Das südkoreanische Parlament hat für die Absetzung von Präsident Yoon Suk Yeol gestimmt. Ein von der Opposition eingebrachter Antrag hat die benötigte Zweidrittelmehrheit in der Nationalversammlung erhalten. 204 der 300 Abgeordneten stimmten für ein Amtsenthebungsverfahren. Yoon war nach der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts unter Druck geraten.

Mit dem Votum werden dem konservativen Staatschef die Befugnisse entzogen, er bleibt aber zunächst im Amt, bis das Verfassungsgericht die Amtsenthebung entweder
bestätigt oder für verfassungswidrig erklärt. Yoon hatte zuletzt angekündigt, “bis zum Ende” um sein Amt kämpfen zu wollen. Nun verkündete er, er werde “für eine Weile zur Seite treten”.

Übergangsweise wird nun Ministerpräsident Han Duck Soo die präsidialen
Amtsgeschäfte übernehmen, ehe das Verfassungsgericht die finale
Entscheidung trifft. Han versicherte, alle seine Kräfte dafür einzusetzen, “um eine stabile Regierungsführung zu gewährleisten”.

Es handelt sich bereits um die zweite Abstimmung zur Amtsenthebung von Yoon. Der erste Versuch war vor einer Woche gescheitert, weil
die meisten Abgeordneten der Partei Yoons das Votum boykottiert
hatten.

Die Opposition zeigte sich nun erfreut. “Die heutige Amtsenthebung ist ein großer Sieg des Volkes und der Demokratie”, sagte der Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei (DP), Park Chan Dae, nach der Abstimmung.

Opposition wirft Yoon Verstoß gegen Verfassung vor

Die Opposition wirft Yoon Verfassungsbruch vor. Dieser hatte am vergangenen Dienstag überraschend das Kriegsrecht verhängt und Stunden später nach großem Widerstand wieder aufgehoben.

Yoon verteidigte seine Entscheidung, er habe das Kriegsrecht zum Schutz der Nation ausgerufen. Seine politischen Gegner seien “staatsfeindliche Kräfte”, welche die Regierungsarbeit lähmen und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes stören würden.

Kurz vor der jüngsten Abstimmung hatte es in der Hauptstadt Seoul eine Großdemonstration gegeben. Hunderttausende demonstrierten dort vor dem Parlament für die Amtsenthebung des konservativen Staatschefs. Nach der Entscheidung des Parlaments feierten rund 200.000 Demonstrierende die Absetzung des Präsidenten.

Parallel versammelten sich laut Polizeiangaben auch 30.000 Anhänger Yoons im Zentrum von Seoul. Sie schwenkten südkoreanische und US-Flaggen und forderten die Verhaftung der Oppositionsführer.

Ausrufung des Kriegsrechts löste Staatskrise aus

Yoon hatte am 3. Dezember kurzzeitig das Kriegsrecht ausgerufen, um gegen die Opposition vorzugehen, und damit eine schwere Staatskrise ausgelöst. Er begründete sein Vorgehen mit dem Vorwurf, die Opposition sei Handlanger des kommunistischen Nordkoreas und habe den parlamentarischen Prozess gelähmt, um das Land in eine Krise zu stürzen. Nach massiven Protesten, die auch aus seiner eigenen Partei kamen, und einer Intervention des Parlaments hob er das Kriegsrecht sechs Stunden später wieder auf.

Yoon hatte sich für sein Vorgehen zwar entschuldigt, einen Rücktritt aber abgelehnt. Gegen ihn und einige seiner Unterstützer wurden Ermittlungen eingeleitet.

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