Zwei Personen in weissen Schutzanzügen in einem Labor

Das Schweizer «Fablab»-Projekt orientiert sich an anderen Labors, beispielsweise VTT Micronova in Finnland.

VTT

Die Schweizer Halbleiterindustrie, unterstützt von führenden Universitäten, plant den Aufbau eines nationalen Zentrums für Chipproduktion und -forschung. Erklärtes Ziel: in dieser Schlüsseltechnologie nicht den Anschluss zu verlieren.

Das vorgeschlagene «Chip FabLab» (Fabrikationslabor) im Innovationspark Zürich soll Chips für Highend-Nischenanwendungen wie Robotik, autonome Fahrzeuge, Satellitenkommunikation und Quantencomputer entwickeln und herstellen.

Das Konsortium hinter dem Projekt strebt eine staatliche Unterstützung und Finanzierung an, um den Aufbau zu ermöglichen, denn es geht um hohe Beträge.

Das «FabLab» soll sich an den Modellen der finnischen VTT Micronova und des belgischen «Imec FabLab» orientieren, die ihre lokalen Halbleiterindustrien stark gefördert haben.

«Die Schweiz wird den Anschluss verpassen, wenn wir diesem Beispiel nicht folgen. Wir müssen schnell vorankommen, sonst verschwindet unsere Industrie», warnt Jürg Leuthold, Leiter des Departements für Informationstechnologie und Elektrotechnik an der ETH Zürich.

Das Schweizer Projekt befindet sich noch in der Planungsphase, während andere Länder bereits Milliarden in ihre Halbleiterindustrien investieren.

So steckt Italien zwei Milliarden Euro (1,87 Milliarden Franken) in ein Werk von ST Microelectronics in Sizilien das insgesamt fünf Milliarden Euro kosten soll. In den USA investiert der Chiphersteller Texas Instruments 60 Milliarden US-Dollar (48 Milliarden Franken) in den Ausbau seiner Produktionsstätten.

Spezialanfertigungen statt Massenproduktion

Das Schweizer «Chip FabLab» ist bescheidener angelegt und zielt nicht auf die Massenproduktion ab. Stattdessen soll es kleinere Mengen massgeschneiderter Chips herstellen.

Dennoch würde dies eine Anfangsinvestition von etwa 100 Millionen Franken erfordern – mit steigenden Kosten auf bis zu 300 Millionen, um die gesamte Bandbreite an Fertigungsdienstleistungen anbieten zu können.

Geplant ist ein 4000 Quadratmeter grosser Reinraum – eine makellose Werkstattumgebung, die selbst kleinste Verunreinigungen wie Staub ausschliesst. Das Labor soll innerhalb der nächsten fünf Jahre in Betrieb gehen.

Ein vergleichbares Labor wurde vor 30 Jahren in Finnland gegründet und hat laut Fachleuten die dortige Halbleiterbranche massgeblich gestärkt. Die Micronova-Einrichtung umfasst einen Reinraum, Forschungslabors und Platz für private Unternehmen. Geplant ist dort zudem ein neuer Reinraum namens Kvanttinova für Quantentechnologie im Umfang von 100 Millionen Euro.

«Wir kombinieren produktionsorientierte Firmen, eigene Dienstleistungen für Forschung und Entwicklung mit der Aalto-Universität, die ihren Fokus auf Grundlagenforschung legt», sagt Tauno Vähä-Heikkilä, Vizepräsident für Mikroelektronik und Quantentechnologien am staatlichen «VTT Technical Research Centre of Finland».

«Einer unserer grössten Erfolge besteht darin, Startups beim Hochskalieren ihrer Geschäftsmodelle zu unterstützen. In der Halbleiterindustrie erfordert Wachstum Investitionen in der Grössenordnung von Dutzenden bis hunderten Millionen.»

Kleine Firmen können Maschinenzeiten in Micronova-Räumlichkeiten mieten, während grössere Unternehmen eigene Anlagen innerhalb der geteilten Infrastruktur betreiben können.

Vähä-Heikkilä erwartet, dass private Unternehmen rund 500 Millionen Euro in ihre Aktivitäten am neuen Kvanttinova-Standort investieren werden.

«Eine vergleichbare Infrastruktur würde das Wachstum der Halbleiterindustrie in der Schweiz zweifellos beschleunigen», schätzt der Experte.

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht

02. Jul. 2025

Während viele Länder Milliarden in ihre Halbleiterindustrie investieren, konzentriert die Schweiz ihre Mittel auf die Forschung.

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Positive Resonanz

Die Privatwirtschaft und öffentliche Forschungseinrichtungen bündeln nun ihre Kräfte unter dem Namen «Swiss Chip Alliance», um die Aufmerksamkeit auf die kleine, aber hochspezialisierte Schweizer Halbleiterindustrie zu lenken. Mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Branche im Kontext eines weltweit starken Wachstums zu sichern.

Vorangetrieben wird das geplante «Chip FabLab» unter anderem vom Branchenverband Swissmem, der ETH Zürich und der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA). Auch Unternehmen wie Espros Photonics und Hitachi Energy zeigen Interesse am Projekt.

Doch es werde wohl noch mehrere Monate dauern, bis sich öffentliche und private Partner auf eine Finanzierung einigen, sagt Lars Sommerhäuser, Leiter des Bereichs «Advanced Manufacturing» bei der EMPA.

«Das bisherige Feedback ist durchweg positiv, aber es wurden noch keine Verträge unterzeichnet», so Sommerhäuser. «Angesichts der Unterstützung bin ich zuversichtlich, dass das ‘Chip FabLab’ Realität wird. Aber wir wissen noch nicht, wie viel Geld letztlich zusammenkommt und wie rasch.»

Gegenwärtig laufen Gespräche mit Bundes- und Kantonsbehörden, jedoch gibt es bisher keine konkrete staatliche Zusage. Sowohl das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) als auch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) haben sich noch nicht offiziell dem Projekt angeschlossen.

Die Standortförderung des Kantons Zürich teilt mit, man verfolge das Vorhaben «mit grossem Interesse», da die Halbleiterindustrie von «zentraler Bedeutung» für die Region sei. Weitere Angaben wurden jedoch nicht gemacht.

«Wertvolle Brücke»

Der Vorschlag für das «Chip FabLab» kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Schweizer Parlament über Einsparungen in Milliardenhöhe im Bundeshaushalt diskutiert.

Doch die Befürworterinnen und Befürworter der Einrichtung betonen, die Investitionen würden sich langfristig auszahlen: Es sei sinnvoller, wenn Forschende und Unternehmen gemeinsam angemietete Infrastrukturen an einem Ort nutzen würden, statt über das ganze Land verteilte, teure Doppelstrukturen zu schaffen, sagt ETH-Professor Leuthold.

«Die Einrichtung und der Unterhalt von Reinräumen ist sehr kostspielig», so Leuthold. «Labors zu bündeln ist nicht nur kosteneffizienter, sondern erhöht auch die Auslastung der Maschinen, die sonst oft ungenutzt bleiben und schnell veralten.»

Auch der Digitaltechnologie-Verband Digitalswitzerland sieht im geplanten «Chip FabLab» grosses Potenzial zur Förderung aufkommender Technologien wie Quantencomputing, 6G-Kommunikation, Raumfahrt-Elektronik und die Anwendung von künstlicher Intelligenz direkt auf Geräten oder Systemen.

«Das ‘FabLab’ könnte eine wertvolle Brücke zwischen Forschung und industrieller Anwendung sein, indem es die notwendige Infrastruktur für Technologietransfer und Prototypenentwicklung bereitstellt», schreibt die Organisation in einer E-Mail an Swissinfo.

Die Projektkoordination des «Chip FabLab» hofft, bis Ende dieses Jahres konkrete und detaillierte Pläne für die Einrichtung vorstellen zu können.

Editiert von Gabe Bullard/ts, Übertragung aus dem Englischen mithilfe von Deepl: Christian Raaflaub

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