Bei „Maischberger“ geht es um die Frage, ob der Durchbruch im Nahen Osten neuen diplomatischen Schwung in die Bemühungen um ein Kriegsende in der Ukraine bringt. CDU-Politiker Laschet lobt Trumps „Meisterleistung“ und sieht Potenzial für eine neue Dynamik für Kiew – unter einer Voraussetzung.
US-Präsident Donald Trump ist überzeugt: Mit dem von ihm vermittelten Deal über die Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der Hamas und einen Waffenstillstand in Gaza ist der Beginn eines „goldenen Zeitalters für den Nahen Osten“ angebrochen. Doch trotz des Durchbruchs steht weiterhin die Frage im Raum, ob ein dauerhafter Frieden in Nahost überhaupt möglich ist – und ob Trump nun auch den Krieg in der Ukraine beenden kann.
Nach Einschätzung des Journalisten Constantin Schreiber, der im Rahmen des Axel Springer Global Reporters Netzwerks für WELT aus Israel berichtet, liegt neben der Freilassung der Geiseln sowie palästinensischer Gefangener und der Sicherung der Waffenruhe eine große Herausforderung darin, Vorurteile im Nahen Osten abzubauen. Diese seien insbesondere auf der palästinensischen Seite ausgeprägt: In Medien, im Bildungssystem und in Moscheen werde ein „Feindbild von Kindesbeinen an geprägt (…), wo man überlegen muss, wie es möglich ist, das umzudrehen“. „In dieser Gesamtheit gibt es das in Israel nicht“, sagte Schreiber am Dienstagabend im ARD-Polittalk „Maischberger“.
CDU-Außenpolitiker Armin Laschet würdigte in der Sendung die Friedensbemühungen Trumps. „Ohne die Art, wie Trump das erreicht hat, wäre das nicht möglich gewesen. Das ist eine diplomatische Meisterleistung.“ Der Friedensplan sei „eine Leistung, die Europa nicht hingekriegt hat“, zeigte sich Laschet überzeugt. Wie nachhaltig das sei, werde sich zeigen – aber „die Schritte, die vorgezeichnet sind, sind auf Nachhaltigkeit angelegt“.
In einem nächsten Schritt müsse nun die geplante internationale Sicherheitstruppe im Gaza-Streifen eingerichtet werden, um den Waffenstillstand zu garantieren, forderte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. „Das Dritte –das ist der langfristige Plan – ist die Sonderwirtschaftszone, die ermöglichen soll, dass nicht nur mit externem Geld aufgebaut werden soll, sondern auch Investitionen in den Gaza-Streifen gehen.“
Ein Erfolg des Vorhabens der Friedenstruppen sei allerdings nur mit einem UN-Mandat zu erreichen, so Laschet. Diesem müssen auch Russland und China – als ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat– zustimmen. „Ich halte es sogar für denkbar, dass sie zustimmen“, so Laschet. Aber dazu müsse man mit ihnen reden –was die Europäer derzeit ablehnten. „Auf dem Weg, ein UN-Mandat zu erreichen, wird da möglicherweise auch eine neue Dynamik einsetzen.“
Eine Dynamik, die sich auch auf den weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs auswirken würde? Bei dieser Frage zeigte sich Laschet skeptisch: „Wenn Trump mit der gleichen Energie Druck auf Russland machen würde“ – gemeint sind etwa schärfere Sanktionen, wie sie der US-Senat vorgeschlagen hat – „hätte das „enormes Potenzial“, glaubt der CDU-Politiker. Er sei sich „nur nicht sicher, ob er das in dieser Form, mit dem Commitment wie er das in Israel gemacht hat, einsetzt“.
„Schmutzige Realpolitik“
Politikwissenschaftler Johannes Varwick sieht keinen Anlass für Euphorie, zeigte sich aber im Hinblick auf den Friedensprozess für Gaza vorsichtig optimistisch. Es sei kein Naturgesetz, „dass der Nahe Osten im Chaos versinkt“, so Varwick. Mit den beteiligten Staaten, „auch mit der Türkei, Katar und den USA“, könne nun tatsächlich ein langfristiger Friedensprozess beginnen. Wichtig sei aber, „dass Rückschläge, die sicherlich passieren werden, nicht wieder in einen Krieg führen“.
Weniger optimistisch zeigte sich der Politologe hingegen im Hinblick auf Russland, das seiner Einschätzung nach im Ukraine-Krieg nicht einlenken werde. Die Interessen des Kreml seien klar. Moskau wolle keine Ukraine, „die Aufmarschgebiet für westliches Militär wird“. Dieser Krieg werde „territoriale Veränderungen in der Ukraine zur Folge haben“. Das sei „schmutzige Realpolitik, aber es wird nicht anders ausgehen“, glaubt Varwick.
Die Bedrohungslage ist nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden auch für die Verbündeten der Ukraine hoch. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Martin Jäger, hatte am Montag gewarnt, dass „in Europa bestenfalls ein eisiger Friede herrscht, der punktuell jederzeit in heiße Konfrontationen umschlagen kann“. Und warnte: „Wir müssen uns auf weitere Lageverschärfungen vorbereiten.“
Laschet betonte, man müsse zwar ernst nehmen, was der BND über die Bedrohungslage sage, stellte aber auch klar: „Nicht jede Drohne, die im Moment in Deutschland aufsteigt oder über einen Flughafen kreist, ist der Russe.“ Es sei „eine angespannte Lage“, aber man rede sich auch „in eine Stimmung hinein, die nicht sachgerecht ist“. Im Umgang mit Russland und den möglichen Gefahren müsse „sachlich die Dinge erörtern, aber trotzdem klarmachen, dass wir mit allen militärischen Möglichkeiten an der Seite der Ukraine stehen“, so Laschet.
Manfred Weber, CSU-Politiker und Partei- und Fraktionsvorsitzender der EVP im Europäischen Parlament, hatte Ende September in der Sendung „Markus Lanz“ die Frage aufgeworfen, „wie es da wäre, mal die Moskauer U-Bahn lahmzulegen? Wir müssen in der Lage sein, sich zu wehren und Putin zu signalisieren: Hör auf damit!“, sagte Weber.
Laschet hält das nicht für die richtige Strategie. „Das gehört auch zu der Kategorie ‚einfach dahergeredet‘. Was soll das heißen? Wir sind gar nicht Kriegspartei.“