Angespannte Gelassenheit. So lässt sich der aktuelle Gemütszustand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Amt für Verbraucherschutz, Tierschutz und Veterinärwesen der Städteregion Aachen wohl am besten beschreiben. Denn obwohl bislang zwischen Baesweiler und Monschau kein nachgewiesener Fall aktenkundig ist, ist die Krankheit, von der gerade in ganz Deutschland die Rede ist, auch hier Thema: die Vogelgrippe oder sogar Geflügelpest – eine anzeigepflichtige und staatlich bekämpfungspflichtige Tierseuche.
Auslöser sind hochpathogene, also stark krankmachende, aviäre (abgeleitet von avis, lateinisch für Vogel) Influenzaviren (HPAIV) des Subtyps H5N1, die gerade zirkulieren. Die Ausbreitung vollzieht sich mit großer Dynamik und führt bei infizierten Tieren in der Regel zu schweren Verläufen – mit meist tödlichem Ende. Sie befällt in erster Linie Hühner, Enten, Gänse und Puten. Und Wildvögel wie zum Beispiel Gänse oder vor allem Kraniche, die gerade in großen Schwärmen unterwegs in ihre südlichen Winterquartiere sind, dabei in Deutschland Station machen und so zum Hauptinfektionsherd werden. So stark wie noch nie. Dabei hat der Vogelzug seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht.
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Betroffen sind derzeit vor allem Mastbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Nach Angaben des für Tierseuchen zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) hat sich das Virus aber fast über ganz Deutschland ausgebreitet. Hunderttausende Tiere mussten bereits getötet werden. Auch in NRW – konkret: in Geflügelbetrieben im Kreis Kleve und im Kreis Paderborn, wo deshalb bereits Restriktionszonen mit strengen Auflagen für Geflügelhaltungen gelten, sowie vereinzelt im Ruhrgebiet, bei Soest und bei Bielefeld – ist das Virus nachgewiesen. Im belgischen Welkenraedt wurde es im Bestand eines Hobbyhalters entdeckt.
Die Einschläge kommen also näher. Das spürt auch das zuständige Amt der Städteregion. „Seit Mitte/Ende der vergangenen Woche erreichen uns verstärkt Anrufe von besorgten Menschen, die verendete Tiere gefunden haben“, sagt Amtsleiterin Ellen Leimbach. Handelt es sich dabei um Geflügel oder um Wildvögel, rücken die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus, sammeln die toten Tiere ein und schicken sie zur näheren Diagnose ins zuständige Veterinäruntersuchungsamt in Krefeld.
Das Infektionsgeschehen im Blick: Ellen Leimbach, Leitern des Amtes für Verbraucherschutz, Tierschutz und Veterinärwesen der Städteregion Aachen, und Amtstierarzt Simon Kreutz. Foto: Hermann-Josef Delonge
Wie gesagt: Alle Befunde waren bislang unauffällig. Ob das so bleibt? „Das wird sich zeigen“, sagen Amtsleiterin Leimbach und Amtstierarzt Simon Kreutz. Tatsache ist jedoch, dass die Städteregion bereits in vergangenen Jahren von der Vogelgrippe, die spätestens seit 2006 zu einem jährlich aufpoppenden Problem geworden ist, weitestgehend verschont geblieben ist. Kein Zufall, denn sie ist nicht gerade als Geflügelhochburg bekannt. Mit rund 1200 gemeldeten Haltern und insgesamt rund 40.000 Tieren rangiert sie weit unter dem Durchschnitt in Deutschland beziehungsweise NRW. Darunter sind lediglich fünf Betriebe mit je knapp 1000 Tieren – alles Legehennen, also keine Mastbetriebe. Bedenkt man, dass gewerbliche Betriebe zwischen 10.000 und 30.000 Tiere halten, treten die strukturellen Unterschiede klar hervor.
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Hinzu kommt, dass die Städteregion keine klassischen Aufenthaltsgebiete für große Scharen von Wildvögeln bereithält – im Unterschied etwa zu den großen Wasserflächen am Niederrhein oder zur Mecklenburgischen Seenplatte. Vereinzelte Tümpel und Weiher spielen dabei eher keine größere Rolle.
Und trotzdem: Die Gefahr ist vorhanden. „Wer Geflügel hält, muss wachsam sein“, sagen Leimbach und Kreutz. So weit wie etwa der Kreis Heinsberg, der Geflügelhaltern empfohlen hat, die Tiere nach Möglichkeit in den geschützten Ställen zu belassen, geht die Städteregion (noch) nicht. Sie ruft allerdings zu besonderen Sicherheitsmaßnahmen auf. Denn für jeden Geflügelhalter sei „der Fall der Fälle“, sprich: das Töten des Bestands, eine Katastrophe, sagt Laimbach.
Dazu gehört, dass Halter ihren privat oder gewerblich genutzten Bestand der Tierseuchenkasse NRW (die Ansprechpartner für mögliche Entschädigungen im Falle von massenhaften Tötungen ist) und dem Veterinäramt zu melden haben. Dass sie das Amt bei dem Verdacht einer Ansteckung direkt informieren müssen. Dass sie ihr Geflügel nur an für Wildvögel unzugänglichen Stellen füttern dürfen. Oder dass sie die Umgebung ihrer Betriebe „unattraktiv für den Aufenthalt von Wildvögeln“ machen. Die Pflicht einer tierärztlichen Untersuchung „bei erhöhten Tierverlusten im Bestand“ liest sich dabei wie eine Selbstverständlichkeit.
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Und was können, was sollten Bürgerinnen und Bürger tun? Vor allem natürlich das Veterinäramt informieren, wenn ihnen verendete wildlebende Wasser- oder Greifvögel auffallen – am besten per Mail unter vetamt@staedteregion-aachen.de. Oder dafür sorgen, dass ihre Hunde nicht in Kontakt zu Wildvögeln kommen. Weniger, weil die Vierbeiner selbst gefährdet sein könnten, sondern um zu verhindern, dass sie das Virus übertragen. Selbstverständlich sollten verendete oder krank erscheinende Tiere nicht berührt und vom Fundort entfernt werden – auch wenn ein „besonderes Risiko für die Allgemeinbevölkerung bei der Geflügelpest nicht besteht“.
Alle aktuellen Infos zur Vogelgrippe gibt es online unter www.staedteregion-aachen.de/gefluegelpest. Und irgendwann, wenn das Virus seine Kraft verloren hat und die Wildvögel fortgezogen sind, wird sich dann zeigen, ob es bei der „angespannten Gelassenheit“ angesichts der Vogelgrippe im Amt für Verbraucherschutz, Tierschutz und Veterinärwesen geblieben ist.