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Russland hat bereits mehrmals den Nato-Luftraum verletzt. In Riga beraten die Generalstabschefs der 32 Mitgliedstaaten jetzt über mögliche Reaktionen.
Riga – Nach mehreren Verletzungen des NATO-Luftraums über Polen und Estland sowie Drohnenvorfällen in Dänemark herrscht innerhalb des Bündnisses Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Einige Mitgliedsstaaten fordern, künftig jedes eindringende russische Flugobjekt sofort abzuschießen. Andere warnen hingegen, ein solcher Schritt könne die Allianz unmittelbar in eine direkte militärische Auseinandersetzung hineinziehen.

Auch Eurofighter der deutschen Bundeswehr schützen die NATO-Ostflanke gegen Luftraum-Verletzungen durch Wladimir Putins (li.) Russland. © Montage IPPEN.MEDIA / IMAGO / Funke Foto Services / ITAR-TASS
Die Generalstabschefs der 32 Nato-Staaten sind in Lettlands Hauptstadt Riga zu Beratungen über die jüngsten Luftraumverletzungen durch Russland zusammengekommen. Die Vorfälle haben innerhalb des Bündnisses Besorgnis ausgelöst, da sie unmittelbar die östliche Flanke der Allianz betreffen.
Luftraumverletzungen: Nato sichert Verbündeten uneingeschränkte Solidarität zu
„Ich spreche allen Verbündeten, deren Luftraum verletzt wurde, meine uneingeschränkte und unmissverständliche Solidarität aus“, sagte der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Admiral Giuseppe Cavo Dragone, in seiner Eröffnungsansprache in Riga. Diese Übergriffe seien „eskalierend rücksichtslos“ und gefährdeten Leben, und Moskau trage die volle Verantwortung dafür. Die Reaktion der NATO darauf sei robust gewesen und werde sich noch verstärken, sagte Dragone.
In seiner Auftakterklärung verwies Dragone auch auf die Geschichte. „Am 25. September 1939 verletzten sowjetische Bomber und Aufklärungsflugzeuge den Luftraum aller drei baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland. Diese Übergriffe waren mehr als nur eine Provokation. Sie waren das Auftaktsignal für Moskaus Entschlossenheit, seinen Willen durchzusetzen“, sagte Dragone. „Dieser Moment sollte heute noch tief bei uns nachhallen“.
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Lettlands Staatspräsident Edgars Rinkevics betonte in seiner Begrüßungsrede: „Die unmittelbare Priorität liegt heute eindeutig auf der Luftverteidigung.“ Russland setze sein Muster der Provokationen fort und die Reaktion der NATO darauf müsse weiterhin robust sein. Rinkevics sprach sich dabei für eine Umwandlung der bisherigen NATO-Luftraumüberwachung über dem Baltikum in eine Luftverteidigungsmission mit entsprechenden Einsatzregeln aus. Zuletzt war es mehrfach zu gefährlichen Situationen im Luftraum von EU– und NATO-Staaten gekommen.
Luftraumverletzungen durch Russland: Merz kündigt Konsequenzen an, Pistorius warnt vor Eskalation
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die jüngsten Vorfälle mit Drohnen in Europa und Luftraumverletzungen durch Russland verurteilt. „Wir werden es nicht zulassen, dass diese Übergriffe weiter stattfinden“, sagte Merz am Donnerstag nach einem Treffen mit den Ost-Ministerpräsidenten im thüringischen Ettersburg. Die Bundesregierung werde mit den NATO-Verbündeten „alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um wirksame Abschreckung“ zu gewährleisten und Luftraumverletzungen und Übergriffe „durch die russische Armee zu unterbinden“. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) bezeichnete die Luftraumverletzung durch Russland als eine „schwerwiegende Verletzung internationalen Rechts“.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mahnte im Gespräch mit dem Handelsblatt an, besonnen auf die jüngsten Luftraumverletzungen in der EU zu reagieren. Die Strategie des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei leicht zu durchschauen. Dessen Kalkül laute: „Erst die NATO provozieren und sich – im Falle einer Eskalation – völlig überrascht zeigen und die NATO diskreditieren“, sagte der Minister. Der Kreml habe aber unterschätzt, wie „abgestimmt, besonnen und entschlossen“ die NATO vorgehe.
NATO droht Russland nach Drohnen-Vorfällen in Dänemark mit harter Reaktion
Die NATO warnte Russland daraufhin unter Androhung von Gewalt vor weiteren Luftraumverletzungen. In den vergangenen Tagen hatte es in Dänemark mehrere Drohnen-Überflüge an Flughäfen gegeben. In der Nacht zum Donnerstag waren Drohnen über den Flughäfen Aalborg, Esbjerg und Sönderborg sowie über dem Luftwaffenstützpunkt Skrydstrup entdeckt worden. Bereits in der Nacht zum Dienstag musste der Flugbetrieb am Kopenhagener Flughafen eingestellt werden, weil mehrere große Drohnen stundenlang über das Gelände geflogen waren.
Moskau wies jede Verwicklung in die Drohnen-Vorfälle als „absurde Spekulationen“ zurück. Die russische Botschaft in Kopenhagen sprach stattdessen von einer „inszenierten Provokation“. Russlands Botschafter in Frankreich, Alexej Meschkow, hat die NATO vor den Konsequenzen eines möglichen Abschusses russischer Flugzeuge bei Luftraumverletzungen gewarnt. „Dann gäbe es Krieg“, sagte er am Donnerstag im französischen Sender RTL. (Quellen: dpa, afp, tagesschau, t-online, Handelsblatt) (jal)