Neos-Mitgründer Dengler trat in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ für einen Nato-Beitritt Österreichs ein. Danach fackelte Parteichefin Meinl-Reisinger nicht lang. Der Abgeordnete musste das Fach wechseln und ist nun Sprecher für Forschung.

Wien. Lang war Veit Dengler nicht außenpolitischer Sprecher von Neos. Nach nur einem Jahr übernimmt das Gründungsmitglied der liberalen Partei eine neue, weniger exponierte, Funktion im Nationalrat. Er ist fortan für Forschung, Lehre und Start-ups zuständig. Die Regierungspartei bemüht sich, daraus keine große Geschichte und schon gar keine Konfliktstory zu machen. Die Aussendung dazu kam am Freitagnachmittag en passant daher – wie geschaffen, um unter dem Wahrnehmungsradar zu bleiben.

Es gab Rotationen zu verkünden, die nach dem Abgang der Vize-Klubobfrau, Stefanie Krisper, notwendig waren. Und in diese Rochade bettete der Klub gleich auch den Rollenwechsel von Veit Dengler ein. Ihm war der Gestaltungsspielraum ohnehin zu eingeschränkt. Als verlängertes Sprachrohr von Parteichefin Beate Meinl-Reisinger sah er sich nicht ausgelastet. Der frühere Geschäftsführer der NZZ-Mediengruppe wollte eigene Akzente setzen – und das tat er zuletzt auch ausgiebig gegenüber der „Berliner Zeitung“.

Das Interview dürfte die innerparteilichen Entscheidungsprozesse beschleunigt haben. Denn Dengler konterkarierte darin die Linie von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger. „Österreich soll der Nato beitreten“, erklärte er darin unumwunden. Eine eigenständige EU-Armee, wie sie seiner Parteivorsitzenden, vorschwebt, bezeichnet Dengler als „unrealistisch“. Denn es gebe bereits eine EU-Armee, die Nato nämlich, der 23 der 27 EU-Mitglieder angehören. Die EU werde innerhalb der Nato einen stärkeren Pfeiler entwickeln müssen.

Meinl-Reisinger fährt eine sanftere Linie. Auch sie ist der Ansicht, dass die Neutralität alleine keinen Schutz bietet. Doch sie ist sich im Klaren, dass es weder in der Bundesregierung noch im Nationalrat noch in der österreichischen Bevölkerung auch nur annähernd eine Mehrheit für eine Abkehr von der Bündnisfreiheit absehbar ist. Sicherheitspolitisch rührt sie daher nur äußerst behutsam an Tabus. Einen forschen außenpolitischen Sprecher, der ihren Leitlinien nicht folgt, kann sie in der momentanen Situation nicht brauchen. Sie bietet ohnehin schon genug Angriffsfläche für die oppositionelle FPÖ, von der sie regelmäßig als „Nato-Beate“ diffamiert wird.

Scheu, ihr Team rasch umzubilden, hat die Neos-Vorsitzende nicht. Ende des Jahres wird sie ihren Kabinettschef im Außenamt, Arad Benkö, auswechseln. Ihr langjähriger Sprecher, Julian Steiner, kam ihr schon ein paar Wochen nach ihrem Amtsantritt abhanden. Demnächst verlässt auch ihr zweiter Sprecher, Clemens Gaiger, das Kabinett. Die Stellung hält Veronika Dolna.

Neuer außenpolitischer Neos-Sprecher im Nationalrat ist Nikolaus Scherak, der zusätzlich weiterhin für Verfassung zuständig bleibt. Der stellvertretende Klubchef ist auch nicht immer in allen Belangen auf einer Linie mit Meinl-Reisinger und gilt ebenso wie Dengler nicht gerade als enthusiastischer Befürworter der jetzigen Regierungskonstellation. Doch außenpolitisch soll Scherak Kurs halten. Er war auch zuletzt schon Mitglied im Außenpolitischen Ausschuss, dem übrigens auch Veit Dengler erhalten bleibt.

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