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Der frühere NATO-Generalsekretär sieht die Ukraine in Gefahr. Er schlägt konkrete Maßnahmen vor, um den Druck auf Russland zu erhöhen.
London – Droht der Ukraine ein „ewiger Krieg“ mit Russland? Der frühere NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält dies zumindest für möglich. In einem Interview mit der britischen Zeitung The Guardian hat er Europa deshalb zu drastischen Maßnahmen aufgerufen.

Wird es zu einem „ewigen Ukraine-Krieg“ kommen? © Oleg Petrasiuk/AFP
Europa müsse den Druck auf Russland drastisch erhöhen, so Rasmussen, sonst stehe die Ukraine vor einem schleichenden Gebietsverlust. Der Däne, der von 2009 bis 2014 an der Spitze der NATO stand, skizzierte in dem Interview einen umfassenden Plan zur Unterstützung der Ukraine.
Um „ewigen Ukraine-Krieg“ zu verhindern: Rasmussen fordert Luftschutzschild über NATO-Gebiet
Als konkrete Maßnahmen schlug er vor, Truppen zu entsenden und einen Raketen- und Drohnenschild zum Schutz der Ukraine auf NATO-Gebiet aufzubauen. Man müsse der Ukraine helfen, sich vor russischen Raketen und Drohnen zu schützen, „indem wir einen Luftschild aufbauen, der es ihnen ermöglicht, russische Raketen und Drohnen abzuschießen“, so Rasmussen.
„NATO-Staaten in der Nähe der Ukraine könnten Standorte für ein NATO-basiertes Luftverteidigungs- und Raketensystem sein.“ Wenn beispielsweise Länder wie Polen sich bereit erklären würden, entsprechende Luftverteidigungssysteme bei sich einzurichten, würde Russland verstehen, dass dies einem Angriff auf das gesamte NATO-Bündnis gleichkäme.
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland

Fotostrecke ansehen„Ewiger Ukraine-Krieg“? Rasmussen plädiert für Stationierung einer europäischen Schutztruppe
Zudem plädierte Rasmussen für die Entsendung einer europäischen Schutztruppe in die Ukraine, noch vor einem möglichen Waffenstillstandsabkommen. Er kritisierte, dass die „Koalition der Willigen“, die eine solche Truppe nach Beendigung der Kämpfe entsenden wollte, zu einer „Koalition der Wartenden“ geworden sei.
„Wenn wir unsere Strategie nicht grundlegend ändern, steuern wir auf einen endlosen Krieg zu“, sagte Rasmussen. „Solange Putin glaubt, auf dem Schlachtfeld gewinnen zu können, hat er keinen Anreiz zu Friedensverhandlungen. Ein Umdenken und ein schnellerer Kurswechsel sind nötig.“

Anders Fogh Rasmussen mahnt Europa zum Handeln. © Mads Claus Rasmussen/ImagoRasmussen sieht Deutschland in der Verantwortung: Wie Berlin „ewigen Ukraine-Krieg“ verhindern könnte
Rasmussen machte überdies deutlich, dass drastische Anpassungen notwendig seien, um einen Wandel bei Putin zu erzwingen. So forderte er, dass die Ukraine mit Langstreckenraketen ausgestattet werde, um mehr Ziele innerhalb Russlands angreifen zu können. In diesem Zusammenhang sieht er zunächst einmal Deutschland in der Verantwortung. Es liege im deutschen Interesse, Putin zu Friedensverhandlungen zu zwingen, sagte der 72-Jährige.
Berlin verfügt dem früheren NATO-Generalsekretär zufolge auch über ein entsprechendes Druckmittel: Sollte die Regierung von Kanzler Friedrich Merz den ersten Schritt machen und der Ukraine Taurus-Marschflugkörper liefern, würde dies auch ein klares Signal über den Atlantik senden. Ein solcher Schritt könnte die USA dazu bewegen, ihre eigene Haltung zu überdenken. Bisher lehnt es US-Präsident Donald Trump ab, der Ukraine Marschflugkörper vom Typ Tomahawk zu liefern. Die Gespräche darüber könnten laut Rasmussen aber durchaus wieder aufgenommen werden.
Ukraine hofft auf Waffen mit größerer Reichweite
Die Ukraine hatte sich zuletzt bei der US-Regierung um Tomahawk-Marschflugkörper bemüht, bislang ist eine Lieferung jedoch nicht in Sicht. Die Tomahawks haben eine Reichweite von bis zu 1600 Kilometern und würden der Ukraine damit Angriffe tief in russischem Gebiet ermöglichen.
Großbritannien und Frankreich liefern der Ukraine bereits Waffen mit größerer Reichweite vom Typ Storm Shadow und Scalp. Besonders interessiert ist die Ukraine an deutschen Taurus-Marschflugkörpern. Die Bundesregierung hat das abgelehnt, da sie eine weitere Eskalation befürchtet. Die neue schwarz-rote Bundesregierung will aus taktischen Gründen weniger detailliert über Waffenlieferungen an die Ukraine berichten als die Vorgängerregierung. Dies betrifft auch etwaige Taurus-Lieferungen.
„Ewiger Ukraine-Krieg“? US-Sicherheitsgarantien für Katar dienen Rasmussen als Vorbild
Rasmussen, der enge Verbindungen zur ukrainischen Führung pflegt, bereist derzeit die Hauptstädte Europas. In London traf er sich mit dem britischen Nationalen Sicherheitsberater Jonathan Powell. Die beiden erörterten, ob die USA der Ukraine Sicherheitsgarantien geben könnten. Dabei verwendeten sie eine ähnliche Formulierung wie jene, die Trump nach dem israelischen Angriff auf Doha gegenüber Katar verwendet hatte.
Für Rasmussen wäre das eine gute Möglichkeit, den Ukraine-Krieg zu beenden. Solche Sicherheitsgarantien würden es dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erleichtern, seinem eigenen Volk ein Friedensabkommen zu verkaufen, das den Verlust ukrainischen Territoriums mit sich brächte, erklärte der frühere NATO-Generalsekretär gegenüber dem Guardian. (Quellen: The Guardian, Kyiv Post, AFP) (cs)