Nach dem Treffen von US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen zeigt sich in der internationalen Presse deutliche Kritik und Unverständnis. Die ukrainische Plattform Kyiv Independentfasste das Ereignis folgendermaßen zusammen: “Widerlich. Beschämend. Und letztendlich nutzlos.” Während sein Vorgänger Joe Biden den russischen Präsidenten einst als Mörder bezeichnete, habe Trump ihm einen “königlichen Empfang” bereitet. Das Treffen hatte keine nennenswerten Fortschritte bei den Verhandlungen um ein Ende des Krieges gegen die Ukraine gebracht. 

“Die russische Delegation machte keinen Hehl aus ihrer Verachtung für die Gespräche”, heißt es in dem Artikel weiter. Anschließend wird auf den Pullover von Russlands Außenminister Sergej Lawrow verwiesen, auf dem unter einer schwarzen Daunenweste die Buchstaben CC sichtbar waren. Diese dürften ein Teil des Wortes CCCP gewesen sein, was die russische Abkürzung für die Sowjetunion ist.

Die Schweizer Neue Zürcher Zeitung schreibt ebenfalls mit Blick auf die Kleidung Lawrows: “Im Grunde ist das bescheidene Ergebnis des Gipfels aber wenig überraschend.” Es sei kein Geheimnis, dass der Zerfall der Sowjetunion für Putin eine
große Katastrophe gewesen sei und er das alte Imperium am liebsten wieder
auferstehen lassen wolle. “Diesen Traum wird der Kremlchef nur unter großem Druck aufgeben.”

Der US-amerikanische Independent ging zudem auf Putins Einladung nach Moskau und Trumps “seltsame Erwiderung” ein. Der US-Präsident hatte darauf geantwortet, dass er “dafür etwas Kritik einstecken würde, aber ich könnte mir vorstellen, dass es passieren könnte”. In dem Artikel heißt es weiter: “Die herzliche Begrüßung und das gegenseitige Lob dürften bei Selenskyj und den europäischen Verbündeten Besorgnis ausgelöst haben, da Putin die seit Langem vertretene Position wiederholte, dass die von Russland als ‘Grundursachen’ des Konflikts bezeichneten Faktoren beseitigt werden müssen, um Frieden zu erreichen.”

Mögliche Chance für Ukraine und Europäer

Die französische Zeitung Le Monde wertet den Misserfolg Donald Trumps hingegen als Chance für die Ukraine sowie ihre europäischen Unterstützer. “Sie werden nicht vor vollendete Tatsachen gestellt und dazu gezwungen, im Austausch für einen Waffenstillstand territoriale Zugeständnisse oder sogar eine ‘Finnlandisierung’ der Ukraine mit vagen Sicherheitsgarantien zu akzeptieren”, schreibt sie. “De facto sind sie wieder im Spiel, da Donald Trump es nicht geschafft hat, die Angelegenheit allein zu lösen.” Mit Finnlandisierung wird auf die Rolle Finnlands während des Kalten Krieges verwiesen, als das Land die
Interessen der benachbarten Sowjetunion gewissermaßen freiwillig berücksichtigte.

Einen ähnlichen Schluss zieht der österreichische Standard. “Das sind schlechte Nachrichten für die Bevölkerung der Ukraine und alle
Europäer”, heißt es dort. “Und gleichwohl ist es mutmaßlich das beste Ergebnis, das diese
Konstellation hervorbringen konnte.” Trump sei von der Macht Putins fasziniert. “Ein Staatenlenker, der sich von einem Aggressor derart plump einseifen lässt, ist ein schlechter Anwalt des Opfers.”