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Um Russlands sogenannte „Schattenflotte“ einzudämmen, verschärft NATO-Mitglied Dänemark die Kontrollen für Öltanker, die seine Gewässer durchqueren.

Kopenhagen – Nach wiederholten Drohnenvorfällen und der Einschätzung des dänischen Geheimdienstes, dass Russland im Augenblick einen hybriden Krieg gegen Dänemark und den Westen führt, beschließt Kopenhagen weitere Konsequenzen. Und diese beziehen sich nicht nur auf den Luftraum. Laut der Kyiv Post verschärft das NATO-Mitglied die Kontrollen für Öltanker, die seine Gewässer durchqueren und möglicherweise zu Wladimir Putins „Schattenflotte“ gehören.

Schon der Tanker Eventin, der zu Russlands Schattenflotte gehört, wurde beschlagnahmt.

Schon der Tanker Eventin, der zu Russlands Schattenflotte gehört, wurde beschlagnahmt. (Symbolfoto) © Zuma Presss/Funke Foto Services/IMAGO/Montage

Mit der Entscheidung gehe Kopenhagen auf Geheimdienstberichte ein, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 28. September zitierte, wonach Russlands „Schattenflotte“ von Öltankern dazu genutzt werde, Drohnen über europäischen Städten zu „starten und zu steuern“. Die dänische Regierung erklärte am Montag (6. Oktober), die neuen Maßnahmen würden sich auf ältere Schiffe konzentrieren, die häufig von der „Schattenflotte“ genutzt würden und aufgrund mangelnder Wartung ein Umwelt- und Sicherheitsrisiko darstellten.

Nach Drohnenvorfällen in Dänemark: Putins Schattenflotte gerät erneut ins Visier der NATO

Als Schattenflotte werden die oft veralteten und unter fremder Flagge fahrenden Schiffe bezeichnet, mit denen Russland unter anderem das Öl-Embargo umgeht. Im Zuge der Drohnenvorfälle in Dänemark geriet die russische Schattenflotte wieder ins Visier der NATO. Denn die französische Marine hielt letzte Woche vor der Westküste Frankreichs einen Öltanker fest, der laut Frankreichs Präsident Emmanuel Macron „unter falscher Flagge gemeldet und aus demselben Grund bereits im März von Estland kontrolliert wurde“.

Zu Mutmaßungen, dass das Schiff auch als Startplattform für die jüngsten Drohnen-Einsätze in Dänemark gedient haben könnte, äußerte er sich nicht. Laut Macron sollen in den kommenden Tagen die Generalstabschefs der Ukraine-Unterstützer aus der sogenannten Koalition der Willigen zusammenkommen, um ihr Vorgehen gegen die russische Schattenflotte abzustimmen. „Wir haben uns entschieden, einen Schritt weiterzugehen und verdächtige Schiffe zu blockieren“, sagte der französische Präsident am 2. Oktober. Mit diesem Schritt beginnt nun Dänemark.

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Fotostrecke ansehenPutin zum Angriff auf seine Schattenflotte: Festhalten russischer Tanker sei „Piraterie“

Der dänische Industrie- und Handelsminister Morten Bodskov sagte, die Initiative sei Teil umfassenderer Bemühungen, „der Militärmaschinerie des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Ende zu setzen“, zitiert ihn die Kyiv Post. Putin sagte zum Festhalten des russischen Tankers in Frankreich: „Das ist Piraterie“. Ihm sei bekannt, dass Frankreich einen Tanker, der angeblich zur russischen Schattenflotte gehört, festhalte.

„Jetzt suchen sie dort Militärgüter, Drohnen, noch etwas. Da ist nichts“, sagte Putin zum Vorwurf, der Tanke sei für die Drohnenangriffe auf Kopenhagen genutzt worden. Er stritt ab, dass Moskau hinter den Drohnenflügen stecke. Die Angst vor russischen Drohnen verglich er mit der UFO-Phobie vor langer Zeit. Mittlerweile soll der festgehaltene Öltanker seine Fahrt fortgesetzt haben. 

Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs: Putins Schattenflotte wegen internationaler Sanktionen gewachsen

Die Schattenflotte gab es im Übrigen schon vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs 2022. Russland nutzt solche Schiffe, um internationale Sanktionen zu umgehen – etwa von Staaten wie Venezuela, dem Iran oder Nordkorea. Aber seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine und den darauf folgenden westlichen Sanktionen gegen Russland wuchs die globale Schattenflotte erheblich an, wie die US-Denkfabrik Atlantic Council konstatiert. Sie schätzt, dass etwa 17 Prozent aller Öltanker weltweit zur globalen Schattenflotte gehören, die auch andere Handelsschiffe umfasst.

Die EU hat mittlerweile 444 Schiffe identifiziert und auf eine schwarze Liste gesetzt. Großbritannien zählt seinerseits rund 500 Schiffe zur russischen Schattenflotte. Die Hochschule Kyiv School of Economics (KSE) warnt vor einem „gewaltigen Umweltrisiko“ durch die alternden Schiffe. Nach Einschätzung des Atlantic Council waren 2024 etwa elf Prozent der Öltanker weltweit mehr als 20 Jahre alt. Vor dem Ukraine-Krieg waren nur drei Prozent der Schiffe so alt gewesen.

Übersicht: Fakten und Zahlen zu Putins Schattenflotte

Alte Schiffe unter Billigflaggen für Ölexport trotz Sanktionen17 Prozent aller Öltanker weltweitEU: 444 Schiffe, UK: 500 Schiffe, Frankreich: 800 SchiffeElf Prozent der Öltanker älter als 20 Jahre altUmweltrisiko, Sabotage-Verdacht, unzureichende Versicherungen

Nach Drohnenangriffen: Merz mahnt Putin, Entschlossenheit der Europäer „nicht unterschätzen“

Klar ist, die Luft für Putin wird dünner. Denn angesichts der Bedrohung durch Russlands Schattenflotte und der jüngsten Drohnenangriffe haben europäische Spitzenpolitiker bei einem Gipfeltreffen in Dänemark am 2. Oktober für eine schnellere und effektivere Aufrüstung geworben. Die Europäer müssten „bis 2030 in der Lage sein, (sich) vollständig selbst zu verteidigen“, sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Donnerstag in Kopenhagen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) warnte Russland, es solle Europas „Entschlossenheit nicht unterschätzen“. Auf dem Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Kopenhagen forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auch für Süd- und Westeuropa „schnelle und effektive Reaktions- und Verteidigungskräfte.“ Schließlich sei Moskau bereit, „den Krieg zu eskalieren“. (Quellen: Kyiv Post, dpa) (bg)