Das Flammeninferno in Los Angeles und Umgebung hat sich am Wochenende nochmals ausgedehnt – und trotz des tagelangen Löscheinsatzes ist weiter kein Ende in Sicht. Die offizielle Zahl der Toten stieg nach Angaben von Gerichtsmedizinern auf mindestens 24. Nachdem sich die Flammen am Samstag vom Stadtteil Pacific Palisades weiter nach Osten und Norden ausgebreitet hatten, warnten die Behörden am Sonntag vor neuen starken Winden, die die Feuer weiter gefährlich anfachen könnten. 

Der Nationale Wetterdienst der USA rechnet noch mindestens bis Mitte der Woche mit heftigen Winden: Anhaltende Winde mit Geschwindigkeiten von 80 Kilometern pro Stunde und Böen in den Bergen mit bis zu 113 Kilometern pro Stunde seien möglich, sagte Meteorologe Rich Thompson. Dazu kämen trockenes Wetter und verdorrte Pflanzen. Der gefährlichste Tag sei voraussichtlich der Dienstag.

Auch die Feuerwehr schätzt die Lage weiter
als “kritisch” ein, unter anderem weil der starke Wind auch Flammen und Glut in neue Gebiete tragen könne.

Die sogenannten Santa-Ana-Winde wurden dafür verantwortlich gemacht, dass die Waldbrände im Großraum Los Angeles sich so rasant und unberechenbar ausbreiteten. Ein weiterer Grund war die Tatsache, dass es in den betroffenen Gegenden seit acht Monaten so gut wie nicht geregnet hat.

Zahl der Toten wird vermutlich weiter steigen

Mehrere Menschen werden nach Angaben des Sheriffs des Bezirks Los Angeles County, Robert Luna, noch vermisst. Einsatzkräfte durchsuchten mit
Spürhunden die Ruinen ausgebrannter Häuser nach
Vermissten. Sheriff Robert Luna hatte gesagt, er gehe “leider davon aus, dass
die Zahl der Toten noch steigen wird”.

Im Stadtteil Pacific Palisades breiteten sich die Flammen derweil weiter aus und bedrohten auch das berühmte Kunstmuseum Getty Center. Zudem bewegten sich die Flammen in Richtung des dicht besiedelten Tals San Fernando Valley.

Gouverneur: Trümmerbeseitigung könnte bis zu neun Monaten dauern

Neue offizielle Zahlen dokumentierten das ganze Ausmaß der Katastrophe: Das sogenannte Palisades-Fire war nur zu elf Prozent eingedämmt und vernichtete bereits 9.500 Hektar Fläche. Das Eaton-Fire, das unter anderem im Vorort Altadena wütete, war zu 27 Prozent unter Kontrolle und verschlang etwa 5.660 Hektar. Das Kenneth-Fire bei Calabasas wurde am Sonntag dagegen vollständig unter Kontrolle gebracht.

Nach Angaben der Brandschutzbehörde Cal Fire wurden etwa 12.000 Gebäude vernichtet. Eingerechnet wurden dabei auch Anbauten, Wohnmobile und Schuppen. Nach Einschätzung des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom könnte es
sechs bis neun Monate dauern, die Trümmer zu beseitigen.

Die deutschen Kulturstätten Thomas-Mann-Haus und Villa Aurora im besonders stark betroffenen Pacific Palisades schienen aber den Flammen weiterhin standzuhalten. Beide Häuser seien nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht beschädigt worden, lägen aber weiterhin in der Gefahrenzone, teilte der Trägerverein mit. In den Häusern hatten die Schriftsteller Thomas Mann und Lion Feuchtwanger während ihres Exils gelebt.

Angst vor Plünderungen

In der Millionenmetropole herrschte auch große Furcht vor Plünderungen. Um das zu verhindern, wurden in mehreren Vierteln nächtliche Ausgangssperren verhängt. Die Polizei nahm mehrere mutmaßliche Plünderer fest, darunter ein Mann, der sich als Feuerwehrmann verkleidet hatte. An einem Haus in Pacific Palisades hing neben der US-Fahne ein Schild mit der Warnung “Plünderer werden erschossen”.

Polizei und Nationalgarde richteten Kontrollpunkte am Rande der Katastrophenzonen ein. Die Checkpoints sorgten aber für Frustration unter den Bewohnern, die stundenlang anstanden, um zu ihren Häusern oder deren Überresten zurückzukehren. Am Sonntag ließ die Polizei nach Angaben von Sheriff Luna dann niemanden mehr durch, weil es nach Auffrischen des Windes zu gefährlich sei.

Mehr als 180.000 Menschen hatten in den vergangenen Tagen ihre Häuser verlassen müssen, unter ihnen zahlreiche Hollywoodstars und andere Prominente. Am Sonntag galten noch Evakuierungsanordnungen für rund 100.000 Menschen.

Die Brände verschlechterten auch zusehends die Luftqualität. Die örtliche Gesundheitsbehörde riet den Bewohnern, ihre Wohnungen möglichst wenig zu verlassen. Wer im Freien arbeiten müsse, solle Atemschutzmasken verwenden. Wegen der erhöhten Luftverschmutzung hatte der Verwaltungsbezirk bereits am Freitag den Gesundheitsnotstand ausgerufen.

Kaliforniens Gouverneur weist Trumps Kritik zurück

Unterdessen wurde weiter über die Verantwortung für das Ausmaß der Brände diskutiert. Der künftige Präsident Donald Trump von den Republikanern warf den Behörden im von den Demokraten dominierten Kalifornien “Unfähigkeit” vor. Die Behörden bekämen es einfach nicht hin, die Feuer zu löschen, schrieb er in seinem Onlinedienst Truth Social. “Was stimmt nicht mit ihnen?”, fragte Trump.

Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom wies Trumps Kritik und dessen “Beleidigungen” zurück. Zugleich lud er den designierten Präsidenten nach Los Angeles ein, um sich am Ort ein Bild von den Zerstörungen zu machen. Die in der Kritik stehende Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, versicherte, alle Behörden zögen bei der Brandbekämpfung am selben Strang. “Ich glaube, die Stadt ist vorbereitet”, sagte sie am Sonntag.

Zuvor hatte die Feuerwehrchefin von Los Angeles eine unzureichende Finanzierung ihrer Behörde kritisiert. Im umliegenden Verwaltungsbezirk Los Angeles hat die Feuerwehr nach Angaben ihres Chefs Anthony Marrone inzwischen Dutzende Löschfahrzeuge und Löschmannschaften als Verstärkung erhalten.

Selenskyj will Feuerwehrleute nach Los Angeles schicken

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bot den USA Hilfe bei der Bekämpfung der schweren Brände in Los Angeles an. 150 Feuerwehrleute stünden bereit, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. An der Umsetzung des Hilfsangebots werde gearbeitet.

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