Solche Stresserfahrungen könnten gravierende psychische Folgen verursachen, warnt der Bericht von Terre des Hommes. Es bestünde die Gefahr, dass Kinder emotionale Probleme bekämen, schneller wütend würden, schlechter Beziehungen aufbauten oder ein geringes Selbstwertgefühl entwickelten.

Melanie Schüer, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin vom Psychosozialen Zentrum NTFN warnt: “Wenn in diese sensible Entwicklungsphase so traumatische Geschehnisse fallen, führt dies häufig zu sehr pathologischen Sichtweisen auf sich selbst, andere Menschen und das Leben an sich.” Psychotherapeutin Meyeringh berichtet: “Die Kinder haben oftmals viele multiple Traumatisierungen erlebt, die so krasse Auswirkungen auf ihr gesamtes Leben haben, dass man sich als Therapeutin zu Beginn fragt: Wo fange ich überhaupt an?”

Hinzu kommt: Es gibt nicht annähernd genug psychologische Betreuung für die vorbelasteten Kinder. Und: Die Hürden für geflüchtete Kinder und Jugendliche sind hoch, wie Anna Lena Hötzel vom Psychosozialen Zentrum für Geflüchtete Düsseldorf berichtet: “Manchmal gibt es aus aufenthaltsrechtlichen Gründen keinen Zugang zur regulären, kassenfinanzierten Versorgung.” Auch Dolmetscher werden nicht von der Krankenkasse bezahlt.

Zudem zeigt der Bericht, dass viele Schulen überfordert sind und keine adäquate Betreuung bieten können. Dabei gibt es durchaus Beispiele, die zeigen, was passieren kann, wenn es eine angemessene Betreuung gibt. So erzählt Psychotherapuetin Hötzel: “Besonders berührend ist es, wenn Kinder, die wegen ständiger Albträume kaum noch schlafen konnten, nach einiger Zeit wieder wacher sind – und mit leuchtenden Augen vor einem sitzen.” Manchmal schaffe man es gemeinsam, “die Angst symbolisch in eine Kiste zu sperren”.

Die Politik reagiert unterschiedlich auf die geschilderten Zustände. Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, erklärt t-online, es brauche sichere Zugangswege nach Deutschland, um traumatische Fluchterfahrungen zu vermeiden. Deutschland müsse ein “kindgerechtes Zuhause bieten: ohne Haft, mit Zugang zu Schule und Freizeitangeboten, mit kindgerechten Angeboten zur Verarbeitung des Erlebten und mit einem sicheren Aufenthaltstitel.”

Sie warnt vor einer Verschlechterung durch die GEAS-Reform. Auch Clara Bünger, innen- und fluchtpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, warnt vor möglichen Inhaftierungen im Rahmen der neuen Gesetzgebung. Dies werde die “Situation noch verschärfen” und verstärke die psychischen Belastungen. In Deutschland brauche es “Weiterbildungen für Fachkräfte, um Traumata besser zu erkennen und zu behandeln”.