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Asien treibt mit Klimaschutz sein Wachstum voran. China beherrscht Solar- und E-Auto-Märkte. Europa fällt bei Momentum und Wettbewerbsfähigkeit zurück.
Berlin/Peking/Xinjiang – Während Europa in eine Phase grüner Ernüchterung eintritt, entfaltet sich in Ost- und Südostasien eine gegensätzliche Dynamik. Laut einem Journal von Internationale Politik und Gesellschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung gilt der Klimawandel in Ländern wie Japan, Südkorea, Vietnam und China längst als zentrale Herausforderung – und zugleich als Hebel für Wachstum, Technologie und Wettbewerbsfähigkeit.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In Südkorea sehen 85 Prozent, in Japan 81 Prozent und auf den Philippinen über 90 Prozent den Klimawandel als ernste Gefahr. Deutlich mehr als in vielen europäischen Ländern. Diese Bedrohungswahrnehmung prägt politische Prioritäten und wirtschaftliche Strategien in einer Deutlichkeit, die Europa zuletzt verloren hat.

Grünes Mordor: Was wie eine apokalyptische Landschaft aus Tolkiens Fantasie wirkt, ist Chinas Realität der Energiewende – Solarparks in industriellen Dimensionen. © IMAGO / VCGChina dominiert globale Solarmärkte – Staatliche Subventionen als Erfolgsfaktor
Am deutlichsten zeigt sich diese Dynamik in China, wo klimaverträgliches Wachstum Teil einer langfristigen industriepolitischen Strategie ist. Informationen zufolge stammen heute rund 80 Prozent der weltweit produzierten Solarmodule aus chinesischer Fertigung; bei Batterien liegt der Anteil bei über 60 Prozent. Gleichzeitig drängen chinesische Automobilhersteller wie BYD, Geely oder SAIC auf internationale Märkte und überholen und verdrängen etablierte westliche Wettbewerber bei Stückzahlen, Exporten und Innovationszyklen – ein Muster, das sich auch in anderen Zukunftstechnologien wie der Biotechnologie zeigt. Die Zahlen sind beeindruckend: Laut dem Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) wurden allein in den ersten sechs Monaten 2025 neue Solaranlagen mit einer Leistung von 210 Gigawatt neu errichtet – mehr als die gesamte installierte Solarleistung in den USA Ende 2024 mit rund 178 Gigawatt. Deutschland liegt Ende 2024 bei 100 Gigawatt.
Der Erfolg basiert auf massiven staatlichen Interventionen. Chinesische Subventionen sind im Durchschnitt drei bis vier Mal höher als in OECD-Ländern. Manchmal sind sie bis zu neunmal so hoch, wie DW berichtet. Ein Bericht des Kieler Instituts für Weltwirtschaft schätzte industrielle Subventionen 2019 auf 221 Milliarden Euro oder 1,73 Prozent von Chinas Bruttoinlandsprodukt.

Das Solarkraftwerk in Xinjiang, China, erstreckt sich über Tausende Hektar Wüstenlandschaft. Solche Mega-Projekte ermöglichen es China, allein in den ersten sechs Monaten 2025 mehr Solarleistung zu installieren als die USA insgesamt besitzen. © IMAGO / VCGErneuerbare Energien überholen Kohle global: Südkorea und Japan setzen auf Innovation
Der weltgrößte E-Auto-Hersteller BYD erhielt 2022 Subventionen in Höhe von 2,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2020 waren es noch 220 Millionen Euro. Diese industriepolitische Steuerung schafft durch langfristige Subventionen, Kreditprogramme und Planungszyklen entscheidende Anreize.
Auch jenseits von China ist das Momentum klar erkennbar. Südkorea investiert Milliarden in Wasserstofftechnologien und Kreislaufwirtschaft, Japan verknüpft Klimaschutz mit technologischer Innovation – von Energieeffizienz bis zur Digitalisierung der Stromnetze. Konzerne wie Hyundai, SK oder LG Energy Solution prägen weltweit Standards bei Batterien und Brennstoffzellen, während Mitsubishi und Panasonic Maßstäbe in Effizienz- und Steuerungstechnologien setzen.
Die Erfolge zeigen sich in globalen Statistiken: Laut einem Bericht der Denkfabrik Ember generierten Wind- und Solaranlagen 2025 erstmals mehr Strom als Kohlekraftwerke weltweit. Die Welt erzeugte fast ein Drittel mehr Solarstrom im ersten Halbjahr 2025 verglichen mit 2024 und deckte damit 83 Prozent des globalen Strombedarfswachstums.

Von Nazca nach Xinjiang: Was einst die Nazca-Kultur in Perus Wüste als rätselhafte Linien hinterließ, schaffen heute chinesische Ingenieure als Solarparks – gigantische Muster, die aus der Luft wie moderne Geoglyphen wirken. © IMAGO / VCGDeutschlands Energiewende verliert an Schwung und Europa verliert industrielle Wettbewerbsfähigkeit
Deutschland hingegen kämpft mit strukturellen Problemen. Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge stieg die installierte Leistung erneuerbarer Energien 2024 um 20 Gigawatt auf 190 Gigawatt – ein respektabler Zuwachs von immerhin zwölf Prozent. Doch es gibt Schwächen. Bei Windenergie an Land fehlten laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) 5,5 Gigawatt zum EEG-Ziel 2024. Wind auf See dürfte die gesetzlichen Ziele von 30 Gigawatt für 2030 erst 2032 erreichen. Besonders problematisch: Dem Monitoringbericht 2025 zur Energiewende zufolge schwächt sich die Zubaudynamik bei Aufdach-Solaranlagen ab, was negative Effekte auf die Zielerreichung bis 2030 haben könnte. Gleichzeitig steigen die Systemkosten. Der Netzausbau im Übertragungsnetz kostet laut Monitoringbericht statt geplanter 320 nun 440 Milliarden Euro – eine Steigerung um 37,5 Prozent.
Das Engagement, das China seit den 2000er Jahren zeigt, war auch in Europa einst spürbar. Davon zeugen der European Green Deal der EU-Kommission und das – zugegeben auf der Kippe stehende – vorläufige Verbrenner-Aus. „Doch was nützen ambitionierte Ziele, wenn sie im Wochentakt infrage gestellt werden?“, fragt sich nicht nur Dr. Franziska Schmidtke, redaktionelle Politikwissenschaftlerin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Europas Solarindustrie wurde bereits durch billige chinesische Importe dezimiert. Obwohl EU-Länder 2024 Rekordmengen an Solarkapazität installierten – 40 Prozent mehr als 2022 – kam die überwiegende Mehrheit der Module und Teile aus China. Dazu mehrten sich Meldungen von insolventen europäischen Solar-Panel-Produzenten. Die EU kündigte bereits Untersuchungen wegen unfairer Subventionen in Chinas Wind- und Solarindustrie an.
Diese Länder besitzen die wertvollsten Rohstoffe der Erde

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Trotz aller Fortschritte bei erneuerbaren Energien bleibt die Kohle ein Problem. China baut weiterhin massiv Kohlekraftwerke aus – 2025 sollen über 80 Gigawatt ans Netz gehen. Der Ausbau erneuerbarer Energien geht mit anhaltendem Kohleverbrauch einher, um den wachsenden Energiehunger zu stillen. Auch global erreichte der Kohleverbrauch einen neuen Höchststand. „Es besteht kein Zweifel daran, dass wir im Großen und Ganzen das Richtige tun. Wir bewegen uns nur nicht schnell genug“, meint Clea Schumer vom World Resources Institute.
Grünes Wachstum funktioniert im Übrigen nur sektorübergreifend. Der Monitoringbericht 2025 zur deutschen Energiewende zeigt auf, dass zwischen Strombedarf, erneuerbaren Energien, Netzausbau, Digitalisierung und Wasserstoffhochlauf starke Interdependenzen bestehen. Deutschland brauche eine „SES 2.0“ – eine weiterentwickelte Systementwicklungsstrategie mit höherer Verbindlichkeit und durchgängiger Planung bis auf lokale Ebene. Und während Asien Klimapolitik längst als Baustein industrieller Stärke begreift, jenseits von Wahlzyklen, ringt Europa noch um eine gemeinsame Linie und steht nun, mehr denn je, vor der Herausforderung, eine eigene Antwort auf diese Dynamik zu finden. (ls)