Die staatliche türkische Religionsbehörde versucht, mit der türkisch-islamischen Stiftung für die Schweiz TISS den Einfluss des Islams in der Schweiz auszubauen – und hat dafür in den letzten Jahren Millionen von Franken investiert, die mutmasslich direkt aus Ankara kommen. Diese Vorwürfe erhebt die «NZZ am Sonntag» in einer grossangelegten Recherche.
Offiziell kümmert sich TISS um Pilgerreisen, Bestattungen und Islamunterricht. Inoffiziell soll sie ein verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet sein, wie die Zeitung mit Berufung auf Dokumente und Experten berichtet.
7 Millionen für Kulturzentrum – und Geld vom Fedpol
Gegründet 1987, vereint die Stiftung heute rund 50 Moschee-Vereine. Seit 2017 kauft sie Immobilien in diversen Kantonen. Total belaufen sich die Käufe auf über 16 Millionen Franken, hinzu kommen mehrere Schenkungen. In Zürich-Oerlikon soll zudem in einem Neubau für 7 Millionen Franken ein Kulturzentrum entstehen.

Die Türkisch-Islamische Stiftung hat ihren Sitz in Rümlang. Ein grosser Neubau ist in Zürich-Oerlikon geplant.Screenshot/Google Maps
Trotz offenbar üppigen Eigenmitteln profitiert die Stiftung seit 2025 auch von staatlicher Unterstützung. Eine Moschee im Zürcher Kreis 4 erhielt vom Fedpol über 14’000 Franken zur «Unterstützung von Minderheiten».
«Bei Allah, wir erhalten kein Geld aus dem Ausland»
Bilal Yildiz, TISS-Stiftungsratspräsident
Bilal Yildiz streitet gegenüber der «NZZ am Sonntag» (Bezahlartikel) jede Verbindung zu Ankara ab: «Bei Allah, wir erhalten kein Geld aus dem Ausland», so der Stiftungsratspräsident mehrfach. Die Gelder würden aus Spenden und «Eigenmitteln» stammen. Die Stiftung macht ihre Finanzierung nicht öffentlich.
Die Recherche verweist aber auf auffällige Verbindungen zur Diyanet in Ankara: Die Behörde ist direkt Präsident Erdogan unterstellt und hat ein Jahresbudget von knapp drei Milliarden Franken. Sie entsendet international Imame und verteilt religiöse Vorgaben. Im Herbst 2023 leitete ein Diyanet-Vize aus Ankara eine Sitzung in Rümlang, kurz darauf wurde der Bau in Oerlikon beschlossen.
Hamas-Terroristen als «heilige Kämpfer»
Beobachter warnen: Die Stiftung sei Teil einer türkischen Einflussoperation. «Die Moscheen wirken wie ferngesteuert», sagt Islamismus-Expertin Saïda Keller-Messahli. Und der österreichische Politologe Nicolas Stockhammer bezeichnet die Stiftung als mögliches «Islamisierungsvehikel».
In den Freitagspredigten, die aus Ankara übernommen werden und in Schweizer Moscheen gespielt werden, werden Hamas-Terroristen als «heilige Kämpfer» gepriesen, die auf keinen Fall entwaffnet werden sollen.
Plötzlich wechselt TISS sein Image
Während der NZZ-Recherche gibt sich die Stiftung ein neues Gesicht, wie es in dem Bericht heisst: Neu werde man unter dem Namen Schweizerisch-Islamische Stiftung auftreten und keine türkischen Stiftungsratsmitglieder mehr zulassen. Der Schritt sei laut den TISS-Verantwortlichen schon vor Jahren beschlossen worden, bislang aber noch nicht im Handelsregistereintrag ersichtlich gewesen. Auf der Website heisst die Stiftung nach wie vor Türkisch-Islamische Stiftung, diverse der im Handelsregister aufgeführten Stiftungsratsmitglieder sind türkische Staatsbürger.
Die Namensänderung könnte laut der NZZ vor allem einen politischen Hintergrund haben: Ein Vorstoss von Fabian Molina fordert nämlich mehr Transparenz bei der Finanzierung religiöser Organisationen aus dem Ausland. Der SP-Nationalrat sieht sich in der Umbenennung der Organisation bestätigt, dass «der gewählte Ansatz über die Finanzflüsse richtig ist». Beim Bundesamt für Justiz arbeitet man derzeit an einer Analyse, auf deren Basis Massnahmen folgen sollen.
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