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Budapest wird zum Schauplatz eines diplomatischen Coups: Putin will Donald Trump in Ungarn für die Ukraine-Verhandlungen treffen – trotz Haftbefehl.
Budapest – Erst drohte er ihm mit der Lieferung von den gefürchteten Tomahawk-Raketen an die Ukraine, jetzt will er mit ihm wieder verhandeln: US-Präsident Donald Trump plant ein Treffen mit Wladimir Putin in Budapest, um dort mit dem Kremlchef über ein mögliches Ende vom Ukraine-Krieg zu sprechen. Es wäre der erste Besuch von Russlands Autokraten auf EU-Boden seit Beginn seines Angriffskrieges. Doch ist das überhaupt machbar? Denn gegen Putin liegt ein internationaler Haftbefehl vor – und der Mann aus Moskau müsste durch den Nato-Luftraum fliegen. Bekommt er deshalb sicheres Geleit oder ist alles wieder nur ein Bluff?

Will Putin trotz Haftbefehl sicheres Geleit nach Ungarn geben: Präsident Victor Orban. © Valeriy Sharifulin/dpa
Das geplante Treffen von Trump und Putin in Ungarn sorgt jedenfalls international für Aufsehen. Am Freitag (17. Oktober) war Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Gesprächen in Washington. Am Abend zuvor hatte Trump mit dem Kreml telefoniert – und sich dabei mit Putin auf die Zusammenkunft in Budapest geeinigt. Das kündigte der US-Präsident auf der sozialen Plattform Truth Social an. Ein genauer Zeitpunkt steht noch nicht fest. Aber in einem ersten Schritt sollen die beiden Außenminister der USA und aus Russland die Situation ausloten. Innerhalb von zwei Wochen, so berichtete die Nachrichtenagentur dpa, könnten sich die beiden Staatschefs treffen.
Ende vom Ukraine-Krieg: Trump will Putin in Ungarn treffen – trotz Haftbefehl
Wird es vielleicht am Ende dann doch ein Ende vom Ukraine-Krieg geben? Während die Welt noch über die Tragweite des angekündigten Trump-Putin-Treffens in Budapest diskutiert, rückt zunächst aber eine ganz praktische Frage in den Fokus: Wie kann der russische Präsident Wladimir Putin, gegen den seit März 2023 ein internationaler Haftbefehl vorliegt, ungestraft in eine EU-Hauptstadt reisen? Die Antwort liegt in einem strategischen Schachzug Viktor Orbáns, der Ungarn zum sicheren Hafen für international gesuchte Staatschefs gemacht hat.
Haftbefehl gegen Putin: Ungarn tritt aus Internationalem Strafgerichtshof aus
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag erließ den Haftbefehl gegen Putin wegen des Vorwurfs der Deportation ukrainischer Kinder – ein Kriegsverbrechen. Eigentlich wären alle 125 Vertragsstaaten des IStGH verpflichtet, Putin bei Betreten ihres Territoriums festzunehmen.
Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite Russlands

Doch Ungarn hat sich diesem völkerrechtlichen Konsens entzogen. Wie die Deutsche Welle berichtet, hat die Orban-Regierung bereits im April angekündigt, die Zusammenarbeit mit dem Gericht aufzukündigen. Der Austritt wurde dann vom ungarischen Parlament im Mai 2025 offiziell beschlossen. Formal würde der Austritt erst im kommenden Jahr wirksam. Allerdings: Die Anerkennung des IStGH beruht auf dem Völkerrecht, das nicht sanktioniert werden kann. Ungarn kann sich also ungestraft in einer rechtlichen Grauzone bewegen.
Der Auslöser für Ungarns Austritt war der Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im April 2025 in Budapest. Auch gegen ihn liegt ein IStGH-Haftbefehl vor – wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Orbán hatte damals klargestellt: „Dieses Gericht ist zu einem Mittel der Politik degradiert worden“, zitierte ihn die Zeit.
Der Netanjahu-Besuch war für Ungarn ein Präzedenzfall, der nun Putin zugutekommt. Trotz des internationalen Haftbefehls will die Orbán-Regierung den russischen Staatspräsidenten nicht festnehmen, sollte dieser tatsächlich nach Budapest kommen. Das hat Ungarns Außenminister Peter Szijjarto bereits klargestellt.
Trump-Putin-Treffen in Budapest: Ungarn will Haftbefehl nicht vollstrecken
„Wir erwarten auch Präsident Wladimir Putin mit Respekt“, sagte Szijjarto bei einer Pressekonferenz, berichtete die dpa unter Berufung auf ungarische Medien. Ungarns Regierung garantiere dem russischen Präsidenten eine ungehinderte Ein- und Ausreise aus Ungarn sowie die erfolgreiche Durchführung seiner Verhandlungen. Hierzu sei keine Abstimmung mit irgendjemandem erforderlich, „da wir ein souveränes Land sind“, sagte der Minister weiter.
Für die EU entsteht trotzdem ein rechtliches und politisches Dilemma von enormer Tragweite. Erstmals seit Beginn des Ukraine-Kriegs würde Putin wieder EU-Boden betreten. Die Mongolei hatte laut der Tagesschau bereits im September 2024 internationale Kritik geerntet, als sie Putin trotz Haftbefehl nicht festnahm. Nun steht ein EU-Mitgliedsstaat vor derselben Entscheidung.
Reaktion auf Gipfel in Budapest: Grüne kritisieren Schaulaufen von Trump und Putin
In Deutschland stieß die Ankündigung für ein neues Trump-Putin-Treffen auch auf ein gemischtes Echo. Bundestags-Vizepräsident Omid Nouripour verlangte von der Bundesregierung eine klare Ablehnung des Gipfels. „Die Bundesregierung sollte die EU und die deutschen Interessen verteidigen“, sagte der Grünen-Politiker der dpa und fügte hinzu: „Das bedeutet, ein solches Schaulaufen abzulehnen, anstatt sich in Lobeslyrik für Trumps naiven Vorschlag zu überbieten.“ Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte das Vorhaben zuvor begrüßt.
Hinter der Debatte steht vor allem die Frage: Was würde das Treffen bringen? Trump hatte zu Beginn seiner Amtszeit die Absicht geäußert, den Ukraine-Krieg schnellstmöglich zu beenden. Dies gestaltet sich aber für ihn schwieriger als gedacht. Bereits vor einigen Wochen hatte er sich trotz internationalem Unmuts mit Putin in Alaska getroffen. Damals hatte Putin sich aber an keine Verabredungen gehalten und seinen Angriffskrieg unverdrossen weiter fortgesetzt – was im Weißen Haus zuletzt für Verärgerung gesorgt hatte.
Offene Frage: Lässt die Nato Putin nach Ungarn reisen?
Vor dem Treffen mit Selenskjy am Freitag stellte Trump der Ukraine deshalb mehr „Feuerkraft“ zur Verteidigung in Aussicht. Experten rätseln nun, ob es sich dabei auch um eine Drohung halten könnte, um Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen. Umgekehrt nutzt Putin mögliche Treffen, um Zeit zu gewinnen. Inwieweit jetzt Bewegung in die festgefahrenen Gespräche kommt, bleibt abzuwarten. Denn unabhängig von der Tatsache, dass Ungarn Putin in Budapest nicht festnehmen will – der Kremlherrscher muss erst einmal dorthin reisen. Zwischen Russland und Ungarn liegt vor allem eines: Nato-Luftraum oder das Gebiet der Ukraine. (Quellen: dpa, Deutsche Welle, tageschau.de, zeit.de) (jek)