Schon am ersten Arbeitstag des neuen Großherzogs, an diesem Samstag, lag ein anderer Ton in der Luft. Vielleicht war es nur eine Nuance, kaum hörbar, aber doch deutlich spürbar. Es war ein leiser Perspektivwechsel, ein neues Timbre in der Stimme eines Landes, das sich an diesem Tag des Feierns selbst zuhörte.

Als Guillaume, begleitet von seiner Frau Stéphanie, am späten Samstagabend auf die Bühne trat, um die symbolischen Geschenke entgegenzunehmen, die ihm in Grevenmacher, Wiltz, Steinfort und Düdelingen überreicht worden waren, geschah etwas, das man im höfischen Protokoll nur selten erlebt: Er trat ans Mikrofon und sprach. Eine kurze Dankesrede, nicht lang, nicht pathetisch, sondern schlicht und mit jener warmen und beiläufigen Natürlichkeit, die Nähe schafft, ohne sie zu erzwingen.

Kein Festakt, ein Gesamtkunstwerk

Dieser Gestus war von scheinbar kleiner Bedeutung und markierte doch eine Verschiebung. Guillaumes Vater, Großherzog Henri, hätte sich gewiss ebenfalls bedankt, aber diskret, im Rahmen und in den Formen des Protokolls. Guillaume dagegen machte einen Schritt aus diesem Rahmen heraus. Vielleicht beginnt Wandel manchmal genau so: mit einem Schritt, der kaum auffällt, aber eine gewisse Resonanz erzeugt.

Die Show war eine Inszenierung, also eine Darstellung der Wahrheit, aber dennoch einer schönen Wahrheit, die es bestimmt wert ist, auch so zu leben. 

Der Abend zum Thronwechsel war kein Festakt im traditionellen Sinn, sondern ein Gesamtkunstwerk: Rund 2.000 Mitwirkende, 28 Acts auf einer kreisrunden Bühne, acht symbolträchtige Trambahnen auf der Roten Brücke und ein technisches Setting, wie es das Land noch nicht gesehen hat. Es war eine Inszenierung, die sich zwischen Staatszeremoniell und Popkonzert spannte, zwischen Pathos und Poesie und die sich für einmal nicht auf die Vergangenheit berief, sondern vielmehr ein Bild des Heute und Morgens zeichnete.

Frage: Stimmt überhaupt dieses Bild in allem oder war dies allenfalls ein Wunschbild? Man muss schon sagen, dass die Mega-Show ganz klar eine Inszenierung war, also nur die Darstellung einer Wahrheit, aber dennoch einer schönen Wahrheit, die es bestimmt wert ist, so zu leben. Darüber hinaus wirkte die Aufführung auch wie ein Spiegelbild – stimulierend für die Zukunft.

Luxemburg zeigte sich an diesem Tag auf jeden Fall sehr inklusiv, vielsprachig und kreativ. Die portugiesische Begrüßung durch den Journalisten Philip Crowther auf der Bühne des Glacis löste insbesondere beim jungen (portugiesischsprachigen) Publikum Jubel aus. Selbstbild und Selbstbewusstsein verschmolzen miteinander.

Ein bewegtes Tableau des Miteinanders

Vom Kirchberg kommend schritten Guillaume und Stéphanie über die Rote Brücke, begleitet von Licht, Musik und acht Trambahnen, die jeweils ein Kapitel der Luxemburger Gesellschaft erzählten. Aus ihnen stiegen Menschen aus Kultur, Bildung, Sport und sozialen Berufen, keine Statisten, sondern Bürgerinnen und Bürger, die das Land in seiner Vielfalt repräsentierten. Die Prozession wurde zu einem bewegten Tableau des Miteinanders.

Musikalisch trug Pianist Francesco Tristano die Übergänge, während die Luxemburger Philharmoniker am Ende den Bogen von der Zeremonie zur festlichen Inszenierung spannten. Denn auf dem Glacis öffnete sich eine gigantische Bühne wie ein leuchtender Kreis – 25 Meter im Durchmesser, überkrönt von drei mächtigen LED-Ringen, die in ständig wechselnden Farben und Symbolen pulsierten.

Auffällig war, dass vor allem Musikerinnen und Musiker auf der Bühne standen, die Organisator den Atelier sonst kaum in seinem Konzertsaal präsentiert.

85 Minuten lang verschmolzen darauf Musik, Licht und Bewegung zu einer Choreografie, die den Vergleich mit einem Eurovision-Song-Contest-Abend suchte und durchaus auch bestand. Regisseur Steven Martin, Choreograf Hans Pannecoucke und Musik-Arrangeur Pol Belardi hatten ein Konzept entwickelt, das Acts von De Läb bis Laura Thorn und von Francis of Delirium bis Napoleon Gold zu einer musikalischen Erzählung verband.

Manche junge Musiker und Musikerinnen fanden zusammen, die sonst nicht zusammenspielen, wie Nicool und Benjamin Kruithof. Kein Bruch, kein Leerlauf, jede Performance war Teil eines größeren Ganzen, das sich organisch durch den Abend bis zum großen Finale steigerte.

Auffällig aber war, dass auf die Bühne vor allem Musiker und Musikerinnen waren, die der Organisator des gesamten Tages, der Konzertveranstalter Den Atelier, eigentlich so gut wie nie in seinem Konzertsaal programmiert. An diesem „Tag 1“ der neuen Regentschaft Guillaumes erhielten sie eine Sichtbarkeit, die ihnen ganz klar zusteht. Vielleicht begann ja auf der Bühne des Glacis, die man nicht so schnell vergessen wird, ein ganz neues Kapitel der modernen Luxemburger Musik …

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Das Publikum nahm das Programm mit großer Begeisterung auf, stand manchmal aber im Regen, dicht gedrängt, Handys erhoben, Gesichter im wechselnden Licht. Viele waren jung, aber sie kamen nicht aus Pflicht, sondern aus Neugier. Einige filmten die Drohnenformationen, die, bei aller visuellen Präzision, insgesamt ein wenig hinter den Erwartungen zurückblieben. Davon haben manche ganz gewiss schon Spektakuläreres gesehen.

Noch eine allerletzte Anmerkung: Die offizielle und auch überdachte Bühne wirkte ein wenig abgeschirmt von der Energie und Dynamik, die von der Bühne ausging. Da könnte ein nächstes Mal bestimmt noch ein bisschen mehr Frische rein. Die Botschaft des Abends aber auf jeden Fall unüberhörbar: Wandel geschieht nicht unbedingt in Dekreten, sondern auch in Gesten, Bildern und Klängen. In einem neuen Ton, der in der Luft liegt und dort auch bleibt.