In den frühen Morgenstunden des 12. Dezember einigten sich die EU-Gesetzgeber auf neue Regeln für den Automobilsektor. Eigentlich sollte das Paket einen großen Schritt hin zu mehr Kreislaufwirtschaft bedeuten – doch nach Ansicht des Europäischen Umweltbüros (European Environmental Bureau, EEB) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bleibt die Einigung weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Mit der neuen Verordnung werden zwei bislang getrennte und veraltete Rechtsakte zusammengeführt: die Altfahrzeug-Richtlinie und die sogenannte 3R-Typgenehmigungsrichtlinie. Entstehen sollte daraus eine moderne „Verordnung über Kreislaufanforderungen an die Fahrzeugkonstruktion und das Management von Altfahrzeugen“. Die Erwartungen waren hoch: Stärkung des EU-Binnenmarkts, mehr Ressourceneffizienz und deutlich geringere Umweltbelastungen über den gesamten Lebenszyklus von Autos hinweg – von der Konstruktion über die Nutzung bis zur Entsorgung.

Tatsächlich enthält der Text einige Instrumente, die auf den ersten Blick vielversprechend wirken. Ein digitaler „Circularity Vehicle Passport“ soll Informationen zur Kreislauffähigkeit eines Fahrzeugs bündeln. Hinzu kommen ein EU-weit einheitliches System der erweiterten Herstellerverantwortung, Mindestquoten für Recyclingmaterialien sowie strengere Regeln für Wiederverwendung, Sammlung und Behandlung von Fahrzeugen am Ende ihrer Lebensdauer. Richtig umgesetzt, könnten diese Maßnahmen einen Beitrag zu Dekarbonisierung und Ressourcenschonung leisten.

Doch Umweltorganisationen hatten bereits früh gewarnt: Die Verhandlungen starteten auf einer schwachen Grundlage und blendeten zentrale Probleme des Sektors aus. So fehlt jede ernsthafte Strategie, um die stetig wachsende Zahl und Größe von Fahrzeugen zu begrenzen – obwohl gerade sie den Materialverbrauch und die Umweltbelastung massiv antreiben. Zudem setzt die Verordnung weiterhin stark auf Recycling, anstatt langlebige Konstruktion, Reparierbarkeit und Wiederverwendung konsequent in den Vordergrund zu stellen. Auch bei der Verantwortung der Hersteller für Fahrzeuge, die als Gebrauchtwagen außerhalb der EU landen, bleiben die Vorgaben unzureichend.

Im Verlauf der Verhandlungen wurde der ursprüngliche Entwurf weiter abgeschwächt. Unter dem Druck der Automobilindustrie senkten die Gesetzgeber etwa die Quote für recycelte Kunststoffe deutlich: Statt 25 Prozent sollen zunächst nur 15 Prozent vorgeschrieben werden – und das erst sechs Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung. Die ursprünglich vorgesehene 25-Prozent-Quote wird auf frühestens zehn Jahre nach Inkrafttreten verschoben. Gleichzeitig wurden verbindliche Anforderungen an die Behandlung von Altfahrzeugen aufgeweicht, während wichtige Schutzmechanismen gegen den Export alter, nicht mehr verkehrstüchtiger und besonders umweltschädlicher Fahrzeuge vertagt wurden.

Nun steht nur noch die formelle Zustimmung von Parlament und Rat aus. Inhaltlich aber ist die Richtung bereits vorgegeben – und sie sorgt für scharfe Kritik.

„Diese Einigung ist ein Lehrbuchbeispiel für politischen Rückschritt unter dem Druck der Industrie“, sagt Fynn Hauschke, Senior Policy Officer für Kreislaufwirtschaft und Abfall beim EEB. „Statt den Automobilsektor konsequent auf weniger, kleinere und besser reparierbare Fahrzeuge auszurichten, haben die EU-Gesetzgeber alte Fehler recycelt. Durch die Abschwächung zentraler Vorgaben und die geringere Ambition bei Recyclingkunststoffen wurde eine entscheidende Chance verpasst.“

Auch die Deutsche Umwelthilfe spart nicht mit Kritik. Geschäftsführerin Barbara Metz spricht von einem Skandal: „Die neue Fahrzeugverordnung enthält erschreckend schwache Vorgaben zur Herstellerverantwortung. Der von der EU-Kommission aufgedeckte Anti-Recycling-Kartellfall zeigt doch klar, dass die Industrie zu wirksamen Verpflichtungen gezwungen werden muss.“ Um die Umweltwirkungen von Autos über ihren gesamten Lebenszyklus zu senken, müssten Hersteller zu ressourcensparendem Design, echter Reparierbarkeit sowie zu Investitionen in Wiederverwendung und hochwertiges Recycling verpflichtet werden, so Metz.

Die neue EU-Verordnung hätte ein Wendepunkt sein können – hin zu einem wirklich zirkulären Automobilsektor. Stattdessen droht sie, den Status quo nur behutsam zu korrigieren. Für Umwelt- und Klimaschutzziele der EU ist das eine verpasste Abzweigung.