Die Nato forciert ihre Pläne für einen totalen Krieg gegen Russland, die verbunden sind mit Maßnahmen zur Verhängung des Kriegsrechts gegen die Arbeiter in Europa. Besonders deutlich äußert sich dies in den Plänen der Nato, den verkehrsreichsten Hafen Europas in Rotterdam zu militarisieren.

Die Financial Times veröffentlichte am 14. Juli einen Artikel mit dem Titel „Europas größter Hafen rüstet sich für möglichen Krieg gegen Russland“, laut dem der Hafen „auf einen potenziellen Konflikt mit Russland vorbereitet wird, indem Platz für Schiffe mit Militärgütern reserviert und die Umverteilung der Fracht geplant wird, falls ein Krieg ausbricht.“

An einem Containerterminal in Rotterdam wird ein Container mit einem fahrerlosen, automatisch gelenkten Fahrzeug verladen. [Photo by Quistnix / CC BY 1.0]

Der Geschäftsführer der Hafenverwaltung von Rotterdam, Boudewijn Siemons, erklärte gegenüber der Zeitung: „Wenn große Mengen an Militärgütern verschifft werden müssten, würden wir uns an Antwerpen oder andere Häfen wenden, um einen Teil der Kapazitäten zu übernehmen, und umgekehrt. Wir sehen uns immer weniger als Konkurrenten. Und natürlich konkurrieren wir, wo wir es müssen, aber wir arbeiten zusammen, wo wir es können.“

Die FT weist darauf hin, dass Rotterdam im Kalten Krieg „keinen eigenen Kai“ für den Transport von Waffen hatte. Siemons erklärte, ein oder mehrere Schiffe würden vier- oder fünfmal pro Jahr mehrere Wochen an verschiedenen Orten am Kai angelegt werden.

Nun diskutiert die Nato Pläne für militärische Aktivitäten und Übungen, die zu massiven Beeinträchtigungen der zivilen Containerschifffahrt führen könnten. Dazu schreibt die FT: „Das Containerterminal von Rotterdam ist der einzige Ort im Hafen, an dem Munition sicher von einem Schiff zum anderen verladen werden kann. Außerdem würden mehrmals im Jahr amphibische Militärübungen stattfinden.“

Die niederländische Regierung setzt diese Pläne um, nachdem die Nato sie erst vor zwei Monaten aufgefordert hatte, die Militarisierung des Hafens von Rotterdam vorzubereiten. Diese Maßnahme würde nicht nur diesen massiven Komplex betreffen, der sich über 40 Kilometer an der Maas entlang erstreckt. Rotterdam mit seinen mehr als 2,3 Millionen Einwohnern liegt auch im Mittelpunkt der Region Randstad, die aus den vier größten niederländischen Städten (Amsterdam, Rotterdam, Den Haag und Utrecht) besteht und insgesamt 8,4 Millionen Einwohner hat – fast die Hälfte der niederländischen Bevölkerung.

Luftaufnahme des Hafens von Rotterdam [Photo by Dkvtig / CC BY-SA 4.0]

Das Projekt Rotterdam ist nur ein Teil der Pläne des Nato-Militärbündnisses und der imperialistischen europäischen Regierungen, die gesamte Gesellschaft auf Kriegskurs zu bringen und dabei zivile Fahrzeuge und Fahrer für Kriegszwecke zu requirieren.

Politico berichtete am 14. Juli unter Berufung auf die niederländische Tageszeitung Algemeen Dagblad: „Das niederländische Verteidigungsministerium denkt über Pläne nach, alte Züge in mobile Notfall-Rettungsfahrzeuge umzugestalten, mit denen verwundete Soldaten transportiert werden können.“ Politico machte außerdem deutlich, dass dies im Zusammenhang mit Plänen steht, im großen Stil zivile Transportmittel für den Krieg zu requirieren:

„Der Generaldirektor für Verteidigung und Raumfahrt (DG DEFIS) hat im Rahmen des Planungsprozesses eine Umfrage an wichtige Akteure im Verkehrssektor des Blocks verschickt. Darin wird gefragt… ob Transportmittel – einschließlich Flachbett- und Lazarettwaggons, doppelt nutzbare Fähren, Schwerlastwagen und strategische Lufttransportkapazitäten – im Falle einer Krise aufgestockt werden können… Berichten zufolge [ist dies] Teil eines allgemeinen Plans, der auch den Einsatz niederländischer Lokführer in Osteuropa zur Unterstützung militärischer Operationen vorsieht.“

Diesen Monat hat das niederländische Verteidigungsministerium außerdem ein Abkommen mit der nationalen Fluggesellschaft KLM unterzeichnet, um deren Piloten für das Fliegen von F-35-Kampfflugzeugen auszubilden. Bei bestimmten Piloten soll die Arbeitsbelastung reduziert werden, damit sie eine zusätzliche militärische Ausbildung absolvieren können. Die Niederlande kaufen außerdem sechs weitere F-35-Kampfflugzeuge, zusätzlich zu den 52, die bereits beim US-Unternehmen Lockheed Martin bestellt wurden.

Die Pläne für einen Krieg gegen Russland sind untrennbar mit Plänen für einen Klassenkrieg gegen die Arbeiter verbunden. Die Nato-Mächte wissen, dass in der Bevölkerung überwältigender Widerstand gegen einen totalen Krieg mit Russland und die zunehmenden sozialen Angriffe herrscht, mit denen die steigenden Militärausgaben finanziert werden. Vor allem in den Niederlanden kam es in den letzten Jahren zu Massenstreikwellen und Massenprotesten gegen den Völkermord in Gaza.

Als Reaktion darauf versuchen die Vertreter der Nato die Bevölkerung dazu zu bringen, das Diktat des Militärs unkritisch hinzunehmen. Sie fordern von den Arbeitern, die Möglichkeit eines katastrophalen Kriegs mit der Atommacht Russland zu akzeptieren.

Als die Niederlande letztes Jahr beschlossen, ihre Militärausgaben auf 24 Milliarden Euro pro Jahr – fast das Doppelte gegenüber dem Jahr 2022 – zu erhöhen, forderte der niederländische Generalstabschef Otto Eichelsheim eine „grundlegend andere Denkweise. Statt jede einzelne Mission detailliert vorzubereiten und zu planen, müssen unser Militär und unsere Zivilbevölkerung in der nahen Zukunft ganz einfach jeden Tag bereit sein, permanent bereit für einen groß angelegten Konflikt.“

Pläne zur Militarisierung des Hafens von Rotterdam sind ein integraler Bestandteil dieser breiteren imperialistischen Kriegsplanung. Letztes Jahr berichtete die WSWS unter Berufung auf Äußerungen von Nato-Vertretern gegenüber dem britischen Daily Telegraph:

Die Nato [will] die europäische Hafen- und Bodentransport-Infrastruktur übernehmen, um die in den europäischen Atlantikhäfen eintreffenden US-Truppen quer über den Kontinent nach Russland zu schicken. In diesen Transportkorridoren, die nach Einschätzung der Nato verheerenden Luftangriffen ausgesetzt wären, würden die lokalen Gesetze außer Kraft gesetzt.
Der Telegraph veröffentlichte eine Skizze der geplanten ,Transportkorridore‘ durch Europa. Die ursprünglichen Nato-Pläne sehen vor, dass die US-Truppen in Rotterdam oder Hamburg in Nordwesteuropa landen. Allerdings könnten sie auch in den westitalienischen Hafenstädten Genua oder La Spezia, in der norwegischen Hafenstadt Bergen oder in türkischen Häfen ankommen. Nato-Militärs würden wichtige Straßen- und Eisenbahn-Infrastruktur übernehmen, um US-Truppen quer durch Europa an die russische Grenze zu schicken.

David North

30 Jahre Krieg: Amerikas Griff nach der Weltherrschaft 1990–2020

Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.

Im Zentrum der europäischen Militarisierung steht der Plan des deutschen Imperialismus, seine Militärausgaben um gigantische eine Billion Euro zu erhöhen. Davon ist fast eine halbe Billion für einen Sonderfonds für kriegsbezogene Infrastruktur vorgesehen.

Der Nato-Generalsekretär und ehemalige niederländische Ministerpräsident, Mark Rutte, hat vor kurzem in einer Rede in der Denkfabrik Chatham House in London eine Militarisierung der Infrastruktur als Schlüsselkomponente der Erhöhung der Nato-Militärausgaben gefordert. Rutte erklärte, die Nato werde mehr Panzer bauen, „aber man braucht Brücken, die den Panzer tragen können. Manchmal traut man sich nicht einmal, mit dem Auto über die Brücke zu fahren, ganz zu schweigen mit einem Panzer.“

Die größte Gefahr in dieser politischen Lage ist, dass sich die Arbeiterklasse nicht vollends bewusst ist, wie groß die Bedrohung durch die imperialistischen Militäroperationen ist. Der europäische Imperialismus und seine Remilitarisierungspläne schlittern mit geschlossenen Augen in eine Katastrophe, die denen des 20. Jahrhunderts gleicht. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Rotterdam aufgrund seiner strategischen Lage zum Ziel eines brutalen Blitzkriegs, den Hitler im Mai 1940 begann, als die Nazis die Niederlande eroberten. Dabei wurde das gesamte historische Stadtzentrum niedergebrannt.

Wenn US- und Nato-Truppen und -Kriegsgerät die europäischen Häfen überschwemmen, um durch Europa geschickt und in einem Bodenkrieg gegen Russland eingesetzt zu werden, könnte dies leicht zu Zerstörungen in einem Ausmaß führen, welche die Schrecken des Zweiten Weltkriegs in den Schatten stellen.

Während die europäischen Medien Russland als unaufhaltsame existenzielle Bedrohung für Europa verteufeln, ist in Wirklichkeit die Europäische Union – ganz zu schweigen vom Nato-Bündnis – Russland bei weitem überlegen. Die EU hat eine Bevölkerung von 450 Millionen und eine Wirtschaftskraft von zwanzig Billionen Dollar, d.h. dreimal so viele Einwohner und ein zehnmal so großes wirtschaftliches Gewicht wie Russland. Sollte die EU an der Seite der USA einen kontinentalen Krieg gegen Russland führen, könnte sich die russische Armee schnell in einer erdrückenden zahlenmäßigen Unterlegenheit wiederfinden.

Unter solchen Bedingungen erlaubt die russische Militärdoktrin den Einsatz von Atomwaffen, um zu verhindern, dass die russischen Streitkräfte in einem konventionellen Krieg überwältigt werden. Logistische Engpässe wie große Häfen stünden hoch oben auf der Liste potenzieller Ziele, die eingeäschert würden.

Nato-Vertreter haben zugegeben, dass sie unter solchen Bedingungen wichtige Infrastruktur und die Zivilbevölkerung nicht schützen könnten. Nato-Generalleutnant Alexander Sollfrank erklärte letztes Jahr gegenüber dem Daily Telegraph: „Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der genug Luftabwehr vorhanden ist.“ Er fügte hinzu, wichtige Logistikstützpunkte „werden in einer Konfliktsituation sehr früh angegriffen und zerstört.“

Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die Arbeiterklasse vor der Gefahr einer weiteren Eskalation des imperialistischen Kriegs zu warnen und sie in einer sozialistischen Antikriegsbewegung zu mobilisieren.