Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

nach dem Mord an dem rechten Aktivisten Charlie Kirk tobt in den USA eine öffentliche Schlacht: Präsident Donald Trump und sein Gefolge diffamieren linke Politiker und Journalisten, blasen regelrecht zur Jagd auf Andersdenkende. Auch deutsche Korrespondenten geraten ins Visier. Trumps Politik nimmt autokratische Züge an, die öffentlichen Debatten werden zunehmend radikaler und hasserfüllter. Die giftige Stimmung wiegelt immer mehr Hitzköpfe auf, man kann nicht sicher sein, ob der Rechtsstaat in den USA noch funktioniert.

Amerikas Selbstbeschäftigung hat gravierende Folgen: Russlands Diktator Wladimir Putin nutzt die Gelegenheit der Stunde und nimmt europäische Nato-Länder ins Visier: Gestern Abend drangen drei russische Kampfjets in den estnischen Luftraum ein und flogen dort fast eine Viertelstunde lang umher, zwei weitere donnerten über eine polnische Bohrplattform in der Ostsee.

Drohnen, Kampfjets, Raketen: Mittlerweile attackiert der Kreml alle paar Tage Nato-Gebiet – doch die Reaktionen der europäischen Regierungen erschöpfen sich in Protestnoten und umständlichen Manöverplänen. Man bestellt den russischen Botschafter ein. Mehr meinen die Europäer nicht tun zu können, weil Washington sie allein lässt. Trump scheint die Nato-Ostflanke schnurzpiepegal zu sein.

Die Nato gibt es, damit mehr als eine Milliarde Menschen in 32 Mitgliedstaaten in Frieden leben können. Ihre Regierungschefs rühmen die Allianz in Sonntagsreden als “stärkstes Militärbündnis der Welt”. Doch in Wahrheit kneift die Nato im Moment der größten Bedrohung durch das Moskauer Aggressor-Regime. Statt die russischen Kampfjets mit Warnschüssen zu vertreiben und Putin unmissverständlich verstehen zu geben, dass die militärischen Provokationen sofort aufhören müssen, lässt man seine Killermaschine immer weiter gewähren. Es ist ein historisches Versagen, dessen Folgen Millionen Europäer bald brutal zu spüren bekommen könnten. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis russische Provokateure oder gar Soldaten im Baltikum eindringen. Wer vor dem Bösen kuscht, muss sich nicht wundern, wenn er von ihm verschlungen wird.

Aber zurück nach Washington. Dort toben ganz andere Schlachten. Trumps Ideologen haben eine Rachekampagne gegen Linke und Liberale begonnen; niemand kann sich mehr gänzlich sicher fühlen.

Worin wurzelt diese fatale Eskalation und welche Folgen hat sie? Welche Rolle spielt der Kulturkampf zwischen “woken” und reaktionären Kräften bei der Polarisierung Amerikas? Wie tragen Facebook, TikTok und X dazu bei? Drohen weitere Gewalttaten, womöglich sogar ein Bürgerkrieg, wie manche Beobachter meinen? Nach Antworten suche ich im heutigen Podcast gemeinsam mit zwei erfahrenen Journalisten: t-online-Korrespondent Bastian Brauns und der ehemalige “Zeit”-Korrespondent Martin Klingst kennen Amerika seit Jahren und beobachten die US-Politik genau. Was sie zu sagen haben, ist bemerkenswert. Hören Sie bitte:

Anschließend wünsche ich Ihnen ein hoffentlich friedliches Spätsommerwochenende. Am Montag kommt der Tagesanbruch von unserer Textchefin Heike Vowinkel.