Neue Kader im VBS –

Ein «Pänzeler» für die Armee, «Monsieur Crises» für den Geheimdienst: Diese Männer sollen die Schweiz verteidigen

Bundesrat Martin Pfister, Mitte, bei einer Medienkonferenz in Bern mit Benedikt Roos, designierter Chef der Armee, rechts, und Serge Bavaud, designierter Direktor Nachrichtendienst des Bundes, am 12. September 2025.

Bundesrat Martin Pfister (Mitte) hat seine beiden wichtigsten Kaderleute ausgewählt: Benedikt Roos (rechts) wird Chef der Armee und Serge Bavaud Direktor des Nachrichtendienstes.

Foto: Peter Klaunzer (Keystone)

In Kürze:Der neue Armeechef Benedikt Roos gilt als «gmögig» und machte eine klassische Karriere als Berufsmilitär.Die Modernisierung der Bodentruppen ist eine der wichtigsten Aufgaben des ehemaligen Panzeroffiziers.Serge Bavaud wird Chef des Nachrichtendienstes – und muss plötzlich viel mehr Leute führen.Der Krisenmanagement-Experte hat in der Covid-Krise Hunderten Schweizern bei der Heimreise geholfen.

Die Panzertruppen heissen in der Armee auch «Heavy Metal»-Fraktion. Ihr Chef ist heute Benedikt Roos, der Kommandant des Heeres. Schon als 10-Jähriger, sagt Roos, habe er Soldat werden wollen – nachdem er einen Nachbarn im Militärhelikopter im Garten habe landen sehen. Seine Rekrutenschule hat der Berner vor fast vierzig Jahren als «Pänzeler» absolviert. 

Und nun wird der Hartmetall-Mann der Chef aller Schweizer Armeeangehörigen. 

An der Spitze des Nachrichtendiensts des Bundes (NDB) wird neu Serge Bavaud stehen. Der Freiburger blickt auf eine Karriere im Verteidigungs- und im Aussendepartement zurück. Prägend waren die vergangenen zehn Jahre, in denen er mit Entführungen von Schweizer Staatsangehörigen durch Terroristen im Ausland und Evakuierungen von Botschaftspersonal aus Krisenregionen beschäftigt war. Bavaud arbeitete im Krisenmanagement­zentrum des Bundes, das er zuletzt geleitet hat. Die Westschweizer Zeitung «Le Temps» bezeichnete ihn einmal als «Monsieur Crises». 

Damit hat Martin Pfister, der neue Verteidigungsminister, seine zwei wichtigsten Männer ausgesucht – und auch zwei wegweisende Entscheide getroffen. Nachdem vor einem halben Jahr die Abgänge von Armeechef Thomas Süssli und Nachrichtendienst-Direktor Christian Dussey gleichzeitig bekannt wurden, war Pfister mit einem Machtvakuum gestartet. Nun setzen er und der Gesamtbundesrat für beide Posten nicht auf die meistgenannten Kandidaten. 

Gegen wen sich der «gmögige» Benedikt Roos durchsetzte

Divisionär Roos überholt in der Hierarchie als künftiger Chef der Armee seinen bisherigen Vorgesetzten, den Korpskommandanten Laurent Michaud, von dem es heisst, er habe sich selbst aus dem Rennen genommen. Alle 52 höheren Stabsoffiziere hatten ein Schreiben erhalten, dass sie sich bewerben sollten. Eingegangen sind offenbar vergleichsweise wenige Bewerbungen. Nur mit sechs Personen führte die Findungskommission Gespräche.

Benedikt «Bänz» Roos bewarb sich gemäss eigenen Angaben aktiv um den Chefposten. In der letzten Runde soll er sich gegen einen anderen Divisionär, gegen den Zürcher Rolf André Siegenthaler, durchgesetzt haben.

Roos tritt auf wie ein klassischer Militär, aber nicht hypermilitaristisch (verglichen etwa mit dem in der Öffentlichkeit bekannteren «Corona-General» Raynald Droz, der ebenfalls unter den Favoriten war). Er kommt in der Politik gut an, gilt als umgänglich – und in Militärkreisen fällt auch oft das inzwischen fast unumgängliche Wort «gmögig». 

Deutlich wurde dies jüngst bei einem Auftritt an einem Kadertag der Armee. Roos hielt seine Rede in einer Uniform, wie er sie bereits als Rekrut in den 80er-Jahren getragen hatte (und die aussah wie aus der Zeit der Weltkriege). Mittendrin pflückte er eine kleine Drohne aus der Luft, die zuvor das Publikum gefilmt hatte.

Der neue Armeechef bei einem Auftritt Anfang 2025 – in seiner Uniform aus den 80er-Jahren.

Video: VBS, Ausschnitt: Tamedia

Einer, der Roos als militärischen Vorgesetzten kennt, ist SVP-Ständerat und Oberst Werner Salzmann. Roos’ Führungsstil beschreibt er als «sehr klar, menschlich und ehrlich». Der Sicherheitspolitiker sagt, die wichtigste Aufgabe des neuen Armeechefs sei es, Vertrauen zu schaffen innerhalb des VBS, der Politik und in der Bevölkerung – und die Modernisierung der Bodentruppen voranzutreiben. Dafür sei Roos geeignet. 

Chef der Armee: «Feu sacré» und eine klassische Wahl

Nachdem in den letzten Jahren mit der F-35 und der Patriot-Luftabwehr die Luftwaffe im Zentrum gestanden hat, muss nun das Heer neu ausgerüstet werden. Das passt, weil der 60-jährige Roos eine lange Karriere in den Panzertruppen hinter sich hat. 1994 kommandierte er als Hauptmann eine Panzerkompanie, 14 Jahre später hatte er sich zum Brigadier hochgedient und führte eine mechanisierte Brigade. Seit Sommer 2024 leitet er das Heer im Rang eines Divisionärs. Dazu gehören neben den Panzertruppen auch Aufklärung, Artillerie, Infanterie und Sanität.

FDP-Ständerat Josef Dittli, der Oberst im Generalstab ist, sagt: «Ich hätte nicht sechs Monate gebraucht, um Bänz Roos zum Armeechef zu ernennen.» Roos habe ein «feu sacré». Und: eine grosse menschliche Wärme. «Er hat das Potenzial, sowohl die Truppe und als auch die Politik zu begeistern.» Auch der Bundesrat lobt in seiner Mitteilung Roos’ Ausstrahlungskraft. Doch an der Medienkonferenz wirkte der künftige Armeechef nicht wie ein besonders charismatischer Redner. 

Das Risiko, dass er sich wie sein Vorgänger Thomas Süssli weit aus dem Fenster lehnt und sich politisch exponiert, indem er öffentlich Forderungen nach mehr Geld für die Armee stellt, dürfte bei Roos ebenfalls kleiner sein. Grundsätzlich ist Roos eine klassische Wahl, auch wenn ihn einige in Armeekreisen nicht in der Poleposition gesehen haben. Aus der Reihe gefallen war Viola Amherds Entscheid für Süssli, einen Ex-Banker, der nicht die ganze Karriere lang Berufsmilitär gewesen war. 

Studiert hat Roos zuerst Betriebswirtschaft in Bern, später absolvierte er an der ETH einen berufsbegleitenden Master of Advances Studies in Sicherheitspolitik und Krisenmanagement. 

Roos’ und Bavauds Ernennung fällt ausgerechnet in die Woche, in der Nato-Kräfte in Polen einen russischen Drohnenschwarm abschiessen mussten. Dieses schwierige Sicherheitsumfeld wird eine der grössten Herausforderungen für beide Kader. Roos muss zudem dafür sorgen, dass die Skandale bei Beschaffungen aufhören, die sich zuletzt gehäuft hatten. Darauf angesprochen sagte Roos vor den Medien, die Armee müsse sich zu Beginn eines Projektes mehr Zeit nehmen. «Wenn Sie am Morgen ein Hemd oder eine Bluse anziehen, ist es entscheidend, dass der erste Knopf im richtigen Knopfloch landet.» Sei ein Projekt gut aufgegleist, spare man später viel Zeit.

Serge Bavaud hat neu 500 statt 25 Personen unter sich

Für die Suche nach einem NDB-Direktor setzte Bundesrat Pfister eine Headhunter-Firma und eine Findungskommission ein. Fünf Kandidierende kamen in die engere Auswahl, drei absolvierten ein Assessment. Schliesslich setzte sich Bavaud durch, der erst kürzlich vom Bundesrat als Botschafter in Algerien nominiert worden war. Damit hatte der 52-Jährige, wie er selbst sagt, ein «Luxusproblem» – und er entschied sich für den Posten an der Spitze des Schweizer Geheimdiensts. Dafür sei er angefragt worden.

Ab 1. November führt Bavaud statt der kleinen Botschaft in Algier nun rund 500 Mitarbeitende. Bisher hatte er im Zentrum für Krisenmanagement 25 Personen unter sich. Innerhalb des Aussendepartements fiel der Botschafter und Armeeoberst gemäss mehreren Quellen durch einen eher zackig-militärischen Führungsstil auf. Kommunikativ kam der Westschweizer, der seit Jahren in Bern lebt, auch auf Deutsch gut an. 

Seine Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten werden stark gefragt sein. Einerseits sind die Kantone mit den Leistungen des NDB nicht zufrieden. Andererseits äusserte das Personal wiederholt seinen Unmut über die Reorganisation des Dienstes. Zu verantworten hatte die tiefgreifende Reform der bisherige Direktor, der einen ähnlichen Werdegang hingelegt hatte wie sein designierter Nachfolger: Christian Dussey hatte ebenfalls das Zentrum für Krisenmanagement geleitet und war Diplomat gewesen, eher er NDB-Direktor wurde.

Er evakuierte Hunderte Schweizer

Auch Bavauds Wirken war bisher stark international ausgerichtet. Beim Bund stieg er nach einem Geschichtsstudium an der Universität Freiburg (eine biografische Parallele zu seinem künftigen Vorgesetzten Pfister) Ende 90er-Jahre im Verteidigungsdepartement (VBS) ein. Zuerst war er in der Friedensförderung tätig. Ab 2008 hatte er einen Posten für die Schweiz bei den Vereinten Nationen in New York. 2012 kehrte er zum VBS nach Bern zurück, wo er sich mit Rüstungskontrolle beschäftigte.

Nach zwei Jahren trat er ins Krisenmanagementzentrum ein. Dort hielten ihn Evakuierungen auf Trab, wobei jene nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan besonders dramatisch verlief. Zu Beginn der Covid-Krise flogen Bavaud und sein Team rund 800 Personen zurück in die Schweiz.

«Es ist die Ungewissheit, die mich an meiner Arbeit am meisten interessiert», sagte Bavaud in einem Video des Aussendepartements über seine bisherige Tätigkeit. Daran dürfte es ihm auch beim Schweizer Geheimdienst nicht mangeln.

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