DruckenTeilen
Ungarns Premier Orbán belächelt Warnungen vor Russland und beschuldigt im Ukraine-Krieg Bundeskanzler Merz der Kriegsbefürwortung.
Budapest – Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán glaubt nicht an die Möglichkeit eines bevorstehenden Angriffes durch Russland gegen den Westen: Sorgen und Warnungen europäischer Staats- und Regierungschefs sowie die Einschätzungen von NATO-Spitzen nennt Orbán „lächerlich“. Dabei verweist der Regierungschef auf die militärische Stärke Russlands und Europas. „Bei allem Respekt, ich halte es für lächerlich zu sagen, dass Russland die EU oder die NATO angreifen wird, einfach weil sie nicht stark genug sind. Wir sind viel stärker als sie“, sagte Orbán im Axel-Springer-Podcast mit Vorstandschef Mathias Döpfner.

Wegen Sorge vor Putin-Eskalation: Orbán spaltet Europa. (Symbolbild) © IMAGO / NurPhoto, IMAGO / Russian Look
Orbán, der Kreml-Chef Wladimir Putin nahesteht, führte dabei aus: „Die Europäische Union hat über 400 Millionen Menschen, Russland etwa 140 Millionen. (…) Wenn man die militärischen Kapazitäten der 27 EU-Länder zusammenrechnet, sind wir viel stärker als Russland. Die Russen schaffen es seit mehr als drei Jahren nicht, die Ukraine vollständig zu besetzen“, und fragte: „Wie können wir in Europa behaupten, wir seien schwächer als Russland?“
EU und NATO rüsten zur Abschreckung gegen Russland auf – Warnung vor Putins Militärpotential
Damit widerspricht der ungarische Ministerpräsident den Einschätzungen von Expertinnen und Experten aus NATO-Staaten. So hatte zuletzt etwa der Chef des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr, Alexander Sollfrank, von einem sehr großen Militärpotential Russlands gesprochen. Auch, wenn man derzeit nicht davon ausgehe: „Damit ist bereits heute Russland zu einem regional begrenzten Angriff auf das Nato-Territorium befähigt“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur Sollfrank bei einer Bundeswehrtagung Anfang November.
Nach Ende des Ukraine-Kriegs und bei ungebremster Fortsetzung der Aufrüstung sei ein sogenannter großmaßstäblicher Angriff auf die NATO möglich. „Das bedeutet, dass wir uns mit der Möglichkeit eines Angriffs auf uns beschäftigen müssen, ob uns das jetzt gefällt oder nicht.“ Und das tut nicht nur Deutschland: Europa und die NATO rüsten auf. So hatte etwa die EU-Kommission im Oktober einen Fahrplan für vier große europäische Aufrüstungsprojekte präsentiert: Ziel des Vorstoßes ist es, insbesondere die Luftverteidigung und den Schutz der Ostflanke bis 2030 deutlich zu verbessern.
Putins Verbündete: Diese Länder stehen im Ukraine-Krieg an der Seite Russlands

Fotostrecke ansehenOrbán schert bei Ukraine-Fragen aus – Kanzler Merz wirft er vor: „Er ist für den Krieg“
Direkte Kritik äußerte der ungarische Ministerpräsident mit Blick auf den Ukraine-Krieg zudem an der EU und an Bundeskanzler Friedrich Merz: „Ich bin bereit, dem deutschen Kanzler zu helfen, wenn ich kann, um Frieden zu schaffen – aber er ist für den Krieg“, behauptete Orbán. Dies gelte auch für die EU.
Dass der ungarische Regierungschef ausschert und sich gegen die europäischen Partner richtet, ist nicht neu: Immer wieder stellt sich Ungarn bei Ukraine-Fragen in der EU quer. Jüngst hatte Orbán im Streit um das Importverbot für russisches Gas eine Klage gegen die EU angekündigt. Ungarn gilt als letzter verbliebener Verbündeter Moskaus in der EU – trotz des Kriegs in der Ukraine. (Quelle: Bild, dpa) (pav)