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Während in Deutschland der Acht-Stunden-Tag heiß diskutiert wird, geht Griechenland als erstes EU-Land zum 13-Stunden-Tag über – auch als Antwort auf den Fachkräftemangel.
Athen – In Griechenland kann bald noch mehr gearbeitet werden: Dort plant man als erstes EU-Land die Einführung eines flexiblen 13-Stunden-Arbeitstages. Die griechische Regierung will im September einen Gesetzentwurf vorlegen, der Arbeitstage von bis zu 13 Stunden ermöglichen soll. Arbeits- und Sozialministerin Niki Kerameos sieht darin eine Möglichkeit, den akuten Fachkräftemangel im Land zu bekämpfen.
13-Stunden-Tag: Viele Griechen müssen in mehreren Jobs arbeiten
Der Entwurf sieht demnach vor, dass Arbeitnehmer maximal an 37 Tagen im Jahr 13 Stunden arbeiten dürfen, wobei die Regelarbeitszeit von 40 Wochenstunden beibehalten wird. „Im Alltag holt das Gesetz etwas nach, was für viele Menschen bereits Realität ohne Rechtsgrundlage war“, ordnet Jens Bastian, Ökonom und Griechenland-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik, gegenüber der Wirtschaftswoche ein. Tatsächlich arbeiten viele Griechen bereits in mehreren Jobs, um mit den steigenden Lebenshaltungskosten Schritt zu halten.

Lange im Büro? In Griechenland kann bald noch mehr gearbeitet werden: Dort plant man als erstes EU-Land die Einführung eines flexiblen 13-Stunden-Arbeitstages. (Symbolbild) © Zacharie Scheurer/dpa-tmn
In Griechenland schraubt man schon länger an den Arbeitszeitgesetzen: Schon voriges Jahr führte das Mittelmeer-Land die Sechs-Tage-Woche ein – auf Freiwilligenbasis. Für den sechsten Tag gibt es zudem üppige Gehaltsaufschläge. Grund für die Gesetze ist der große Fachkräftemangel. In Griechenland hat die schwere Finanzkrise von 2010 bis 2018 zu einer massiven Abwanderung gut ausgebildeter junger Menschen geführt; hunderttausende Stellen sind unbesetzt.
Merz-Regierung will an Deutschlands Acht-Stunden-Tag rütteln
Nicht nur Griechenland möchte auf Arbeitszeitflexibilisierung setzen: Auch die aktuelle Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) möchte gerne den in Deutschland geltenden Acht-Stunden-Tag abschaffen. Union und SPD wollen stattdessen einen wöchentlichen Rahmen für die Arbeitszeit einführen. Der Acht-Stunden-Tag gilt seit 1918 in Deutschland. Im Arbeitszeitgesetz heißt es heute: „Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten.“ Nur in Ausnahmen sind zehn Stunden pro Tag möglich.
Doch deutsche Arbeitnehmer sehen solche Vorstöße skeptisch. Eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ergab, dass 72 Prozent der Befragten nicht länger als acht Stunden pro Tag arbeiten möchten. Zudem wünschen sich 95 Prozent der Befragten ihren Feierabend spätestens um 18 Uhr.
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi kritisiert die Pläne zur Abschaffung des 8-Stunden-Tages in Deutschland scharf: „Eine Verlängerung der täglichen Höchstarbeitszeit löst keines der Probleme der deutschen Wirtschaft“. Sie betont, dass solche Vorhaben „an der Realität der Beschäftigten völlig vorbei“ gehen.
Flexible Arbeitszeiten: „Wir brauchen das in Deutschland jetzt endlich auch“
Doch: Auch in Deutschland herrscht Fachkräftemangel, in vielen Branchen fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert eine schnelle Reform des Arbeitszeitgesetzes: „Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit passt besser in das Zeitalter der Digitalisierung als die strikte tägliche Höchstarbeitszeit. Wir brauchen das in Deutschland jetzt endlich auch.“ Die Regierung hat dazu Ende Juli einen Sozialpartnerdialog zum Arbeitszeitgesetz gestartet – ein konkreter Vorschlag wird mit Spannung erwartet. (lma mit dpa)