Der Präsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), Martin Jäger, hat im Bundestag vor einer dramatischen Zuspitzung der Sicherheitslage in Europa gewarnt. Russland könne „jederzeit von hybriden Operationen zu einer direkten militärischen Konfrontation” übergehen, so Jäger. Moskau betrachte die Europäische Union demnach längst als „Kriegspartei”.

Nach Einschätzung des deutschen Geheimdienstchefs testet Russland systematisch die Widerstandsfähigkeit Europas – mit einem breiten Spektrum an Mitteln: Sabotageakte, Cyberangriffe, Desinformationskampagnen und Spionage gehörten ebenso dazu wie gezielte Provokationen durch Luftraumverletzungen (-> Polen schießt russische Drohnen ab), verdeckte Operationen und die Einschüchterung von Oppositionellen im Ausland.

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„Die Grenzen zwischen Frieden und Krieg verwischen zunehmend”, sagte Jäger. „In Europa herrscht bestenfalls ein eisiger Friede, der jederzeit in eine heiße Konfrontation umschlagen kann. Wir müssen uns auf weitere Lageverschärfungen vorbereiten.”

Besonders gefährlich sei laut BND-Chef, dass der Kreml die politische und militärische Zurückhaltung Europas als Schwäche interpretiere. „Unser Feind ruht nie – und wir stehen bereits unter Beschuss”, warnte Jäger eindringlich. Ziel Moskaus sei es, „die NATO zu unterminieren, europäische Demokratien zu destabilisieren und die Gesellschaften des Westens zu spalten, um sie in eine selbstzerstörerische Lähmung zu treiben.”

Russlands strategisches Kalkül liege demnach darin, das wirtschaftlich überlegene Europa langfristig in Abhängigkeit zu bringen – durch Energiepolitik, Desinformation und gezielte Einflussnahme auf öffentliche Meinung und Wahlen. „In der Häufung all dieser Aktivitäten sehen wir eine neue Qualität der Konfrontation”, so Jäger.

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Noch im Frühjahr hatten dänische und deutsche Nachrichtendienste erklärt, ein direkter russischer Angriff auf NATO-Staaten sei vor 2029 unwahrscheinlich. Jägers jüngste Warnung deutet jedoch darauf hin, dass Berlin ein solches Szenario inzwischen nicht mehr ausschließt. Der österreichische Militäranalyst Gustav Gressel hatte die Wahrscheinlichkeit eines russischen Angriffs auf die NATO zuletzt bei 100 Prozent angesetzt.

Ende 2028 ist mit der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten zu rechnen, so Gressel. Während sich danach die Zeit zur Amtseinführung „turbulent” gestalten wird, wird Russland – gestärkt durch China und Nordkorea – weiterhin gut dastehen und zudem kriegserfahren sein. 2029 bezeichnete Gressel daher als ein „relativ kritisches Jahr” für einen möglichen Angriff.