Die NATO übt von Montag an den Einsatz taktischer Atombomben über der Nordsee. Dabei werden Simulatoren verwendet. Generalsekretär Mark Rutte kündigte das jährliche Nuklearmanöver unter dem Namen „Steadfast Noon“ am Freitag an. „Wir müssen das tun, weil es uns hilft sicherzustellen, dass unsere nukleare Abschreckung so glaubwürdig, sicher, geschützt und wirksam wie möglich bleibt“, teilte Rutte in einer Videobotschaft mit, die auf dem niederländischen Fliegerhorst Volkel aufgezeichnet wurde, der diesmal Ausgangspunkt der Übung ist. In Volkel sind US-Atombomben und dafür zertifizierte F-35-Kampfflugzeuge stationiert. Die Übung sende „ein klares Signal an jeden potentiellen Gegner, dass wir alle Bündnispartner vor allen Bedrohungen schützen und verteidigen werden und können“, so Rutte.
An der Übung nehmen 71 Flugzeuge aus 14 Mitgliedstaaten teil, wie Oberst Daniel Bunch, Chef für nukleare Einsätze im militärischen Hauptquartier der Allianz für Europa, erläuterte. Insgesamt seien etwa 2000 Soldaten beteiligt. Deutschland stelle drei atomwaffenfähige Tornado-Kampfflugzeuge und vier auf elektronische Kampfführung spezialisierte Eurofighter. Die USA nähmen erstmals mit 4 F-35-Flugzeugen teil.
Die NATO setzt auf Transparenz
Die Crews üben das Aufnehmen der in speziellen unterirdischen Kammern gelagerten Atombomben durch dafür zertifizierte Flugzeuge – in diesem Fall Simulatoren. Über diese Fähigkeit verfügen im Rahmen der nuklearen Teilhabe fünf Mitgliedstaaten: Belgien, Deutschland, Italien, die Niederlande und die Türkei. Dort lagern rund 100 Atombomben, darunter auch solche des modernen präzisionsgelenkten Typs B61-12.
In der Luft werden diese Flugzeuge dann aufgetankt und durch konventionell bewaffnete Jagdflugzeuge begleitet, die potentielle Angreifer abwehren sollen. Dieses Programm wird Snowcat genannt, die Abkürzung für Support of Nuclear Operations with Conventional Air Tactics. Im Zielbereich müssen die Piloten die Bomben dann mit einem speziellen Flugmanöver ausbringen, um selbst nicht von der Druckwelle einer Explosion erfasst zu werden. Bunch sagte, man übe Szenarien im „High-End-Bereich“, ohne darüber genauere Angaben zu machen. Während des Manövers werden Teile des Luftraums über der Nordsee für den zivilen Flugverkehr gesperrt werden.
Es war das erste Mal, dass Vertreter der Allianz Journalisten zu der Übung „Steadfast Noon“ Rede und Antwort standen. Bis vor fünf Jahren war sie noch geheim gehalten worden, obwohl sie stets in der dritten Oktoberwoche stattfindet. „Wir versuchen so offen und transparent wie möglich zu sein“, sagte James Stokes, der im internationalen Stab der NATO für die Nukleardoktrin zuständig ist. Die Allianz sei ein „verantwortliches nukleares Bündnis“. „Wir agieren nicht aggressiv, wir verwenden keine unverantwortliche nukleare Rhetorik“, sagte Stokes in Abgrenzung zu Russland.