Österreich spielte in geostrategischen Planungsspielen der USA jahrzehntelang eine Nebenrolle. Nun sieht die US-Regierung die Alpenrepublik mit neuen Augen: „Österreich ist ein zentraler Partner“, sagt niemand Geringeres als Samuel Samson, einer der „Architekten“ der Europa-Politik von US-Präsident Donald Trump, am Mittwoch vor Journalisten in Budapest. Der hochrangige Beamte des US-Außenministeriums tourte zuletzt durch Mitteleuropa, vergangene Woche war er in Wien, zudem besuchte er Prag und Bratislava.
In Wien traf er nach eigenen Angaben „Vertreter der Regierung und Wirtschaft, Mitglieder unterschiedlicher Parteien und der Zivilgesellschaft“. Mit wem genau Samson sprach, wollte er nicht sagen. Nach Informationen der „Presse“ kam er mit dem für die USA zuständigen Referatsleiter für die USA im Außenamt zusammen. Und er traf Susanna Fürst, Vizeklubchefin der FPÖ, die auch zur Angelobung Trumps nach Washington gereist war. Mit Blick auf die engen Kontakte der Trump-Welt zu europäischen Rechtspopulisten war zuletzt über mögliche US-Annäherungen an die FPÖ spekuliert worden. Viel Zeit hatte Samson aber nicht für Fürst, erfuhr „Die Presse“.
Samson jedenfalls reist mit einem guten Eindruck von Österreich heim. „Wir haben großartige Partner in Österreich“, sagte er zufrieden. „Wir trafen viele Menschen, die unsere Werte, unsere Sorgen über Zensur und zivilisatorischen Untergang teilen. Wir hatten produktive Treffen, wir werden gut zusammenarbeiten“. Konkret sprach man über „die menschenrechtlichen Folgen von Massenmigration“, etwa „den Anstieg sexueller Übergriffe auf Frauen“, Menschenhandel, Vertreibung oder die wirtschaftlichen Konsequenzen der Zuwanderung.
Auch „Versuche von außen, Meinungsfreiheit in Österreich einzuschränken“, beunruhigen den Top-Beamten. Direkt erwähnte er nur den Digital Service Act (DSA), der in der EU Online-Dienste reguliert und für die USA Sinnbild für europäische Maulkorb-Politik geworden ist. Er schränkt auch US-Tech-Unternehmen ein, worüber Trump sich regelmäßig empört.
Mit der Reise setzen die USA Aspekte ihrer Europa-Strategie um, die die neue nationale Sicherheitsstrategie skizziert und die Vizepräsident J.D. Vance sowie Samson selbst seit Monaten ankündigen. Fix ist: Österreich, Ungarn, Tschechien und die Slowakei gehören offiziell zum Club „politischer Seelenverwandter“. Mit diesen Ländern teile man „zentrale westliche Werte und Tugenden“ wie „Demokratie, Meinungsfreiheit, nationale Souveränität“, so Samson, der bezeichnenderweise eine führende Funktion hat in jener State-Department-Abteilung, die immer schon für globale US-Soft-Power-Strategien zuständig war: das Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit.
Mitteleuropa soll Washington also helfen, die westliche Zivilisation zu beschützen, die gefährdet ist wegen „demokratischer Rückentwicklungen bei zahlreichen Regierungen und der EU“. Samson kritisierte erneut die „bürokratische EU“, die Wirtschaftsentwicklung verhindere und Freiheiten einschränke. Aber er widerlegte auch europäische Missverständnisse. Sein leidenschaftlicher Appell bewies abermals, dass die Trump-Regierung nicht isolationistisch sei und zumindest politisch nicht die geringste Absicht habe, sich aus Europa zurückzuziehen oder auch die EU zu zerschlagen. Im Gegenteil: Washington will Europa verändern. „Die Trump-Regierung liebt Europa“, sagte Samson.
Die nationale Sicherheitsstrategie sei „extrem pro-europäisch, vermutlich die pro-europäischste Strategie, die eine US-Regierung jemals entwickelt hat.“ Zuletzt kursierten Berichte, dass in Passagen der US-Sicherheitsstrategie einige Länder (darunter Österreich) erwähnt seien, die die EU spalten sollten. Darauf bezog sich Samson nur indirekt: Es gebe viele, ideologisch gefärbte Narrative derzeit über eine Distanzierung der USA von der EU. „Es gibt nichts, was weiter entfernt ist von der Wahrheit.“
Die Mitteleuropa-Tour ist nicht Samsons erste Mission bei europäischen Alliierten. Im Frühling und Sommer besuchte der US-Beamte zahlreiche europäische Länder, traf in Paris, Berlin, London und anderen Hauptstädten Mitglieder von Rechtsparteien und NGOs, darunter viele christliche Organisationen, die sich gegen Abtreibung engagieren – und aus US-Sicht in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt werden. Im Zuge dieser Reisen baute er ein enges, neues Netzwerk auf, das der MAGA-Bewegung nahesteht und das die USA fördern wollen. Gerade erst wurde in Washington eine Delegation der deutschen Rechtsaußen-Partei AfD empfangen.
Denn die MAGA-Welt mag EU-kritische Regierungen. Samson zeigte sich beeindruckt über Premier Robert Fico in der Slowakei und war „sehr erfreut“, in Prag zu sein, „als die neue Regierung von Andrej Babiš an die Macht kam“. Er sei optimistisch, dass sich Babiš für den Schutz der Demokratie einsetzen werde.
Aber besonders eng verbunden fühlt sich die Trump-Regierung einem alten Freund in Budapest: Viktor Orbán. „Wir sehen Ungarn als führende Kraft in Europa“, vor allem was die Verteidigung westlicher Werte betreffe. Samson freute sich, dass Ungarn seine Energieabhängigkeit von Russland reduziere – wie es Trump gefordert hatte. Sichtlich zufrieden war Samson, über die Art, wie Budapest das tut: Am Dienstag unterzeichneten Ungarns Energieholding MVM und der US-Konzern Chevron eine Fünf-Jahres-Vereinbarung über LNG-Lieferungen.