaben hatte die Hamas ihre Antwort den Vermittlern vorgelegt, den Inhalt jedoch nicht bekannt gegeben.

Aus der SPD kommt weiter die Forderung, dass sich Deutschland dem Papier anschließen sollte, in dem von Israel ein Ende des Gazakriegs verlangt wird. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte auf WELT TV laut redaktioneller Fassung, seine Partei habe über Monate Israels Handeln im Gazastreifen kritisiert. Das habe aber keine Wirkung gehabt. “Deswegen glaube ich schon, dass, wenn Länder wie Frankreich oder Großbritannien so eine Erklärung unterschreiben, man sich die Frage stellen muss, warum Deutschland sie nicht unterzeichnet. Denn uns alle muss ja bewegen, dass dieses Leiden ein Ende hat. Und deswegen würde ich mich freuen, wenn wir auch solche internationalen Aktivitäten unterstützen.”

Brasilien schließt sich nach eigenen Angaben der Klage Südafrikas im Zusammenhang mit Israels Vorgehen im Gazastreifen vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) an. Eine Quelle aus dem brasilianischen Außenministerium teilte der Nachrichtenagentur AFP mit, Brasilien habe seine Entscheidung bereits getroffen und warte auf einen baldigen Termin, um seinen Beitritt zu dem Verfahren zu formalisieren. In einer Erklärung verurteilt das brasilianische Außenministerium die “täglichen Massaker” an Frauen und Kindern und den “schamlosen Einsatz von Hunger als Kriegswaffe” durch Israel im Gazastreifen. “Die internationale Gemeinschaft darf angesichts der anhaltenden Gräueltaten nicht tatenlos zusehen”, hieß es in der Erklärung weiter. Zuvor hatten sich bereits mehrere Länder der Klage Südafrikas angeschlossen, darunter Bolivien, Kolumbien, Libyen, Spanien und Mexiko.

Der Mensch, dessen Leichnam diese Trauernden in Gaza-Stadt tragen, ist laut medizinischem Personal bei nächtlichen israelischen Luftangriffen getötet worden.

Offenbar wächst im Auswärtigen Amt der Wunsch nach einer härteren Israel-Politik der Bundesregierung angesichts der Entwicklung im Gazastreifen. Nach Angaben des Spiegel haben sich im Außenministerium rund 130 vor allem jüngere Diplomaten zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die eine deutlichere Kritik an der israelischen Regierung fordert. Das Motto der Gruppe laute “loyal nonkonform”, schreibt der Spiegel. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte die Existenz der Gruppe am Abend. Es gebe auch Planungen für ein Treffen mit Außenminister Johann Wadephul (CDU).

“Während in Gaza immer mehr Zivilisten sterben, wächst im Auswärtigen Amt der Protest”, schreibt der Spiegel auf seiner Website unter der Überschrift “Israelpolitik frustriert deutsche Diplomaten”. Diplomaten organisierten sich in internen Chatgruppen und forderten von Minister Wadephul mehr Härte gegen Israel, hieß es.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat die Bundesregierung erneut aufgefordert, sich in Gaza für die uneingeschränkte Einhaltung des Völkerrechts durch alle Konfliktparteien und die Vermittlung eines dauerhaften Waffenstillstands einzusetzen. Auch müsse die Blockade von humanitären Hilfsleistungen unverzüglich aufgehoben werden, sagte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). “Die humanitäre Lage der Zivilbevölkerung in Gaza ist katastrophal.” Das ZdK sei zutiefst erschüttert über das Leid.

“Ja, Israel hat ein legitimes Recht, sich gegen die Terrororganisation Hamas zu verteidigen, die seit dem 7. Oktober 2023 israelische Geiseln in ihrer Gewalt hält”, so Stetter-Karp. Dies befreie die israelische Regierung jedoch keinesfalls davon, geltendes Völkerrecht zu achten. Auch würden die militärischen Maßnahmen in einem durch nichts zu rechtfertigenden Maß die dortige Zivilbevölkerung treffen.

Die militant-islamistische Hamas hat eigenen Angaben zufolge eine Antwort auf einen Vorschlag Israels für eine Waffenruhe im Gazastreifen eingereicht. “Die Hamas hat soeben den Vermittlern ihre Antwort und die der palästinensischen Fraktionen auf den Vorschlag einer Waffenruhe übermittelt”, teilte die Palästinenserorganisation auf Telegram mit. Wie der Nachrichtenagentur AFP zufolge aus mit den laufenden Gesprächen in Doha vertrauten palästinensischen Kreisen verlautete, enthielt die Antwort der Hamas Änderungsvorschläge zu Klauseln über die Lieferung von Hilfsgütern, Karten der Gebiete, aus denen sich die israelische Armee zurückziehen soll, sowie Garantien für ein dauerhaftes Ende des Krieges.

Vertreter Israels und der Hamas im Gazastreifen führen in Doha unter Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA indirekte Gespräche, um eine Einigung zu erzielen, die zu einer Waffenruhe und der Freilassung der israelischen Geiseln führt.  Seit mehr als zwei Wochen hatte es bei den Gesprächen keinen Durchbruch gegeben.

Der Iran hat im Krieg gegen Israel im vergangenen Monat nach Angaben von Amnesty International Streumunition eingesetzt. Iranische Streitkräfte hätten “ballistische Raketen mit Sprengköpfen, die Submunition enthielten”, auf israelische Wohngebiete abgefeuert, teilte Amnesty International unter Berufung auf neue Untersuchungen mit. Sie habe Fotos und Videos analysiert, die Streumunition zeigen, welche Medienberichten zufolge am 19. Juni in Gosch Dan im Großraum Tel Aviv eingesetzt worden sei, hieß es von der Menschenrechtsorganisation.

Des Weiteren sei Streumunition am 20. Juni in der südlichen Stadt Beerscheba und am 22. Juni in Rischon Letzion südlich von Tel Aviv zum Einsatz gekommen. “Durch den Einsatz solcher Waffen in oder in der Nähe von bevölkerten Wohngebieten haben die iranischen Streitkräfte das Leben von Zivilisten gefährdet”, teilte die Direktorin von Amnesty International, Erika Guevara Rosas, mit. Der Einsatz der Waffen sei “eine eklatante Verletzung des humanitären Völkerrechts”, sagte sie. 

Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben die israelische Regierung nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius mit Blick auf den Gazastreifen aufgefordert, “einen Waffenstillstand sofort einzuleiten” und umgehend die humanitäre Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung sicherzustellen. Beide hätten bei ihrem Gespräch in Berlin am Abend ihre tiefe Besorgnis über die Situation im Gazastreifen zum Ausdruck gebracht.

Die Gefahr einer Hungersnot im Gazastreifen ist nach Einschätzung von Carl Skau, Vizedirektor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), real und unmittelbar. “Ich habe zahlreiche Menschen getroffen, die seit Tagen nicht gegessen haben. Man sieht richtiggehend, wie Kinder und Frauen in den Flüchtlingsunterkünften immer schwächer werden”, sagte Skau der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Donnerstag) nach seinem jüngsten Besuch in der Region. Berichte über verhungernde Menschen nannte er alarmierend. “Menschen sterben, weil es nicht genügend humanitäre Hilfe gibt.” Zudem bräuchten rund 90.000 Frauen und Kinder dringend medizinische Versorgung.

Kanada hat im Kurznachrichtendienst X die sofortige Wiederaufnahme der von den Vereinten Nationen geleiteten Hilfslieferungen im Gazastreifen gefordert. “Die israelischen Militäroperationen gegen Mitarbeiter und Einrichtungen der Weltgesundheitsorganisation und Hilfskonvois des Welternährungsprogramms sowie die anhaltende Tötung von Palästinensern, die dringend benötigte Lebensmittel und Wasser suchen, sind inakzeptabel”, teilte das kanadische Außenministerium mit. Die Hungersnot in Gaza habe katastrophale Ausmaße erreicht.

Diese Menschen in Dschabalia im nördlichen Teil des Küstenstreifens haben bei einer Verteilstelle Pakete bekommen.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert von der Bundesregierung einen härteren Kurs gegenüber Israel wegen dessen Vorgehens im Gazastreifen. Im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sprach sich Dröge für Sanktionen gegen die israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir aus. “Beide rufen ganz offen zu Gewalt gegen die palästinensische Zivilbevölkerung und zu Vertreibung auf und unterstützen den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau in der Westbank. Hier ist eine klare Haltung der Bundesregierung gefragt”, sagte die Grünen-Politikerin. 

Dröge forderte außerdem den Stopp von Waffenexporten nach Israel, die in Gaza eingesetzt werden können. Sie appellierte zugleich an die Bundesregierung, die Erklärung von 28 Staaten zu unterzeichnen, in der ein sofortiges Ende des Krieges im Gazastreifen gefordert wird. “Wenn Friedrich Merz seine Worte ernst meint, sollte Deutschland die Erklärung unterzeichnen”, mahnte Dröge.