Dass eine Arbeitsgruppe der EU-Kommission Zugriff auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation und eine neue Form der europaweiten Massenüberwachung von Telekommunikations- und Internetdaten fordert, hat den Chaos Computer Club und über 50 weitere Bürgerrechtsorganisationen und Verbänden auf den Plan gerufen. In einem offenen Brief fordern sie eine Zurückweisung dieser Pläne.
Der CCC bezeichnet die Pläne als fehlgeleitet und überzogen und keinesfalls tauglich als Grundlage für die zukünftige EU-Agenda. Was von Strafverfolgern bedrohlich als „Going Dark“ bezeichnet werde, beschreibt lediglich die Tatsache, dass Privatpersonen, Staat und Wirtschaft endlich alle Daten routinemäßig verschlüsseln, um sich vor Kriminellen und Spionage zu schützen, so der CCC.
Die Empfehlungen einer sogenannten High Level Working Group (HLG) zu Datenzugriff und Strafverfolgung drohen, diese mühsam errungenen Fortschritte wieder zu untergraben, warnt der CCC. Die HLG schlage eine Vorratsdatenspeicherung aller Internetdaten vor, die von den Diensteanbietern umgesetzt werden soll. Damit meinen die Vertreter der Strafverfolger und Geheimdienste in der Geheimtruppe nicht nur klassische Kommunikationsdaten wie IP-Adressen oder Port-Nummern, sondern wollen die Speicherpflichten auf alle möglichen Internetdiensteanbieter und alle Online-Dienstleister ausweiten. Das Ziel: Jede Online-Aktivität verfolgen und identifizieren zu können. Das wären dann neue Mitwirkungs- und Speicherpflichten für fast alle Branchen, die heute eben auch digitale Dienste anbieten – ein Schlag für den Wirtschaftsstandort Europa, der seinesgleichen sucht, warnt der CCC.
Im offenen Brief heißt es: Insbesondere sind wir äußerst besorgt über das von der HLG unterstützte Konzept des „lawful access by design“, das darauf abzielt, den Zugang der Strafverfolgungsbehörden zu Daten in die Entwicklung aller Technologien einzubeziehen. In der Praxis würde das die systematische Schwächung aller digitalen Sicherheitssysteme erfordern – einschließlich, aber nicht beschränkt auf Verschlüsselung. Dies würde die Sicherheit und Vertraulichkeit elektronischer Daten und Kommunikation untergraben, die Sicherheit aller Menschen gefährden und ihre Grundrechte massiv einschränken. Das Konzept steht im klaren Widerspruch zu den seit langem bestehenden Empfehlungen von Menschenrechtsorganisationen, Datenschutz- und IT-Sicherheitsexperten und nicht zuletzt zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).“
Die Empfehlung laute daher, alle Maßnahmen zu verwerfen, die den Schutz von Verschlüsselung umgehen oder abschwächen könnten, da sie die Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre von Millionen von Menschen und öffentlichen Einrichtungen gefährden und unweigerlich das gesamte digitale Informationsökosystem schädigen würden.
Zu den Unterzeichnern zählen neben dem CCC unter anderem Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD), der Deutsche Anwaltverein, eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. und die Electronic Frontier Foundation (EFF).