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Vonovia-Boss vor Abschied: Er warnt eindringlich vor dem Kollaps des deutschen Wohnungsmarkts und fordert eine Reform der Mietregulierung bis 2029.

München – Zwölf Jahre lang formte Rolf Buch Deutschlands größten Wohnungskonzern Vonovia. Jetzt, kurz vor seinem Abschied zum Jahresende, schlägt der 60-Jährige dramatisch Alarm: „Wir gefährden den sozialen Frieden in den Städten“, warnt er in der WirtschaftsWoche vor den Folgen explodierender Mieten. Seine düstere Prognose erhält jetzt wissenschaftliche Unterstützung: Eine neue Studie des Pestel-Instituts zeigt, dass in Westdeutschland bereits 1,2 Millionen Wohnungen fehlen.

Mangelware Wohnraum: Mehr als neun Monate suchte die 67-jährige Rentnerin Doris Böhnel aus Gelting nach einer bezahlbaren Unterkunft.

Mangelware Wohnraum: Ein Problem in vielen deutschen Städten. © Frank Rumpenhorst

Der scheidende Vonovia-Chef sieht in der aktuellen Mietpreisbremse eine tickende Zeitbombe. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Mietpreisbremse einfach wegfällt“, erklärt er der WirtschaftsWoche. Seine Rechnung ist erschreckend: Würden alle Vermieter plötzlich statt 11 Euro pro Quadratmeter 17 Euro verlangen, entstünde ein sozialer Flächenbrand in deutschen Großstädten wie München, wo die Preise zuletzt immer mehr stiegen. Die Zeit drängt: Die Mietpreisbremse läuft 2029 aus. Buch fordert eine Reform noch in dieser Legislatur – mit sozialer Staffelung, bei der nicht mehr alle Mieter gleich behandelt werden. Sein Vorschlag: Ein Drittel der frei werdenden Wohnungen soll gezielt an einkommensschwache Haushalte mit Wohnberechtigungsschein gehen.

Wirtschaftskrise durch Wohnungsmangel

Die Dimension der Krise wird erst jetzt richtig sichtbar. „Die Lösung der Wohnungsfrage ist Voraussetzung der wirtschaftlichen Entwicklung“, erklärt Pestel-Chefökonom Matthias Günther. Der Wohnungsmangel blockiert inzwischen ganze Arbeitsmärkte, weil Menschen nicht mehr umziehen können, um Jobs in anderen Regionen anzunehmen.

„Wohnungsnot zersetzt unsere Gesellschaft“, beschreibt Buch die dramatischen Folgen. Wenn Vonovia in Berlin eine Wohnung inseriert, gehen binnen zwei Stunden 800 Bewerbungen ein. Frauenhäuser können keine neuen Zimmer bereitstellen, weil Anschlusswohnungen fehlen. Jugendliche müssen bei Freunden unterkommen.

Impressionen: Die neue Ausgabe von „Bauen & Wohnen“

Sanieren mit Fördergeldern

Fotostrecke ansehenParadox: Millionen Wohnungen stehen leer

Gleichzeitig offenbart die Pestel-Studie ein Paradox: In vielen Landkreisen stehen über fünf Prozent der Wohnungen leer. Ein Grund: Ältere Eigentümer haben Angst vor problematischen Mietern. Zwei Millionen Single-Haushalte leben in Wohnungen mit mehr als 100 Quadratmetern – viel zu groß für eine Person.

Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) kontert die düsteren Prognosen mit konkreten Zahlen: 23,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau, weitere 11 Milliarden aus dem Sondervermögen. „Wir drehen den Spieß um, wir geben den Kommunen die Brechstange an die Hand“, verspricht sie beim geplanten Bau-Turbo, der Genehmigungsverfahren von Jahren auf Monate verkürzen soll. Doch die Bauindustrie bleibt skeptisch. Bauindustrie-Präsident Peter Hübner bezweifelt den Erfolg. In den Kommunen herrsche große Angst vor Fehlern bei Genehmigungen.

Wohnungsnot in Deutschland: Hoffnung durch Gebäudetyp E

Einen Lichtblick sieht Buch im geplanten Gebäudetyp E, der Abweichungen von rund 20.000 Bauvorschriften erlaubt. „Eine Steckdose kostet vielleicht fünf Euro, aber bei 1000 Steckdosen in einem Gebäude wirkt sich das natürlich auf die Kosten aus“, erklärt er das Sparpotenzial gegenüber IPPEN.MEDIA bei Merkur.de. Vonovia will wieder 3000 neue Wohnungen pro Jahr bauen – mit Mieten unter 15 Euro pro Quadratmeter.„Wenn wir Fehler machen, brennen Städte“ – nicht physisch, aber emotional, warnt Buch zum Abschied. Zum Jahreswechsel übergibt er die Führung an Luka Mucic, den bisherigen Finanzchef von Vodafone. (Quellen: WirtschaftsWoche, dpa, Merkur.de)