Mehrere tausend Teilnehmende –
Friedlich, bunt und teilweise nass – so war die Bern Pride
Am Samstag zog die queere Szene lautstark durch Berns Gassen und lud zum Festival auf dem Bundesplatz. Als kleiner Dämpfer erwies sich einzig das Wetter.
Jürg Spori
Publiziert heute um 13:32 UhrAktualisiert vor 15 Minuten
Am Samstag feierte die Queer-Community die Bern Pride unter dem Motto «Zäme für Fröid Widerstand und Liebi». Mehrere Tausend Menschen zogen ab 14 Uhr vom Waisenhausplatz via Matte- und Marziliquartier auf den Bundesplatz. Dort folgten Reden – unter anderem von der Stadtberner Gemeinderätin Ursina Anderegg (Grünes Bündnis) – eine Dragshow und Konzerte.
Der bunte Umzug durch die Stadt verlief friedlich. Die Teilnehmenden tanzten bei fröhlicher Stimmung zu Musik, die von DJs auf drei Demowagen gespielt wurde. Einzig das Wetter passte nicht so recht ins Stimmungsbild. So regnete es zeitweise stark.
Die Bern Pride zeigte einmal mehr, wie vielfältig die Queer-Community ist. Insgesamt 33 Gruppen liefen am 3,5 Kilometer langen Umzug mit. So war etwa die Gruppe Fetisch Bern ebenso unterwegs wie Queer Insel mit Angestellten der Insel-Gruppe, die Queer Officers aus Armeeangehörigen, oder Polizeiangestellte, die sich zu den Pink Cops verbunden haben.
Auch christliche, jüdische und muslimische Gruppierungen marschierten mit. Und im hinteren Teil des Umzugs nutzte die Gruppe Queers for Palestine Bern die Pride als Plattform, um auf das Leiden der Menschen in Gaza aufmerksam zu machen. Obwohl Nationalfahnen an der Pride unerwünscht sind, wurden ein paar Palästina-Flaggen geschwenkt.
Der Anlass diente nicht bloss dem Feiern von Vielfalt, es wurden auch politische Forderungen gestellt: Die Erweiterung der Antirassismusstrafnorm auf trans und intergeschlechtliche Personen. Die Option eines dritten Geschlechtseintrags. Ein Verbot von Konversionstherapien. Eine Verbesserung der rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien. Ein gleichberechtigter Zugang zur Fortpflanzungsmedizin. Und mehr sichere Orte für die queere Community – insbesondere auch in der Gesundheitsversorgung. (mib/kas)
Zu den Klängen der Brienzer Sängerin und Songwriterin Ilira beenden wir unseren Liveticker und wünschen einen schönen Abend allerseits.
Nach den Reden ist Showtime angesagt. Zuerst sorgt Pato mit poppigem Mundart-Rap für Entzückung auf dem Bundesplatz.

Foto: Kaspar Keller
Nach ihm ist Zeit für «Qweertainment»: Sechs Performer*innen entern die Bühne und bieten eine Mischung aus Drag, Comedy und Live-Gesang.

Foto: Jürg Spori

Foto: Jürg Spori

Foto: Kaspar Keller
Andreas Lehner von der Aids Hilfe Schweiz erinnert sich in seiner Rede zurück an die Anfänge der Organisation MItte der 1980er-Jahre. Ihr Motto damals war: «Am Morgen beerdigen wir unsere Freund*innen. Am Nachmittag demonstrieren wir. Und abends tanzen wir. Bis ins Morgengrauen.»
Die Stadtberner Gemeinderätin Ursina Anderegg (Grünes Bündnis) spricht derweil vom bereits Erreichten. Doch angesichts der steigenden Gewalt an queeren Menschen sei jetzt umso mehr der Moment, um solidarisch aufzustehen, die Grundrechte zu verteidigen und dort einzufordern, wo sie noch nicht gewährt sind.
Während der Reden regnet es zwischenzeitlich heftig. Die Menschen flüchten unter Vordächer, ziehen ihre Regenjacken an oder kuscheln sich gemeinsam unter Regenschirme. Ein paar haben den Platz auch ganz verlassen.

Foto: Jürg Spori
Auch am Himmel wird die Pride gefeiert: Nachdem der Regen seinen Dienst wieder eingestellt hat, erschien über dem Münster kurzzeitig ein Regenbogen.

Foto: Kaspar Keller
Wie bereits im Vorjahr ist auch «Pöili» vom queer-feministischen Sexshop «Untamed.Love» mit einem Stand auf dem Bundesplatz.

Foto: Kaspar Keller
Auch die Polizei ist mit einem Stand vertreten. Betrieben wird er vom Verein Pink Cop, zu dem sich Queere, die bei der Polizei oder den Justizbehörden tätig sind, zusammengeschlossen haben.

Foto: Kaspar Keller
Die Pride ist nicht das erste Fest, das diesen Sommer auf dem Bundesplatz stattfindet. Das grosse Riesenrad wurde bereits für die Fussball-Europameisterschaft aufgebaut. Und bereits gestern waren im Rahmen der Nationalfeier die Food- und Getränkestände sowie die Konzertbühne in Betrieb.
Neu sind heute die Info- und Verkaufsstände, wie zum Beispiel der Stand von QueerBooks, der an der Herrengasse in der Berner Altstadt seit 10 Jahren einen festen Standort hat. «Buttons, Sticker und der biologisch abbaubare Glitzer laufen an der Pride sehr gut», sagt Patrick Roth, der Laden und Stand gemeinsam mit Milena Leutert betreibt. Herzstück sind jedoch Sachbücher und Romane zu queeren Themen. Empfehlenswert sei etwa «Ich möchte nicht die perfekte Geschichte schreiben» von Mani Owzar mit Portraits von aktivistischen queeren Menschen aus der Schweiz.
Auch «Spent», die neue Comic Novel von Alison Bechdel, der Erfinderin des Bechdel-Tests, steht zum Verkauf. Mit dem Test kann man mit einer Frage prüfen, ob Frauen in Filmen und Serien genügend repräsentiert sind: Kommen zwei Frauen vor, die einen Namen haben, und die gemeinsam eine Konversation führen, in der es nicht um einen Mann geht? (kas)

Patrick Roth und Milena Leutert an ihrem Infostand auf dem Bundesplatz.
Foto: Kaspar Keller
Nach zwei Stunden und 15 Minuten erreicht der Demoumzug kurz nach 16 Uhr das Ziel, den Bundesplatz. Hier folgen nun als nächstes Reden – unter anderem von Ursina Anderegg, Stadtberner Direktorin für Bildung, Soziales und Sport. Danach geht es weiter mit einer Dragshow und Konzerten.

Foto: Raphael Moser
Zum Abschluss des Umzugs hier noch ein paar Imprssionen der schrillen Parade:

Bei Männern ist Leder genau so angesagt…
Foto: Raphael Moser

…wie pinke Outfits.
Foto: Jürg Spori

Bauchfrei? Geht auch bei Männern!
Foto: Jürg Spori

Bunt von Kopf bis Fuss ist hier das Motto.
Foto: Raphael Moser
Gegen 16 Uhr zieht der bunte Tross durchs Matte- und Marziliquartier. Die Stimmung ist friedlich und ausgelassen, während am Himmel dunkle Wolken aufziehen und der Regen einsetzt.

Unterwegs im Mattequartier, wo sich die Sonne langsam verabschiedet.
Foto: Raphael Moser

Beim Gang den Bundesrain hoch sind die Regenschirme gespannt.
Foto. Kaspar Keller

Fröhliche Gesichter trotz Regen.
Foto: Raphael Moser
Im hinteren Teil des Umzugs laufen auch die Berner Furries mit, die unter ihren Kostümen wohl ordentlich ins Schwitzen kommen. Das Schlusslicht machen der Familien- und der Silent-Block, wo der Lärmpegel deutlich leiser ist.

Foto: Raphael Moser
Der Gaza-Krieg wird auch an der Bern Pride sichtbar gemacht. Die Gruppe Queers for Palestine Bern hat im Vorfeld angekündigt, die Pride – wie im Jahr zuvor – als Plattform nutzen zu wollen, um auf das Leiden der Menschen in Gaza aufmerksam zu machen. Die Teilnahme erfolge «nicht aus Identifikation mit Pride, sondern um queeren, dekolonialen Widerstand sichtbar zu machen», schreibt die Gruppe auf ihrem Instagram-Profil.
Die Organisatoren der Pride haben im Vorfeld festgehalten, dass während der Demonstration keine Nationalfahnen, sondern ausschliesslich queere Symbole erwünscht sind. Trotzdem werden bei den Queers for Palestine Bern vereinzelt Palästinafahnen geschwenkt. Die Gruppe läuft eher im hinteren Teil des Umzugs mit, wo sie immer wieder «free free Palestine» skandieren. Gegen Kylie Minogue, die via Lautsprecher «Can’t get you out of my head» ab Konserve singt, nehmen sie jedoch nicht allzu viel Raum ein.

Palästinafahnen werden geschwenkt.
Foto: Raphael Moser
Umgekehrt zeigen jedoch auch jüdische Teilnehmende Flagge. Die Regenbogenfahnen des Vereins queerer Menschen in der jüdischen Gemeinschaft sind mit einem Davidstern gekennzeichnet. Und auch christliche und muslimische Gruppierungen marschieren an der Pride mit.

Auch die queere jüdische Gemeinschaft zeigt Flagge.
Foto: Jürg Spori

Foto: Raphael Moser
Chantal und Mänu Lüthi feiern heute ihre Hochzeit. Just als die beiden frisch Vermählten aus der Nydeggkirche heraustreten, zieht der Umzug vorbei. Sogleich werden sie von den Feiernden der Pride bejubelt.

Foto: Kaspar Keller
Stephan läuft auf sogenannten Skyrunners am Kopf des Umzugs mit. «Es braucht ein bisschen Übung», sagt er, während er rückwärts über die Pflastersteine geht. Neben der Regenbogenfahne trägt er jene, die für Pansexualität steht. «Mit 18 habe ich mich als schwul geoutet. Ich wusste damals noch nicht, was pan ist», sagt der heute 30-Jährige.
Der Begriff Pansexualität bezeichnet die Anziehung zu Menschen, unabhängig von deren Geschlecht. Pansexuelle Menschen fühlen sich also zu Personen hingezogen, basierend auf deren ganz individuellen Eigenschaften, nicht aber aufgrund deren Geschlecht. Zwei Gründe nennt Stephan, weshalb er heute an der Pride mitläuft: «Um Leute kennenzulernen und um für mehr gesetzliche und gesellschaftliche Akzeptanz einzustehen.»

Foto: Kaspar Keller
Die bunte Schar bricht pünktlich um 14 Uhr auf zum Umzug durch die Stadt. Los geht es via Nägeligasse Richtung untere Altstadt. Die musikalische Begleitung reicht von Techno bis zu Abba.

Foto: Raphael Moser
Während einige Minuten zuvor der Zytglogge noch umstellt von Touristinnen und Touristen aus Fernost war, haben ihn die Demonstrierenden der Pride vorübergehend in Beschlag genommen. Zum Feel-good-Song «Barbra Streisand» von Duck Sauce tanzen nun tausende von Menschen durch die von oben bis unten mit den verschieden Fahnen der Pride beflaggte Altstadt. (kas)

Der Umzug zieht durch die untere Altstadt Richtung Mattequartier.
Foto: Raphael Moser
Die Bern Pride zeigt, wie vielfältig die Queer-Community ist. Insgesamt 33 Gruppen haben sich für Umzug und Festival angemeldet. So ist etwa die Gruppe Fetisch Bern ebenso unterwegs wie Queer Insel mit Angestellten der Insel-Gruppe, die Queer Officers aus Armeeangehörigen, oder Polizeiangestellte, die sich zu den Pink Cops verbunden haben.

Auch die Leute von QueerSport Bern laufen am Umzug mit. Sie bezeichnen sich als «Sportverein der Bernerregion für Lesben, Schwule, Transgender, Intersexe, Bi’s, non-binäre Personen, Queers und deren Freundinnen und Freunde, die Sport ohne Diskriminierungen praktizieren wollen».
Foto: Jürg Spori

Wo man hinblickt, die Regenbogen-Farben sind überall präsent.
Foto: Raphael Moser
Das ArtRave-Studio an der Gerechtigkeitsgasse diente dieses Jahr als Atelier, wo Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Pride ihre Forderungen für die Demonstration auf Plakate schreiben konnten. «Wir wollten einen Raum schaffen, wo sich Leute niederschwellig mit Kunst ausdrücken können», sagt ArtRave-Mitgründerin Anastasiia, die hier nur An genannt wird. Gemeinsam mit Mika organisieren sie seit einem Jahr einmal monatlich einen öffentlichen Anlass, sowie weitere Events für Private. Ursprünglich hat An begonnen, in der Ukraine Psychologie zu studieren. Heute arbeitet die 23-Jährige in der IT. (kas)

Bei Max und An konnte man an der Rathausgasse Plakate bemalen.
Foto: Kaspar Keller
Seit 11 Uhr haben Yuu aus Thun und Juan aus Madrid am Schminktisch beim Bollwerk viel zu tun. «Es wartet fast immer jemand», sagt Yuu. Vis-à-vis von Yuu kriegt Nina mehr und mehr Farbe aufgetragen. «Es macht mich einfach glücklich, mit so vielen Leuten, die auch queer sind, an einem gleichen Ort zu sein», sagt Nina. (kas)

Foto: kas

Foto: kas
Ab 13 Uhr versammeln sich die Teilnehmenden des Demoumzugs auf dem Waisenhausplatz. Von da wird ab 14 Uhr losmarschiert. Mit 3,5 Kilometern ist die diesjährige Route um einiges länger als in den vorherigen Jahren. Sie führt via Nydeggstalden durch das Matte- und Marziliquartier bis zum Bundesplatz. Hier steigt dann ab ca. 15.30 Uhr das Pride-Festival mit politischen Reden, einer Dragshow und Konzerten.
Die Kantonspolizei Bern weist darauf hin, dass die Umzugsroute für den Verkehr teilweise gesperrt sein wird. Bis zirka 24 Uhr ganz gesperrt sind der Waisenhausplatz (ab 12.30 Uhr) sowie der Bundesplatz (ab 13.30 Uhr).
In der Stadt Bern wollen am Samstag Menschen für die Anliegen der LGBTIQ-Community auf die Strasse gehen. «Zäme für Fröid, Widerstand und Liebi», so das Motto der Bern Pride 2025.
Trotz der Errungenschaften der letzten Jahre ist gemäss Pride Bern 2025 die rechtliche Gleichberechtigung für queere Personen in der Schweiz noch nicht erreicht. Zu den Forderungen zählen: Die Erweiterung der Antirassismusstrafnorm auf trans und intergeschlechtliche Personen. Die Option eines dritten Geschlechtseintrags. Ein Verbot von Konversionstherapien. Eine Verbesserung der rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien. Ein gleichberechtigter Zugang zur Fortpflanzungsmedizin. Und mehr sichere Orte für die queere Community – insbesondere auch in der Gesundheitsversorgung.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
11 Kommentare