Washington/Berlin – Die neue nationale Sicherheitsstrategie von US-Präsident Donald Trump (79) sorgt für viel Unruhe in der EU! Aus Deutschland und anderen europäischen Staaten kommt scharfe Kritik.

In dem 33-seitigen Papier ist die Rede von angeblichen Demokratiedefiziten und sogar Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Damit liegt Trump ganz auf Linie von Elon Musk, der Brüssel sogar Zensur vorwirft und auf X (vormals Twitter) forderte, die EU sollte abgeschafft werden. Grund ist die 120-Millionen-Euro-Strafe der EU gegen X, weil die Authentifizierung von Nutzerkonten durch Verifizierungshaken intransparent und irreführend sei. Musk forderte deshalb US-Sanktionen gegen die europäischen Partner.

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► Auch Trumps Haltung zu Brüssel ist nicht weniger brisant: Beim Thema Migration warnt seine Regierung, der wirtschaftliche Niedergang Europas werde von der Gefahr einer „zivilisatorischen Auslöschung“ überrollt. Auch Deutschland bekommt dabei sein Fett weg – namentlich erwähnt, namentlich kritisiert.

Klare Kante dazu aus Berlin! Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) reagierte scharf auf die neue US-Sicherheitsstrategie – und wies die Kritik aus Washington zurück. Deutschland brauche „keine externen Ratschläge“ zu Fragen der freien Meinungsäußerung oder „der Organisation unserer freiheitlichen Gesellschaften“, stellte Wadephul klar.

EU betont die Partnerschaft mit den USA

Bei einer Pressekonferenz mit Islands Außenministerin Thorgerdur Katrin Gunnarsdottir verwies er auf die Gewaltenteilung, die Pressefreiheit – und machte damit deutlich, dass Berlin sich in dieser Frage nichts von außen diktieren lässt.

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Ganz vom Tisch ist das Thema aber nicht: Wadephul kündigte an, die neue US-Sicherheitsstrategie nun „intensiv auswerten“ zu wollen. Trotz aller Differenzen hält er an der Partnerschaft fest: Die USA „sind und bleiben unser wichtigster Verbündeter“ in der Nato – ein diplomatisches Signal dafür, dass das Bündnis trotzdem steht.

► Auch die EU-Kommission von Ursula von der Leyen (67) weist die Vorwürfe gegen die EU entschieden zurück. Beim Doha-Forum in Katar hat die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Samstag eindringlich zum Zusammenhalt mit Washington aufgerufen. Die USA seien „immer noch unser größter Verbündeter“, betont Kallas vor Diplomaten aus aller Welt.

EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas (48) beim Doha-Forum in Katar

EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas (48) und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (67)

Foto: IMAGO/Belga

Doch: Die Estin überrascht mit ungewohnt deutlichen Worten zu Trumps Vorwürfen gegen Europa. „Natürlich gibt es da viel Kritik, aber ich denke, etwas davon ist auch wahr“, sagte sie offen. Zwar lägen die Sichtweisen beider Seiten nicht immer auf einer Linie, „aber ich denke, das übergreifende Prinzip ist immer noch da“, erklärte sie. Ihr Appell ist klar: „Wir sind die größten Verbündeten und wir sollten zusammenhalten.“

Hinter den Kulissen rumort es dennoch heftig – vor allem in der Nato!

► Für Nervosität sorgt dort eine Passage der neuen US-Strategie. Darin heißt es, die US-Politik solle darauf abzielen, „den Eindruck – und die Realität – einer sich ständig erweiternden Nato zu beenden“. Das würde das Ende des jahrzehntelangen Prinzips der „offenen Tür“ bedeuten – ein Kernversprechen des Bündnisses.

Das sagen Experten zur Trump-Strategie

Prof. Thomas Jäger (65, Lehrstuhl für Internationale Politik, Uni Köln) ordnet in BILD ein: Zwar sei der Ton des Papiers scharf, „doch der Inhalt überrascht nicht“.

Trump habe bereits im Wahlkampf angekündigt, sich von der Rolle der „demokratischen Führungsmacht“ zu verabschieden und außenpolitisch die US-Interessen stärker in den Vordergrund zu rücken, so Jäger. Vor diesem Hintergrund war in den vergangenen Monaten zu sehen, dass Washington seinen strategischen Fokus neben Europa und Asien stärker auf Südamerika verlagere.

Politologe Prof. Thomas Jäger (65)

Politologe Prof. Thomas Jäger (65)

Foto: Jäger

„Offen bleibt jedoch“, betont Jäger, „wie die Prioritäten zwischen der westlichen Hemisphäre, Asien und Europa gesetzt werden, falls die USA ihre Ziele nicht auf allen drei Kontinenten gleichzeitig verfolgen können. Und welche Rolle die Konkurrenz zu China dabei spielt. Gut möglich, dass Europa bald an letzter Stelle steht.“

► Den größten Wandel in der neuen nationalen Sicherheitsstrategie im Vergleich zu Trumps erster Amtszeit sieht Jäger im Umgang mit Russland. Damals habe Washington Moskau noch gemeinsam mit China als zentrale Bedrohung eingestuft. „Das fehlt nun komplett. China wird als einziger großer Rivale beschrieben, während Russland als Staat dargestellt wird, mit dem sich Beziehungen stabilisieren lassen und von dessen Handel sowohl Europäer als auch Amerikaner profitieren könnten.“

„Trump will Geschäfte machen“

CDU-Außenpolitiker und US-Experte Peter Beyer (54) sieht in der neuen Strategie eine „Manifestierung des Prinzips ‚America First‘“. Trump wolle damit klarmachen: „Wir kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten nicht nur selbst, sondern ausschließlich um diese“, sagt Beyer zu BILD.

Die EU werde – ebenso wie Deutschland – „in sehr schlechtem Licht dargestellt“. Trump habe in Europa nur ein Interesse an einzelnen Staaten, mit denen er, anders als mit einem Gefüge wie der EU schnellere „Deals“ machen kann. Beyer deutlich: „Trumps Interesse an einem stabilen Europa besteht im Wesentlichen darin, Geschäfte zu machen.“

CDU-Außenpolitiker und US-Experte Peter Beyer (54)

CDU-Außenpolitiker und US-Experte Peter Beyer (54)

Foto: picture alliance / dts-Agentur

Sind die europäisch-amerikanischen Beziehungen damit am Ende? Beyer: „Zwar kam die neue Strategie nicht überraschend, aber was da jetzt niedergeschrieben wurde, war so in Gänze nicht zu erwarten. Das ist jetzt Realität, darauf müssen wir uns einstellen.“

Es sei aber auch nicht das Ende der transatlantischen Beziehungen. „Wir müssen daran arbeiten, dass Europa wirtschaftlich stark und stabil bleibt und für seine eigene Sicherheit sorgen kann.“ Deutschland müsse dabei eine Führungsrolle übernehmen, fordert der CDU-Mann. „Das ist auch in unserem eigenen Interesse.“