Wie Senklöcher eine Stadt in Polen gefährden | Fokus Europa

Die Löcher waren so groß, dass ganze Gebäude einstürzten. Die Menschen haben Angst, denn es geht um ihr Leben. Hier gibt es viele Einfamilienhäuser. Lass ein solches Haus einstürzen und jemand wird sterben. Man weiß nicht, wo es noch sicher ist. Trzebinia, im Süden Polens. Wer hier wohnt, lebt auf einem riesigen Hohlraum, den der

Steinkohletagebau in der Region zurückgelassen hat. Und der stürzt nach und nach ein. So wie auf diesem Grundstück. Ein riesiges Loch. Eilig zugeschüttet. In der Straße Johannes Paul II, ein paar Häuser weiter, lebt Jan Majewski mit Frau und Sohn – seinetwegen sind sie extra aufs Land gezogen.

Majewski macht sich große Sorgen und versucht aufzuhalten, was nicht aufzuhalten ist. Ich habe hier gerade die Erde aufgefüllt. Hier war alles gerade, und jetzt kann man schon sehen, dass es hier wieder abgesackt ist. Ich habe Angst, auf jeden Fall. Ich lege mich hin und weiß nicht, ob der Boden am nächsten Morgen

Einbricht, ob er dann einen Meter tiefer liegt. Das Steinkohlebergwerk von Trzebinia wurde um die Jahrtausendwende geschlossen. Doch seither laufen die unterirdischen Schächte voll Grundwasser und weichen den Boden auf. Bis der schlagartig nachgibt. Im Sommer traf es den Friedhof. Dutzende Gräber verschwanden in dem Erdloch. Ein Schock für Genowefa Kołaciak.

Ihr Familiengrab blieb verschont, aber sie kann nicht mehr zum Grab ihres Mannes. Dort, wo der gelbe Kran steht, dieser weiße Grabstein ganz da hinten. Aus Angst vor neuen Löchern ist der halbe Friedhof gesperrt. Mir gehts nicht gut damit, denn mein Mann ist erst vor kurzem gestorben.

Ihr bleibt nur das Foto auf dem Handy – und die Hoffnung, dass die Bauarbeiten auf dem Friedhof schnell beendet werden. Im Rathaus von Trzebinia herrscht Ausnahmezustand. Manche sprechen schon von Evakuierung. Bürgermeister Jarosław Okoczuk steht unter Zugzwang. Wir zahlen für die Fehler der Vergangenheit. Fehler, die in der Phase des Kohleabbaus untertage gemacht

Wurden, als die Schächte in Betrieb waren. Da wurde die Umgebung vergessen. Wenn ich mir heute alle Dokumente ansehe, glaube ich, das hätte vorhergesehen werden können. Etliche Grundstücke im Ort sind aktuell gesperrt. Betreten unter Strafe verboten. Ein staatliches Unternehmen ist angerückt. Spezialisiert auf die Beseitigung von Bergbauschäden. Sie bohren Löcher bis zu

70 Meter tief in den Boden. Die Geologen sind sich sicher, dass ihre Methode künftige Erdlöcher verhindern wird. Wir wollen diese Hohlräume mit einer Mischung aus Staub, Zement und Sand füllen, um die Möglichkeit einer Bodensenkung künftig auszuschließen. Und das werden wir so lange tun, bis wir mit Zuversicht sagen

Können, dass das Gebiet sicher ist, dass jeder bleiben kann. Das ist unser Ziel, und wir werden es sicherlich erreichen. Seither stecken überall in Trzebinia solche Rohre in der Erde, in die der Zement eingefüllt wird. Tausende Kubikmeter. Der Bürgermeister hofft, dass es etwas bringt.

In seinen Augen ist der polnische Staat hier in der Pflicht. Ich habe nicht die Absicht, die Ressourcen der Stadt einzubringen, um ein Problem zu lösen, auf das wir keinen Einfluss hatten und dessen Folgen wir heute leider zu spüren bekommen. Zurück in der Straße Johannes Paul II.

Jan Majewski führt uns zu seinem Nachbarn Wojciech Kramarz, der hat seit neuestem Risse in den Wänden seines kleinen Stalls. Das Gebäude ist älter als er selbst. Aber die Risse sind neu. Obwohl auf seinem Grundstück schon tonnenweise Zement in den Boden gepumpt wurde, hat er Zweifel, dass das etwas bringt.

Die Bauarbeiter seien abgerückt, da waren die Löcher noch gar nicht voll. So wie sie hier arbeiten, ist man nicht sicher, ob es 100 % gut gemacht wird, und ob das Problem nicht wiederkommt. Wenige Tage später stürzt in seiner Nachbarschaft schon wieder der Erdboden weg. Haarscharf neben einem Wohnhaus.

Hier in Trzebinia leben die Nachbarn weiter mit der Angst.

In Polen entstehen immer mehr Senklöcher – schuld ist der Kohlbergbau. Die Absenkungen gefährden Häuser und Menschen.

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#Polen #Senklöcher #Bergbau

33 comments
  1. 4:00 Was für eine lächerliche Idee.
    Wieviele Kubikkilometer Kohle und Abraum wurde da über die Abbauzeit rausgeholt?
    Wo soll der Kram herkommen, um die gesamten Löcher zu verfüllen?

    Die Firma da ist ein auswuchs der Pis(se) um noch ein bisschen mehr Steuergelder zu stehlen, auch wenn dann ein paar mehr Leute in Sinklöchern verrecken.

  2. ich bin Polo mit Leib und Seele… ich beobachte so eine richtige Volkswandlung wenn ich diesen Jacketträger sehe und die armen einfachen Polen und Polinnen die auf dem Boden geblieben sind. Da soll mir mal einer sagen das Land sei frei von wirtschaftlichen Einfluss.

  3. So ist es immer! Die Konzerne beuten die Natur aus, machen ihre Gewinne und hinterlassen einen rieseigen Umweltschaden, für den dann der Bürger aufkommen darf!

  4. Ok die Geologen bohren 70 meter tief , um was zu verfüllen den Unteren Teil des Rasens oder was ! ? Liegen solche Schächte nicht Hunderte Meter Unter der Ede oder habe Ich da was nicht mitbekommen . !! Da werden mit solchen Aktionen Menschen doch noch Zusätzlich in Gefahr gebracht !!

  5. Die Menschen müssen von dort weg und entschädigt werden,solange die Gefahr besteht! Aber man Probiert und Verdrängt lieber!Für Kriege gibt es Geld,aber für sicheres Leben nicht!

  6. Erdfall ist die Richtige Bezeichnung, nicht Senkloch. Das Phänomen tritt nicht nur in Bergbauregionen auf, es gibt auch Gebiete mit Erdfällen natürlicher Ursache.

  7. Hier wurde doch alles richtig gemacht. Ein Unternehmen hat mit der Kohle viel Gewinn gemacht und die Folgekosten trägt die Allgemeinheit. Ist doch hier in Deutschland genauso. Lässt der Staat doch zu, also muss es genau so sein. 👍

  8. Deutsche Welle, wir schätzen Ihre Wissbegierde, mit der Sie diese beeindruckenden Löcher im polnischen Boden (die nur wenige Menschen in Polen kennen) bemerken, während Sie das riesige – wachsende, oder besser gesagt, jeden Tag explodierende – Loch im polnischen Rechtsstaat übersehen. Dieses Loch wird durch die neue polnische populistische Regierung verursacht, die sich offensichtlich nicht viel um das Gesetz, um die Verfassung kümmert, die Ihnen, wie ich glaube, so sehr am Herzen liegt. Natürlich habe ich keinen Zweifel daran, dass dieses journalistische Versäumnis ausschließlich im Namen der großen Ideale der Menschlichkeit geschieht und nicht auf Feindseligkeit gegenüber patriotischen Polen und ihrem Staat zurückzuführen ist.

  9. "Billige" Kohle. Die AfD ist dafür.

    Ich wette auch der Ort war immer stolz auf den Bergbau. Die Menschheit hat nicht verdient zu überleben.

  10. Ja, was soll man dazu sagen? Absehbar? Natürlich, ignoriert? Natürlich.

    Also wie damit umgehen?

    Für mich sind alte Bergwerke Möglichkeiten auf Pumpspeicher. In einem Fall wie diesem, sollte damit sofort angefangen werden.
    Also das Wasser abgepumpt, jede Sole mit einem Betonaußenskellet ummantelt werden und dann mit Rohren und Generatoren verbunden werden.
    Alles andere ist nur weiter so und hoffen auf bessere Zeiten.

  11. Es ist einfach, alle Schuld dem Staat zuzuschieben.
    Alle haben beim Kohlebergbau Mitgemacht und davon profitiert.
    Jetzt kommen nach und nach die Folgeschäden und keiner war dabei ?!
    Mit dem Klimaschutz wird es das Gleiche sein. Ganz Polen fördert und verbrennt
    nach wie vor riesige Mengen vor allem Braukohle. Und wenn der Klimawandel seine
    Opfer fordert, wird es niemand gewesen sein und der Staat an allem schuld 😮
    So funktionierte vielleicht der Sozialismus aber nicht eine moderne Demokratie.
    Denn jeder trägt Verantwortung für das Gemeinwesen und muss diese auch wahrnehmen !

  12. Jak 50 lat palił węglem kiedy komuniści rządzili i rosja to teraz są takie skutki a niemcy pokazują jak w Polsce jest nich oglądają Arme Deuchland

  13. Das sind Bergsenkungen als Folge des Bergbaus. So etwas könnte es auch in Deutschland geben. Seit den 1980er Jahren werden im Ruhrgebiet großräumige Bodenbewegungen erfasst, hierzu verwendet man aerophotogrammetrische Messungen und Bohrungen. Im gesamten südlichen Ruhrgebiet mit seinem oberflächennahen Bergbau, dem Aachener Revier, dem Münsterland mit Kohleabbau in Ibbenbüren und Strontianit-Abbau in Drensteinfurt sowie dem Erzbergbau im Sauerland, dem Siegerland und der Eifel werden ca. 60.000 senkungsträchtige unbekannte bergbauliche Anlagen vermutet. Diese werden auf Initiative der Bergbehörden präventiv durch Erkundungsbohrungen ermittelt.

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