EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Zolleinigung der EU mit US-Präsident Donald Trump gegen Kritik verteidigt. Die Vereinbarung stehe für eine “bewusste Entscheidung – Stabilität und Berechenbarkeit statt Eskalation und Konfrontation”, schrieb die EU-Kommissionspräsidentin in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). “Stellen Sie sich nur einmal vor, die beiden größten Wirtschaftsmächte der demokratischen Welt hätten sich nicht geeinigt und einen Handelskrieg begonnen – gefeiert worden wäre das einzig und allein in Moskau und Peking.”
Mit Blick auf die vereinbarten US-Zölle von maximal 15 Prozent schrieb von der Leyen, man habe sich auf einen starken, wenn auch nicht perfekten Deal geeinigt. “Mit Vergeltungszöllen unsererseits würden wir Gefahr laufen, einen teuren Handelskrieg mit negativen Folgen für unsere Beschäftigten, Verbraucher und unsere Industrie zu befeuern.”
Kritik wegen besserer Konditionen für die USA
Die EU-Kommission war zuvor wegen ihrer
Verhandlungsführung kritisiert worden. Unter den Kritikern befindet sich auch
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD): “Wir müssen uns schon fragen, wie
es sein kann, dass die Europäische Union mit 27 Staaten und 450
Millionen Bürgerinnen und Bürgern am Ende so schwach dasteht”, äußerte er
sich in Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Ich wünsche mir, dass wir
eine europäische Stärke entwickeln und nicht länger am Katzentisch
sitzen.”
Die USA haben bei den Verhandlungen bessere Konditionen durchgesetzt, als sie für europäische Unternehmen gelten. Die EU hatte den Deal aber akzeptiert, weil ohne Einigung ab dem 1. August US-Zölle in Höhe von 30 Prozent gedroht hätten. Hinzu kam die Sorge, Trump könnte im Fall eines verschärften Konflikts neue Drohungen aussprechen.
Trump und von der Leyen hatten die Einigung Ende Juli in Schottland zunächst nur mündlich vereinbart. Zuletzt kündigten sie ein Rahmenabkommen zur Umsetzung der Einigung an. Demnach soll der US-Zoll von 15 Prozent für die meisten europäischen Produkte gelten. Auch die europäischen Autohersteller können mit einem US-Zoll von 15 Prozent kalkulieren statt der noch geltenden 27,5 Prozent. Vor dem Amtsantritt Trumps hatte der Zollsatz allerdings bei 2,5 Prozent gelegen. Zölle auf US-Industriegüter dagegen sollen vollständig abgeschafft werden, und Barrieren für den Import von bestimmten Lebensmitteln sollen fallen.
Von der Leyen will EU-Handelsbeziehungen diversifizieren
Die EU sicherte Trump zudem zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energieträger im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Zusätzlich versprach die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Rechtsverbindlich ist die gemeinsame Erklärung nicht. Die EU muss jedoch befürchten, dass Trump wieder einseitig Zölle erhöht, wenn Verabredungen nicht umgesetzt werden. Auf den EU-Vorschlag, gegenseitig vollständig auf Zölle auf Industriegüter zu verzichten, gingen die USA nicht ein.
Die EU-Kommissionspräsidentin kündigte in der FAZ weiterhin eine stärkere Diversifizierung der europäischen Handelsbeziehungen an. “Deshalb haben wir in den vergangenen Monaten Handelsvereinbarungen mit Mexiko und dem Mercosur geschlossen und unsere Beziehungen zur Schweiz und zum Vereinigten Königreich vertieft. Deshalb haben wir unsere Gespräche mit Indonesien abgeschlossen und wollen bis zum Jahresende zu einer Einigung mit Indien kommen”, schrieb von der Leyen.