Die Pyramide von Tirana: Vergangenheit und Zukunft in einem? | Fokus Europa
Sie hat das Zeug dazu, das neue Wahrzeichen von Albaniens Hauptstadt Tirana zu werden. Die Pyramide im Herzen der Stadt. Jeden Tag erklimmen hunderte von Einheimischen und Touristen das Bauwerk, genießen die Aussicht von hier oben. Es ist wunderbar hier! Ich kann normalerweise schlecht klettern, aber hier bin ich hochgekommen!
Es wäre super, wenn es hier einen Aufzug für uns alte Leute gäbe! Das hat sich total verändert hier! Ich erinner’ mich noch, wie es früher ausgesehen hat! Aber jetzt? Wirklich schön! Denn die Pyramide war schon einmal das Wahrzeichen Tiranas: vor 35 Jahren. Damals eingeweiht als Enver Hodscha Museum,
Gewidmet dem früheren Diktator Albaniens. Hodscha war ein Steinzeit-Kommunist, der das Land über 40 Jahre lang brutal im Griff hielt. Fatos Lubonja war damals einer von zehntausenden politischer Gefangener. Die Pyramide, sagt er, war ein Symbol der Unterdrückung. Heute sei sie ein Symbol der Geschichtsvergessenheit des modernen Albaniens. Schauen Sie sich diesen tollen Aussichtspunkt an!
Sie können hochgehen und den Blick auf Tirana genießen. Aber den ganzen Mist von früher gibt es hier nicht mehr. Und was meine ich mit Mist? Das Symbol der Diktatur. Zu Hause zeigt uns Lubonja, was er meint. Lubonjas Vater war Funktionär des Hodscha-Regimes, bevor er in Ungnade fiel. Die ganze Familie musste büßen.
Wir wurden angeklagt wegen Agitation und Propaganda gegen das Regime, verhaftet und die ganze Familie wurde in die Verbannung geschickt. 17 Jahre war Lubonja Gefangener des Hodscha-Regimes. Die längste Zeit davon schuftete er als Zwangsarbeiter im berüchtigten Bergwerk Spac. Das ist ein Überbleibsel des Lebens dort:
Eine Lampe, die wir in der Mine benutzt haben. Spac, das war ein wie ein stalinistischer Gulag. Eine Hölle auf Erden. Überleben unter unmenschlichen Bedingungen. Bücher waren fast alle streng verboten, außer Wörterbücher. Und darin versteckte Lubonja etwas, was ihn später berühmt gemacht hat: Sein erstes Buch, das er während seiner Gefangenschaft
Auf Zigarettenpapier geschrieben hat – in Miniaturschrift. Lubonja ist heute Schriftsteller und Künstler. Und: eine kritische Stimme in Albanien. Die renovierte Pyramide ist für ihn ein Versuch, die dunkle Geschichte des albanischen Kommunismus vergessen zu machen. Niemand aus der jungen Generation kann hierherkommen und eine Spur der Vergangenheit finden.
Ganz im Gegenteil, sagt der Architekt Genti Agolli. In der ganzen Planung der neuen Pyramide sei es den federführenden Architekten aus Holland immer auch darum gegangen, die Vergangenheit sichtbar zu machen. Die wichtigste Veränderung seien die Treppen. So sollen die Menschen das Gefühl haben, die Pyramide zu erobern,
Symbolisch gegen Kommunismus und Diktatur. Und an den verschiedensten Stellen wird immer wieder die Geschichte des Bauwerks offengelegt. Unter dieser Treppe ist der alte Teil nur gestrichen, aber roh. So zeigen wir die Geschichte des Gebäudes. In der neuen Pyramide dreht sich alles um die Zukunft. Bunte Würfel sind in den Riesenraum gebaut.
Sie beherbergen das TUMO Center für kreative Technologie. Junge Menschen können hier mit modernster Technik lernen, ihre Ideen umzusetzen. Jeder kann hier mitmachen. Und: es ist gratis. Ich habe schon ein paar von den Grundkursen bei TUMO gemacht und ich denke, ich werde damit weitermachen. Denn ich sehe meine Zukunft in der Technologie.
Tutoren betreuen sie in allen Fragen. Im Workshop nebenan sind sie kurz davor, ihr Projekt abzuschließen. Und es geht nicht etwa um Computerspiele, sondern um Albaniens dunkle Vergangenheit. Wir sind eine Grafikdesign-Klasse hier in TUMO und wir arbeiten an einem Projekt über das Gefängnis von Spac.
Ein Projekt ausgerechnet über das alte Gefängnis von Fatos Lubonja. Vielleicht ist die albanische Jugend doch nicht so geschichtsvergessen, wie er befürchtet. Es ist wichtig, zu verstehen, wie es war. Wie das Böse erschaffen wurde und wie wir es erlitten haben. Damit es sich nicht wiederholt.
Es sieht so aus, als ob sie daran arbeiten in der neuen Pyramide.
Ein Denkmal für den ehemaligen kommunistischen Diktator Hodscha bekommt eine neue Bedeutung. Es wird zu einem Technologiezentrum, das in die Zukunft weist.
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#Albanien #Tirana #Pyramide
6 comments
Leider zu Nahe an der Nato und dadurch keine Neutralität.
Oh, schön! Als ich das letzte mal in Tirana war, war die Pyramide noch ein Ort des Grauens. Verfallen, beschmiert, vermüllt stand dieser monströse Klotz dort, wo man eigentlich das schöne Herz der Stadt erwartet hätte. Vielleicht schaffe ich es dieses Jahr mal wieder nach Albanien, bin gespannt wie sich alles dort entwickelt hat. Bei meinem letzten Besuch lag' überall so eine Aufbruchstimmung in der Luft, viele junge Leute mit Visionen für die Zukunft, eigentlich hat das Land viel Potential und müsste nicht das Armenhaus Europas sein.
Nie wieder Sozialismus!
Kann es sein, dass Albanien sich still und heimlich zum zweiten Ungarn entwickelt? Einem Land, dass von den ganzen Katastrophen der "modernen" europäischen Politik nicht betroffen ist und seinen eigenen Weg geht? 😃
People who invaded Yugoslavia in the midlle of 20 century, where is serbian monastires from 11-12. century and make "their" own country "Kosova" Shame on you!
Viele liebe Grüße an Tos Lubonja! Er ist einer der wichtigen kritischen Stimmen in Albanien. Faleminderit Fatos!