Die Bundesregierung hat den israelischen Angriff in Gaza, bei dem fünf Journalisten getötet wurden, kritisiert und Aufklärung gefordert. “Die Tötung von Journalisten verurteilen wir – ganz grundsätzlich”, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag. Es sei an Israel, zu erklären, “warum dieser Angriff in dieser Art stattgefunden hat”. Die israelische Armee hatte am Sonntag ein Journalistenzelt vor dem Schifa-Krankenhaus in Gaza angegriffen und fünf Journalisten getötet, darunter auch den Al-Dschasira-Korrespondenten Anas al-Scharif.
Die israelische Armee (IDF) bestätigte den Angriff. Sie bezeichnete
Al-Scharif als “Anführer einer Terrorzelle der Terrororganisation Hamas
und
verantwortlich für Raketenangriffe auf israelische Zivilisten und
IDF-Truppen”.
Der Sprecher des deutschen Außenamts erklärte, wenn Israel sage, dass der Angriff einer Person gegolten habe, “ist zunächst einmal die Frage zu beantworten, warum dabei fünf Kollegen getötet wurden”. Zudem müsse Israel darlegen, wie der Verlust des Schutzstatus des Journalisten “überhaupt zu rechtfertigen ist”.
Kritik an nicht überprüfbaren israelischen Vorwürfen
Zur Begründung verwies die israelische Armee auf Geheimdienstinformationen und Dokumente,
die Al-Scharifs “militärische Zugehörigkeit zur Hamas” sowie “die
Integration des Hamas-Terroristen in das
katarische Al-Dschasira-Netzwerk” belegen sollen. Al-Dschasira hatte solche Beschuldigungen in der Vergangenheit bereits als haltlos zurückgewiesen und
Israel ein gezieltes Vorgehen gegen Mitarbeiter des Senders vorgeworfen.
Die Internationale Journalisten-Föderation (IJF) verurteilte die gezielte Tötung des Al-Dschasira-Reporters Anas al-Scharif und anderer Berichterstatter durch die israelische Armee in Gaza aufs Schärfste. Dies sei das Ergebnis israelischer Verleumdung und ein Kriegsverbrechen, sagte Generalsekretär Anthony Bellanger. Die IJF, größter Dachverband nationaler Journalistenverbände, rief die Vereinten Nationen auf, ein verbindliches Abkommen zur Sicherheit von Medienschaffenden zu verabschieden.
Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) verurteilte den Angriff. “Wir verlangen
Aufklärung über die Hintergründe der Tötungen”, sagt
DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster. Dass auf Grundlage von nicht
überprüfbaren Vorwürfen gezielt Jagd auf Medienschaffende gemacht werde,
sei nicht hinnehmbar.
Journalistenvereinigung: Verleumdungskampagne sollte Tötung rechtfertigen
Das Komitee zum Schutz von Journalisten kritisierte die
israelische Praxis, “Journalisten ohne glaubwürdige
Beweise als Militante zu bezeichnen”. Journalisten
dürften als Zivilisten niemals Zielscheibe sein.
Die Organisation nannte den 28-jährigen Al-Scharif “eine Hauptquelle für Nachrichten aus Gaza für ein internationales Publikum”. Die Organisation hatte bereits im Juli vor einer Verleumdungskampagne gegen den Journalisten gewarnt. “Dies ist nicht das erste Mal, dass Al-Scharif vom israelischen Militär angegriffen wird, doch die Gefahr für sein Leben ist akut”, hieß es in einer Mitteilung. “Diese jüngsten unbegründeten Anschuldigungen stellen einen Versuch dar, Konsens für die Tötung Al-Scharifs herzustellen.”
Kurz zuvor über israelische Angriffe berichtet
Al-Scharif
hatte seine Tötung bereits befürchtet. Kurz nach seinem Tod wurde auf
seinem X-Account ein Beitrag veröffentlicht, den er für den Fall seines
Todes hinterlassen hatte. “Wenn diese Worte Sie erreichen, wissen Sie,
dass es Israel gelungen ist, mich zu töten und meine Stimme zum
Schweigen zu bringen”, hieß es darin.
Noch am Sonntag hatte Al-Scharif im Onlinedienst X von “intensiver,
konzentrierter israelischer Bombardierung der Stadt Gaza” berichtet.
Einer seiner letzten Beiträge enthielt ein kurzes Video, das israelische
Angriffe auf die Stadt zeigte. In der Mitteilung nach seinem Tod schrieb Al-Scharif, er habe trotz Trauer und Verlust “keinen einzigen Tag gezögert, die Wahrheit so zu vermitteln, wie sie ist, ohne Fälschung oder Verfälschung”.
Die IJF sammelt
nach eigenen Angaben seit Oktober 2023 Beweise für Angriffe auf palästinensische Journalisten durch israelische Streitkräfte, um beim
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Klage einzureichen. Laut
dem Dachverband wurden seit Kriegsbeginn mindestens 180 palästinensische
Journalisten und Medienmitarbeiter im Gazastreifen getötet. Das von der Hamas geführte Regierungspressebüro in Gaza gab die Zahl der seit Kriegsbeginn getöteten Journalisten mit 237 an.
Da der Gazastreifen abgeriegelt ist, sind viele Medien weltweit auf Text-, Foto- und Videoberichterstattung palästinensischer Reporter für internationale Nachrichtenagenturen angewiesen.
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