Natürlich wollte Markus Gaugisch sich auf keine Prognosen einlassen, das Ziel Halbfinale werde „immer so rausgeblasen, als ob das nichts wäre“. Aber das Lächeln auf dem Gesicht des Bundestrainers verriet, dass er genau wusste, warum diese Fragen jetzt vermehrt kommen werden. Denn sein Team hatte im ersten Härtetest der Weltmeisterschaft im eigenen Land, auch diese Einschätzung war vor dem Spiel gegen die ebenfalls ungeschlagenen Serbinnen des Öfteren herausgeblasen worden, eine begeisternde Leistung gezeigt.

Der 31:20-Erfolg geriet vornehmlich in der ersten Halbzeit zu einer Demonstration der neuen Stärke, als die Serbinnen von einem entfesselten deutschen Team phasenweise an die Wand gespielt wurden. Damit reisen die Gastgeberinnen mit viel Selbstvertrauen, vier Punkten und großen Chancen in die Dortmunder Westfalenhalle, wo sie in einer der vier Hauptrunden-Sechsergruppen um den Einzug ins Viertelfinale kämpfen. Die Gegnerinnen in Dortmund sind die Färöer (Dienstag, 20.30 Uhr), Montenegro (Donnerstag) und Spanien (Samstag, jeweils 18 Uhr). Die beiden besten Teams ziehen jeweils in die K.-o.-Runde der letzten Acht ein.

Beim Bundestrainer sind die Zweifel nach den drei Spielen in der mit 5527 Zuschauern jeweils ausverkauften Stuttgarter Porsche-Arena verflogen, dass sein Team nicht dabei sein könnte. Hatte die deutsche Auswahl sowohl im Eröffnungsspiel gegen Island als auch am Freitag gegen Außenseiter Uruguay noch Probleme, den Rhythmus zu finden, setze sie die Serbinnen von der ersten Minute an mit ihrem Tempospiel unter Druck. Sowohl gegen Island (32:25) als auch die überforderten Südamerikanerinnen (38:12) waren letztlich deutliche Siege gelungen, gegen die Serbinnen war das nicht zu erwarten. Was wohl auch die Gegnerinnen so sahen, denn schon nach einer Viertelstunde und der unerwarteten Chancenlosigkeit hatten die Serbinnen mit ihren Nerven zu kämpfen. Die Deutschen stellten sie mit einer aggressiven und aufmerksamen Abwehr vor unlösbare Probleme und setzten die resultierenden Ballgewinne mit traumhaft sicheren Tempogegenstößen in einfache und schnelle Tore um.

Die Mischung stimmt: Junge Talente und routinierte Topspielerinnen machen das deutsche Spiel unberechenbar

Antje Döll auf Linksaußen steuerte so acht Treffer bei, was ihr den Titel der besten Spielerin der Partie einbrachte. Von 3:2 zogen die Deutschen auf 11:4 davon, dann musste Dragana Cvijic, mit fünf Treffern beste serbische Schützin, mit zweimal zwei Minuten vom Feld, weil sie nach einer Zeitstrafe die Schiedsrichter kritisierte. Fortan war die Abwehr um Xenia Smits und die erneut überragende Aimée von Pereira kaum mehr zu überwinden, vorn liefen die Angriffe wie aus einem Guss. Egal, wen Gaugisch auf das Parkett schickte, sein Team überrannte die Gegnerinnen regelrecht und führte bereits zur Pause deutlich mit 17:10.

Neben den arrivierten Spielerinnen um Emily Vogel (drei Tore) waren es erneut die jungen Spielerinnen wie Nieke Kühne, die im Mittelblock überzeugte, Annika Lott oder Viola Leuchter, die jeweils dreimal trafen, die Tempo und Niveau im deutschen Spiel hochhielten. Gaugisch war entsprechend erfreut über diese funktionierende Mischung: „Es ist toll zu sehen, wie die Jungen im Team alles umsetzen“, sagte er, und „so den routinierten Spielerinnen Entlastung bringen“. Zudem macht es das deutsche Spiel unberechenbarer, in der Defensive wie im Angriff zeigt diese Mannschaft eine große Flexibilität.

Dennoch will der Bundestrainer nur an den nächsten Gegner denken: „Die Färöer spielen einen ähnlichen Stil wie Island, sie sind klein und schnell. Und sie spielen konsequent mit der siebten Feldspielerin.“ Aber auch dafür, war sich Gaugisch sicher, würden seine Spielerinnen Lösungen finden.