So rüstet Polen seine Grenzen auf

Der “Ostschild”: Was, wenn Russland angreift?

02.08.2025 – 08:21 UhrLesedauer: 7 Min.

Polnischer Kampfingenieur Michał Bednarko vor dem "Ostschild" (Fotomontage): Die Anlage soll Polen im Falle eines Angriffs Zeit verschaffen.Vergrößern des Bildes

Der polnische Kampfingenieur Michał Bednarko vor dem “Ostschild” (Fotomontage): Die Anlage soll Polen im Falle einer russischen Offensive Zeit verschaffen. (Quelle: Malte Bollmeier/Montage: Axel Krüger)

Panzersperren, Minenfelder, Bunkertunnel: Aus Angst vor einem russischen Angriff befestigt Polen seine Grenzen. Aber könnte der “Ostschild” einen russischen Einmarsch wirklich verhindern?

Ein Reh tapst zwischen hüfthohen Betonbrocken herum. Es trippelt durch die erste Reihe der grauen Ungetüme, danach durch eine zweite und schließlich eine dritte. Ein letztes Mal blickt es sich um und schnuppert, ob Gefahr droht. Dann hüpft es in die Blumenwiese hinter den Felsen und verschwindet.

In Kriegszeiten wäre das Reh jetzt wohl tot. Denn die grauen Brocken sind keine Felsen, sondern Panzersperren, und unter den Blumen würden vermutlich Landminen lauern. Das Tier wäre in die Luft gesprengt worden, denn es ist durch den “Ostschild” nahe der russischen Exklave Kaliningrad gelaufen.

Als “Ostschild” bezeichnet die polnische Regierung die Anlage, mit der sie Polens Grenzen zu Kaliningrad und zu Belarus verteidigen will, für den Fall, dass Russland angreift. 2024 hat der Bau begonnen, bis 2028 soll er fertig sein. Kosten: 2,3 Milliarden Euro. Wo es möglich ist, will die polnische Armee zum Schutz der 650-Kilometer-Grenze Wälder, Seen, Flüsse und Sümpfe nutzen. Aber die Grenzgebiete bestehen zu guten Teilen aus Feldern und Wiesen, über die russische Panzer leicht hereinfahren könnten.

Für diese taktischen Schwachstellen hat Polens Armee eine mehrstufige Abwehr entwickelt: Stacheldraht und Minenfelder, Panzergräben und Panzersperren, Bunker und Schützengräben sowie Sensoren und Störsender gegen Drohnenattacken. Landminen sind zwar eigentlich laut dem Ottawa-Abkommen verboten, Tusk will aber demnächst daraus aussteigen, damit die Armee sie im “Ostschild” verwenden kann. Ein Abschnitt des neuen Bollwerks ist bereits großteils fertiggestellt und befindet sich in der Nähe des Dorfes Momajny in der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Wie die Anlage aussieht, erfahren Sie hier im Video.

Video | Video: So sieht der “Ostschild” aus

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Quelle: t-online

Aus Angst vor einem russischen Angriff hat Polen schon im Juli 2023 Truppen an seine Ostgrenze zu Belarus verlegt. Russlands Präsident Wladimir Putin drohte daraufhin, jeder Angriff auf Belarus werde als Aggression gegen Russland aufgefasst und seine Armee werde mit allen verfügbaren Mitteln reagieren. Auch russische Intellektuelle meldeten sich zu Wort, wie der Politikwissenschaftler Andrej Sidorow. Im Oktober 2024 sagte er im Staatsfernsehen, Polen könnte “aufhören zu existieren”, falls es gegen Belarus und Russland vorgehe.

Wenn es nach Polens Ministerpräsident Donald Tusk ginge, wären Europa und Polen schon 2027 abwehrbereit, also ein Jahr, bevor der “Ostschild” laut Plan fertig werden soll. Tusks Regierung werde in den kommenden zwei Jahren alles tun, um die Sicherheit des Landes zu gewährleisten, kündigte er vergangene Woche bei einer Bürgerversammlung an. Er berief sich dabei auf den neuen Nato-Oberbefehlshaber Alexus Grynkewich, demzufolge Russland und China bis 2027 so weit erstarken könnten, dass sie eine Konfrontation mit der Nato und den USA suchen.