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Unia-Chefin will Schweizer Firmen bevorzugen
Der Staat soll Aufträge vermehrt an Schweizer Unternehmen vergeben. Wegen internationaler Regeln bräuchte es dafür jedoch Tricks.

Unia-Präsidentin Vania Alleva will Schweizer Unternehmen mit öffentlichen Aufträgen unterstützen.
Foto. Nicole Philipp
Der Bund und die Kantone sollen bei der Vergabe von Aufträgen in Zukunft Schweizer Hersteller vorziehen. Das fordert die Unia-Präsidentin Vania Alleva. Mit einer «nachhaltigen Industriepolitik» will sie den Werkplatz stärken. Wie wichtig das sei, zeigten die Verwerfungen um die amerikanischen Strafzölle.
Seit einem Monat sind die 39-Prozent-Zölle gegen die Schweiz in Kraft. Während grosse Teile der Schweizer Wirtschaft von diesen zumindest vorübergehend unberührt bleiben, sind besonders exportorientierte KMU in ihrer Existenz bedroht. Eine Schätzung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften beziffert den potenziellen Schaden für die Schweizer Firmen auf rund 4 Milliarden Dollar Gewinneinbussen. Das dürfte nicht nur die Unternehmerinnen und Unternehmer treffen, sondern auch Arbeitsplätze und langfristige Investitionen bedrohen.
Hier will Alleva mit ihrem Vorschlag ansetzen, wie sie zuerst gegenüber dem «SonntagsBlick» sagte. Der Schweizer Staat gibt gemäss einer Schätzung der OECD fast zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für öffentliche Aufträge aus, was rund 80 Milliarden Franken entspricht. «Das sind enorme Beträge und ist ein starkes wirtschaftliches Steuerelement», sagt Alleva.
Bund und Kantone dürfen Schweizer Firmen nicht bevorzugen
Beispielsweise sollten die SBB bei der Beschaffung von neuen Zügen auf die volkswirtschaftlich nachhaltigsten Anbieter setzen und Schweizer Unternehmen bevorzugen. Das hälfe nicht nur Stadler Rail und Alstom, sondern auch rund 170 kleineren Schweizer Zulieferern, sagt die Unia-Präsidentin. «Davon profitiert das Land viel stärker als von Deregulierung und Investitionen in die Rüstungsindustrie, wie sie unter anderem der Wirtschaftsverband Swissmem fordert.»
Aktuell dürfen die Behörden Schweizer Hersteller nicht bevorzugen. Die Schweiz ist Mitglied mehrerer Übereinkommen, die eine Gleichbehandlung von in- und ausländischen Firmen verlangen. Bei öffentlichen Ausschreibungen dürfen deshalb lediglich objektive Kriterien wie der Preis und die Qualität entscheiden. Würde die Schweiz offiziell die hiesigen Unternehmen bevorzugen, drohten Gegenmassnahmen.
Dessen ist sich auch Alleva bewusst. Sie verweist deshalb auf die 2021 neu eingeführten Zusatzkriterien bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Diese ermöglichen es zum Beispiel, Angebote auch auf ihre Nachhaltigkeit zu prüfen und strategische Aspekte zu berücksichtigen. Von den Behörden fordert Alleva, diese Kriterien konsequent zu gewichten. «Heute wird immer noch zu stark auf den Preis geschaut. Dabei könnten gerade bei Umwelt- oder sozialen Kriterien Schweizer Unternehmen punkten.»
Swissmem fordert weitere Freihandelsabkommen
Wie viel Geld der Bund und die Kantone heute an ausländische Firmen zahlen, ist schwierig zu beziffern. Der Bund führt dazu keine offizielle Statistik. Zahlen aus den Kantonen lassen einen tiefen Anteil vermuten.
Für Stefan Brupbacher, Direktor des Dachverbands der Schweizer Tech-Industrie Swissmem, ist deshalb klar, dass das Beschaffungswesen allein die Zollprobleme seiner Branche nicht lösen wird. Aber er ist sich mit Alleva einig, dass die Behörden die aktuellen Regeln stärker zugunsten von Schweizer Unternehmen anwenden könnten – auch ohne internationale Regeln zu brechen.
«Das würde zumindest einigen von unseren Mitgliedern helfen», sagt Brupbacher. Es brauche jedoch noch weitere Massnahmen. Swissmem fordert unter anderem den Abschluss neuer Freihandelsabkommen, mehr Innovationsförderung und keine höheren Sozialabgaben.
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