Im Tessin erwartet unser Hotelkolumnist rustikale Alpenchalets, stattdessen erlebt er im Fünf-Sterne-Haus „Giardino Ascona“ ein mediterranes Flair, das auch die deutsche Nationalelf schon begeistert hat

Im Tessin beginnt Italien mit Schweizer Präzision, denn die Busse fahren auf die Minute pünktlich. In dieser Region finde ich alles, was ich gerade brauche: Ruhe ohne Langeweile, Stil ohne bornierte Attitüde, Natur pur, ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Dazu jener stille Übergang zwischen Norden und Süden – mit Palmen am Seeufer, Kastanienwäldern auf den Hügeln und einer seltenen Gelassenheit.

Wer hier Urlaub macht, der stößt früher oder später auf das „Giardino Ascona“, schließlich prägt das Haus diesen Landstrich seit knapp vier Jahrzehnten wie kein zweites. Seine Eröffnung 1986 wirkte wie ein Aufbruch: farbenfroh und verspielt, international, relaxt und somit ein selbstbewusster Gegensatz zur recht konservativen Hotellandschaft der Gegend. Ein Hauch Miami Beach am Lago Maggiore. Was von diesem Geist übrig ist, das will ich vor Ort herausfinden.

Die Junior-Suite bietet 52 Quadratmeter hell möblierten Wohnraum und eine eigene Terrasse

© Giardino Ascona

Mediterraner Garten mit Zimmern

In der Lobby trete ich mitten in eine große, festlich gekleidete Hochzeitsgesellschaft, deren Freude und Energie ansteckend ist. Ich bahne mir meinen Weg durch dieses zufällige Empfangskomitee, zu dem auch Jogi Löw gehört. Seine Nichte heirate hier, erfahre ich später, und der ehemalige Bundestrainer gehöre ohnehin zu den Stammgästen. Seit die deutsche Nationalmannschaft sich im „Giardino Ascona“ auf die EM 2008 vorbereitete, checke er jedes Jahr zwei bis dreimal ein.

Seit den 1980er-Jahren hat sich das Hotel stark verändert, von einer einfachen Anlage im Campingplatz-Stil zu einem üppigen weitläufigen Garten mit Zimmern – umgeben von Eukalyptus- und Zitronenbäumen, Ginstersträuchern sowie frisch gepflanzten Kräutern.

Das „Giardino Ascona“ wurde im Mai 1986 vom legendären Schweizer Hotelier Hans C. Leu gegründet, als Gegenentwurf zur klassischen Grandhotellerie im Tessin. Statt dunkler Holztäfelung und dicken Teppichen wurde mediterrane Leichtigkeit zum Leitmotiv. Seit 2006 leiten Daniela und Philippe Frutiger das Haus und entwickelten dieses Konzept stetig weiter. Es bildet das Herzstück ihrer Hotelvereinigung „Giardino Group“ mit drei Häusern, die sich zwischen Lago Maggiore und Engadin verteilen.

Was mich überrascht: Das Hotel ist wenige Kilometer von der italienischen Grenze entfernt, doch ich treffe nur wenige Italiener. „Die Gäste kommen mehrheitlich aus der Schweiz, danach folgen Deutschland und die USA“, erklärt General Manager Wolfram Merkert. „Die Italiener fahren lieber ans Meer oder in die Berge, nicht an den See.“ Schade eigentlich, denke ich, denn hier verpassen sie etwas.

Das „Giardino Ascona“ bringt mediterrane Lebensart und Tessiner Tradition in feiner Balance zusammen

© Giardino Ascona

Schweizer Tessin: Toskana-Flair mit Alpenblick

Das Interieur ist durchdacht und steckt voller Details, eine liebevolle Hommage an das Lebensgefühl Italiens. Über das Gelände verteilen sich Seerosen- und Koi-Teiche, ein Yogapavillon, Innen- sowie Außenpool, Daybeds und andere kleine Rückzugsorte. Die Architektur folgt ebenfalls einer gewissen Toskana-Ästhetik: viel Naturstein, warme Erdtöne und Terrassen, die sich an den mediterranen Garten schmiegen. 

Zypressen und Obsthaine umgeben Villen, in deren Zentrum ein majestätischer, rund 150 Jahre alter Olivenbaum steht. Aus den Früchten der Anlage entstehen übrigens hausgemachte Marmeladen. Die 53 Zimmer und 18 Suiten wirken luftig und elegant, mit hellen Materialien, feinen Stoffen und frischen Farbakzenten. Eine gelungene Balance zwischen südeuropäischer Optik und modernem Komfort.

Exklusive Einblicke in die Welt der Luxusreisen

Neben den regelmäßigen Kolumnen „Rath checkt ein“ veröffentlicht Capital gemeinsam mit dem Hotelexperten und Herausgeber der „101 Besten“, Carsten K. Rath, den Sammelband „Die 101 besten Hotels: Deutschland 2025“. Eine Bestellung des Buches ist per E-Mail an board@i-sle.ch möglich oder online unter www.die-101-besten.de/buchband.

Das „Giardino Ascona“ gehört zum internationalen Verbund der „Design Hotels“. Das passt, gestalterisch wie atmosphärisch, finde ich. Der einzige Wermutstropfen ist die Technik. Die Schweiz mag keine Bodenschätze besitzen, dafür ist sie ein Pionierland der Innovation, schließlich testen hier Techriesen wie Google und Apple ihre Produkte. Erstaunlich daher, dass im „Giardino“ die Einwahl ins WLAN zur Geduldsprobe wird. Nach sieben vergeblichen Versuchen hilft mir ein sehr herzlicher Mitarbeiter weiter.

Die spektakuläre Blumenwand im „Ristorante Ecco Ascona“ besteht aus über 11.000 echten Rosenblüten

© Giardino Ascona

Tessins beste Aromaküche

Von den beiden Restaurants im „Giardino Ascona“ – dem entspannten, mediterranen „Hide & Seek“ und dem Fine-Dining Restaurant „Ecco Ascona“ – begeistert mich vor allem letzteres. Hier wird Küche zur Kunst erhoben, und aus saisonalen, überwiegend regionalen Zutaten entstehen Gerichte mit überraschenden Texturen, Aromen und Ideen kombiniert. Was auf dem Teller landet, ist fast so eindrucksvoll wie die Blumenwand, die zusammen mit Kronleuchtern und Seeblick ein sehr exklusives Ambiente schafft.

Keine Frage, Küchenchef Reto Brändli versteht sein Handwerk – und wie! Viele Jahre lang kochte er als Nachfolger von Hendrik Otto im renommierten „Lorenz Adlon Esszimmer“ in Berlin, das ich im Rahmen der Wiedereröffnung des „Adlon“ einst mitverantwortete. Und seine neue Wirkungsstätte, davon bin ich überzeugt, hat zwei Michelin-Sterne und 18 Gault&Millau-Punkte verdient. Wer weiß, vielleicht bestätigt die Verkündung der neuen Punktezahlen im Rahmen einer Sommerparty des Gault&Millau in Bad Ragaz ja meine Prognose. Brändlis Menü ist herausragend: präzise, kreativ und voller aromatischer Tiefe. Wenn der Service jetzt noch etwas herzlicher und weniger trocken auftritt, dann könnte sogar der dritte Stern in greifbare Nähe rücken. Das wünsche ich Reto Brändli von Herzen, denn er tischt kulinarische Weltklasse auf.

Der beheizte Indoor-Pool des „dipiù“-Spa ist nur ein Highlight des ganzheitlichen Wellness-Konzeptes

© Giardino Ascona

Zwischen Golfplatz und Wellness

Vom benachbarten 18-Loch-Platz „Patriziale Ascona“ höre ich hin und wieder das leise „Plopp“ eines eingelochten Balls. Ein diskreter Klang, der Teil der Kulisse wird. Das Hotel ist bestens auf Golfer eingestellt und bietet mit dem „Golf-Check-up“ ein eigens entwickeltes Programm: Innerhalb einer Stunde werden Rotation, Koordination und Stabilität beim Spiel analysiert. Eine feine Idee für ambitionierte Freizeitspieler.

Wer weniger ans Handicap und mehr an Erholung denkt, der begibt sich ins „dipiù“-Spa. Auf rund 1300  Quadratmetern findet man alles, was Körper und Geist guttut: Sauna, Fitness, ein beheizter Hotspring und ein separater Bereich für Kinder. Einen besonderen Schwerpunkt bilden Ayurveda-Rituale, die fernöstliche Tradition mit moderner Relax-Kultur verbinden. Das geht über klassische Wellness-Angebote hinaus und bestätigt den Namen des Spa, denn „dipiù“ bedeutet auf Italienisch so viel wie „mehr“.

Auch abseits von Fairway und Dampfbad hat die Umgebung ihren Reiz. Also spaziere ich die Uferpromenade von Ascona entlang und erkunde auf Wanderwegen die nahen Hügel. Ein besonderer Tipp ist das „Giardino Lago“, das Schwesternhotel in Minusio-Locarno, direkt am Wasser und nur 15 Autominuten entfernt. Der Weg dorthin ist romantisch, das hoteleigene Restaurant liegt direkt über dem See – ein idealer Ort, um den Tag entspannt ausklingen zu lassen.

Mein Fazit: Das „Giardino Ascona“ bietet eine unaufgeregte Eleganz, naturnahe Entspannung und hochwertige Gastronomie in einer geschmackvollen, hochwertigen Verpackung. Wer sich nach südländischem Flair mit schweizerischem Anspruch sehnt, der ist an diesem Wohlfühlort im Tessin goldrichtig.

Tipps für Ihren Aufenthalt

Historisches Borgo: Die Altstadt von Ascona besticht mit ihren verwinkelten Gassen, kleinen Plätzen und gut erhaltenen Häusern. Ein besonderes Highlight ist die Kirche St. Peter und Paul („Chiesa dei Santi Pietro e Paolo“) aus dem 16. Jahrhundert.

Lago Maggiore: Besonders stilvoll lässt sich die Region vom Wasser aus erkunden, an Bord der exklusiven Giardino-Yacht. Das von einem privaten Skipper begleitete Luxuserlebnis ist über den Concierge buchbar.

Monte Verità: Dieser geschichtsträchtige Ort liegt oberhalb von Ascona und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum Rückzugsort für Künstler, Intellektuelle und Lebensreformer. Heute lädt das Gelände mit Park, Ausstellung und Café zu Ausflügen ein.

Raths Reise-Rating

1 Ganz großes Kino

2 Wenn’s nur immer so wäre

3 Meckern auf hohem Niveau

4 So lala, nicht oh, là, là

5 Besser als im Hostel

6 Ausdrückliche Reisewarnung
 

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