Artikel 5 ist der Kern des Nato-Vertrags. Die 32 Mitgliedsländer der Allianz sagen einander darin zu, einen bewaffneten Angriff auf ein Land als Angriff auf alle Staaten anzusehen und sich bei der Abwehr gegenseitig beizustehen – frei nach dem berühmten Musketier-Motto: Einer für alle, alle für einen. Rechtlich gesehen bedeutet diese Beistandsverpflichtung nicht, dass ein Nato-Staat einem anderen militärisch helfen muss. Jedes Land kann souverän entscheiden, wie sein Beitrag im Kriegsfall aussieht. Das führt zu einem Dilemma: Seit der Gründung der Nato vor 76 Jahren wurde Artikel 5 in der Praxis stets so verstanden, dass ein Angriff auf ein Mitglied der Allianz mehr oder weniger automatisch zu einer Konfrontation mit allen anderen Mitgliedern führen würde – vor allem mit der Groß- und Atommacht USA. Artikel 5 war die völkerrechtliche Grundlage für den höchst effektiven militärischen Schutzschirm, den Amerika über Europa aufgespannt hat. Die Abschreckungskraft von Artikel 5 hängt jedoch weitgehend von der Glaubwürdigkeit ab, mit der US-Präsidenten versichern, dass sie sich im Ernstfall daran halten. Und Donald Trump hat in dieser Hinsicht immer wieder mal Zweifel gesät.