„Bin ich gut genug? Habe ich das Niveau, um mitzuspielen?“ Mit diesen Fragen beschäftigen sich laut Lena Rocca viele Gamerinnen in Luxemburg. Die 26-Jährige war die erste und einzige Frau, die es ins Dress der Nationalmannschaft im E-Sport geschafft hat. Das war 2022. Damals hat sie im Mixed-Team an den Weltmeisterschaften in Bali teilgenommen.

Der Versuch 2023 ein reines Frauenteam, für die es eigene Wettbewerbe gibt, aufzustellen, scheiterte. Die Gründe dafür waren vielfältig. So gab es zum einen nur wenige Frauen, die das Spiel Counter Strike, welches Rocca zockte, gespielt haben. Zum anderen sei der Wettbewerbsaspekt teilweise abschreckend gewesen. „Manche wollen einfach nur zu Hause sitzen. Sie haben keine Lust, auf einer Bühne zu spielen“, meint Rocca.

Es gibt nicht wirklich eine Anlaufstelle in Luxemburg, durch die man das richtige Team für sich finden kann.

Lena Rocca

Trainingsverpflichtungen und Selbstzweifel seien weitere problematische Faktoren. „Ich habe mit vielen Frauen geredet, die ich für mein Team rekrutieren wollte. Die meisten sagten, sie wären nicht gut genug und fragten, ob ich denke, dass sie es schaffen würden“, erzählt die Gamerin. Auch die fehlenden Ansprechpartner würden die Hemmschwelle für Frauen vergrößern. „Es gibt nicht wirklich eine Anlaufstelle in Luxemburg, durch die man das richtige Team für sich finden kann“, gibt Rocca zu bedenken.

Nicht genügend Frauen für ein Team gefunden zu haben, hat die 26-Jährige, die in Aachen lebt, frustriert. „Es wäre cool gewesen, Luxemburg als Frauen-Nationalmannschaft zu vertreten. Dass es nicht funktioniert hat, hat an meiner Motivation gezerrt“, gesteht sie.

Mittlerweile gibt es eigene Wettbewerbe für reine Frauenteams. Foto: ESports World Cup

Aus beruflichen Gründen hat Rocca zuletzt zudem selbst kaum Zeit, zu spielen. „Das Zocken ist jetzt nicht mehr meine Priorität.“ Zwar sitze sie immer noch gerne für ein paar Runden mit Freunden am PC, jedoch längst nicht mehr so aktiv wie früher. Sollte zu irgendeinem Zeitpunkt aber doch ein Frauenteam entstehen, würde das Zocken wieder in ihren Fokus rücken. „Bei so einer Gelegenheit wäre ich sofort dabei“, so Rocca.

Eigene Wettbewerbe

International sind Frauen im E-Sport mittlerweile keine Seltenheit mehr. So waren beim diesjährigen World Cup, der im Juli und August in Saudi-Arabien stattfand, einige Gamerinnen mit ihren Teams am Start. Und das mit Erfolg. Zehn Spielerinnen ergatterten in Mixed-Wettbewerben mit ihren Teams einen Platz auf dem Treppchen.

Dass Frauen im E-Sport immer mehr gefördert werden, ist eine Entwicklung, die Rocca bereits vor zwei Jahren wahrgenommen hat. „Jedes Land, das eine Mannschaft zusammenstellen konnte, hat ein Frauenteam geschickt“, erinnert sie sich und findet: „Es kann über die Jahre nur mehr werden“.

Ich hätte kein Problem damit, gegen ein Männerteam zu spielen.

Lena Rocca

Die Bühne, die den Frauen durch ihre eigenen Wettbewerbe geboten wird, trägt ebenfalls dazu bei. Obwohl eine Aufteilung nach Geschlecht für Rocca nicht nötig wäre. „Beim E-Sport kommt es nicht darauf an, wie man körperlich gebaut ist“, argumentiert sie. „Ich hätte kein Problem damit, gegen ein Männerteam zu spielen. Das wäre sogar interessant.“

Die Akzeptanz der Spielerinnen ist in der Szene gestiegen. „Die meisten sind sehr offen gegenüber Frauen“, meint Rocca. Im Nationalteam wurde sie von den Männern gut empfangen. „Sie haben mich als Mitglied aufgenommen und mich nicht anders behandelt als die anderen.“

Das scheint allerdings nicht immer der Fall zu sein, wie die 26-Jährige aus diversen Gesprächen mit anderen Gamerinnen weiß. „Wenn man immer hört, dass Frauen nicht zocken können, verstehe ich, dass manche eingeschüchtert sind.“ Eine eigene Förderung könne in Luxemburg deshalb nicht schaden. Zumal es diese in anderen Ländern längst gibt. „Ich habe online mal mit Frauen aus Rumänien gespielt. Die haben alle ein Team und kennen sich teilweise untereinander“, erzählt Rocca. So etwas sollte es ihrer Meinung nach auch im Großherzogtum geben. „Das wäre definitiv besser. Man würde sich dann wohler fühlen“, erklärt sie.

Der Wohlfühlfaktor spielte für einige Spielerinnen auch bei Roccas Anfrage eine Rolle. Die Weltmeisterschaft, an der sie 2023 mit dem Frauenteam teilnehmen wollte, hat, wie der World Cup in diesem Jahr, in Saudi-Arabien stattgefunden. Laut Rocca hätten der Austragungsort und die dortige Haltung gegenüber Frauen manche zu einer Absage bewogen.

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In diesem Jahr stellte das Gastgeberland allerdings selbst zwei reine Frauenteams und lud mit der Schweizer Fußballnationalspielerin Alisha Lehmann zudem ein prominentes Gesicht aus der weiblichen Sportwelt ein. Diese sagte dort während eines Interviews, dass sie selbst gerne zocke.

Aussagen wie diese ließen die Aufmerksamkeit für Frauen vor den Bildschirmen größer werden. Auch Rocca sehe sich in der Vorbildfunktion für andere Gamerinnen hierzulande. „Ich sage immer: ‚Traut euch und macht das, wenn ihr Lust darauf habt.‘ Wenn ich es geschafft habe, schaffen es auch andere.“