Marietta Slomka und Boris Pistorius sprechen im Schaltgespräch über Putin

“Wir haben reagiert. Entschlossen, aber eben auch besonnen”, sagt Verteidigungsminister Pistorius. Man dürfe sich von Putin nicht “provozieren lassen”.

29.09.2025 | 6:52 min

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) fordert die Nato-Partner angesichts zunehmender russischer Luftraumverletzungen zu verstärkten Anstrengungen bei der Luftverteidigung auf. “Russland wird für die Nato mehr und mehr zur Gefahr”, warnt der SPD-Politiker auf dem Warschauer Sicherheitsforum. Moskau teste die Nato “mit zunehmender Häufigkeit und Intensität”. Gerade was die Abwehr von Drohnen angehe, stehe das Militärbündnis vor Herausforderungen, erklärt Pistorius.

Im Interview mit dem ZDF heute journal spricht der Minister über Russlands jüngste Provokationen, die Beschaffung von Luftverteidigungssystemen und erklärt, wieso die Einrichtung eines Drohnenwalls derzeit keine Option ist.

Sehen Sie oben das Gespräch in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Pistorius zu …

… Russlands jüngsten Luftraumverletzungen

Russland wolle die Nato mit seinen Luftraumverletzungen provozieren, sagt der Verteidigungsminister. Man dürfe Moskau keinen Anlass geben, dem Militärbündnis eine Eskalation vorzuwerfen.

Putin will uns testen, er will testen, wie wir reagieren, wie unsere operationellen Abläufe sind, er will testen, ob wir geschlossen und vielleicht zu zögerlich reagieren.

Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister

Nichts davon habe man Russlands Präsident Wladimir Putin offengelegt, erklärt Pistorius. “Wir haben reagiert, entschlossen, aber eben auch besonnen”. Die Nato-Streitkräfte seien bestens ausgebildet. “Unsere Piloten wissen ganz genau, was sie zu tun haben”, so der SPD-Politiker. Zeige ein Flugzeug oder eine Drohne russischer Art “keinerlei Aggressivität, keinerlei Aggression, keinerlei Versuche, irgendwas oder irgendjemanden anzugreifen, gibt es keinen Grund, es vom Himmel zu holen, wie das einige so leichtfertig fordern”, sagt der Minister.

Johann Wadephul (CDU, l), Außenminister, steht neben Andrij Sybiha, Außenminister der Ukraine, bei einem bilateralen Treffen in der polnischen Hauptstadt.

Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens berieten heute beim Warschauer Sicherheitsforum über Luftraumverletzungen durch mutmaßlich russische Drohnen.

29.09.2025 | 1:48 min

Unsere Piloten sind aber darauf ausgebildet und trainiert, diese Situation auch mit technischer Hilfe genauso einzuschätzen, wie es sein muss, um dann das zu tun, was geboten, aber auch erforderlich ist, um Schaden abzuwenden und dabei sollten wir es belassen.

Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister

Zudem müsse man bei der Einschätzung von Bedrohung zwischen Flugzeugen und Drohnen unterscheiden. “Drohnen runterzuholen, runterzuschießen mit Netzwerferdrohnen oder mit Laser oder mit Schusswaffen ist das eine.” Etwas anderes sei es aber, wenn es sich um ein bemanntes Flugzeug handle, so Pistorius. “Dann gibt es klare Grenzen dafür, wann man hier selber in aggressives Verhalten eintritt und wann nicht.”

Johann Wadephul (l,CDU), Außenminister, spricht bei seinem Besuch in Polen beim Warschauer Sicherheitsforum neben Amtskollegen aus Polen Radoslaw Sikorski (r) sowie Andrij Sybiha, Außenminister der Ukraine

Luftraumverletzungen durch mutmaßlich russische Drohnen sorgen derzeit für Anspannung. Was das für die Sicherheitspolitik der Bundesregierung bedeutet, erklärt Diana Zimmermann.

29.09.2025 | 1:26 min

… der Beschaffung von Luftverteidigungssystemen

Bei der Drohnenabwehr stehe die Nato vor Herausforderungen, betont der Verteidigungsminister. “Das ist einfach so, weil die Technologie der Drohnen durch den Krieg in der Ukraine in den letzten zwei Jahren unglaublich Tempo aufgenommen hat und die Entwicklung von Gegenmaßnahmen gar nicht so schnell Schritt halten konnte”. Die Bundeswehr wolle etwa Laser, Drohnen und weitere Luftverteidigungssysteme anschaffen, so Pistorius.

Aber das braucht leider alles seine Zeit.

Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister

Dabei handle die Truppe nicht mehr in starren Beschaffungssystemen, sondern schaffe beschleunigt an. Neben dem, was man entwickeln müsse, gehe es auch um die kurzfristige Beschaffung. “Da legen wir ordentlich Tempo zu”, betont der Minister.

Wir hinken alle hinterher, was die Abwehr von Drohnen angeht und gleichzeitig tun wir alles, um diesen Rückstand aufzuholen, sowohl in der Ausbildung unserer eigenen Soldatinnen und Soldaten im Drohnenbedienen, aber auch im Drohnenabwehren.

Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister

Doch nicht nur für die Nato stelle die Luftverteidigung eine Herausforderung dar. Russland habe bei der Drohnenabwehr “einen großen Rückstand” und auch die Ukraine, die im Bereich der Drohnentechnik gut aufgestellt ist, könne längst nicht alle feindlichen Drohnen abfangen und zerstören, sagt Pistorius. Dort, wo russische Drohnen gefährlich werden oder in “sensible Bereiche” eindringen, müssten sie abgefangen werden.

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… der Forderung nach einem Drohnenwall

Mit Blick auf die Forderung nach einem Drohnenwall an der Nato-Ostflanke, wie ihn etwa EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius gefordert hatte, erklärt der Verteidigungsminister:

Es geht hier nicht um einen Drohnenwall. Einen Drohnenwall wird niemand innerhalb weniger Monate errichten können. Ein Drohnenwall ist ein Hightech-Projekt, das über Jahre aufgebaut werden muss, damit es wirklich seine Wirkung entfaltet.

Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister

“Was wir vorhaben, ist, die Luftverteidigungsfähigkeiten gerade hier an der Ostflanke zu stärken”, kündigt der SPD-Politiker an. Das tue die Bundeswehr durch Luftraumüberwachung, “das tun wir aber auch durch andere Systeme, über deren Lieferungen wir aber nicht offen sprechen, weil wir aufhören müssen, unserem Gegenüber ständig zu sagen, was wir gerade wo stationieren”, betont Pistorius.

Das Interview führte Marietta Slomka im ZDF heute journal, zusammengefasst hat es Niklas Landmann.